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Die Katakomben von Acron

Die Katakomben von Acron

Titel: Die Katakomben von Acron
Autoren: Hubert Haensel
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fallenden Umhang ab und zog ihn sich über. Auch die Kapuze setzte er auf.
    Das Wams, das sie trug, riß er in schmale Streifen, mit denen er sie fesselte. Eine Gelegenheit wie diese bot sich ihm vielleicht so schnell nicht wieder, und weshalb hätte er sich durch eine bloße Unvorsichtigkeit um den Erfolg bringen sollen? In der Verkleidung konnte er unbemerkt an Scida und Lankohr herankommen.
    Es fiel ihm nicht schwer, die Bewegungen der Vermummten nachzuahmen. Von Anfang an schritt er aber schneller aus, um die anderen einzuholen.
    Der Boden wurde feuchter. Kleine Rinnsale netzten die Steine und versickerten zwischen ihnen. Mythor hatte etwa die Mitte der Senke erreicht, als einige der Frauen sich ihm näherten.
    Ob sie gemerkt haben, daß eine von ihnen fehlt? durchzuckte es den Gorganer. Anders wußte er sich dieses Verhalten nicht zu erklären.
    Die Vermummten versammelten sich. Wohl oder übel mußte Mythor zu ihnen treten, wobei er inbrünstig hoffte, daß sie ihre Kapuzen aufbehielten. Aber auch so bestand die Gefahr, daß sie ihn entlarvten; immerhin konnten sie durch die Augenschlitze hindurch erkennen, daß seine Iris normal war.
    Zumindest mußten die Frauen gespürt haben, daß mit einer der Ihren etwas nicht stimmte.
    Jemand tastete nach Mythor, legte die Hand auf seinen Nacken.
*
    Die Erinnerung schälte sich aus dem diffusen Nebel vergangener Zeiten. Sie war schmerzhaft.
    Obwohl sie nun nicht mehr allein war, tat es weh, an Kunak zu denken. Wieder sah sie ihn vor sich liegen, seine im Tod weit aufgerissenen Augen. Dämonenspuk war schuld daran.
    Die Amazone schaute auf die Frau an ihrer Seite. Immer hatte sie sich danach gesehnt, eine Tochter zu besitzen und dieser ihr Wissen und ihre Fertigkeit im Umgang mit der Waffe mitzugeben. Denn die Tochter einer Scida sollte Großes vollbringen.
    Nur deshalb hatte sie sich des Barbaren Kunak angenommen. Sogar mit einem Sohn wäre sie zufrieden gewesen. Und aus demselben Grund hatte sie jenen Honga die Kampfweise der Amazonen gelehrt.
    Wo mochte der Tau nun sein? Seine Spuren verloren sich auf der Insel Gavanque.
    Aber das war nicht mehr wichtig, nachdem sie ihre Tochter gefunden hatte.
    Es war wie Zauberei – mehr noch wie ein kleines Wunder. Mit jedem Tag, der sich seinem Ende zuneigte, fühlte Scida neue Kräfte. Ohne zu ermüden, konnte sie wieder das Schwert schwingen. Ihre Hiebe wurden so schnell, daß man der Klinge nicht mehr zu folgen vermochte.
    Als würde sie jünger.
    War es die Gegenwart Fonjas, die ihr solches Glück bescherte?
    Eines Tages erkannte sie die schreckliche Wahrheit.
*
    Die Hand glitt über seine Schulter und ließ dann von ihm ab. Die Vermummten nickten zögernd.
    Mythor atmete erleichtert auf. Weiter ging es nach Osten. Länger werdende Schatten schoben sich vor ihnen her. Die Sonne näherte sich dem letzten Viertel ihres Laufes. Einige Wolken, die über der See aufzogen, erglühten in feurigem Rot.
    An die Senke schloß sich ein schmaler Steppengürtel an und schließlich der Wald, den Mythor schon aus der Ferne gesehen hatte. Zwischen den Bäumen herrschte ein fahles Halbdunkel. Weit ausladende, dicht belaubte Wipfel ließen kaum einen Sonnenstrahl bis zum Boden vordringen. Vielfältige Tierstimmen erfüllten die Luft.
    Die Vermummten bahnten sich einen Weg zwischen Farnen und Unterholz hindurch. Unberührt schien die Natur in diesem Teil der Insel.
    Geschickt verstand der Gorganer es, sich näher an Scida heranzuschieben, ohne daß dies auffiel. Keine der Frauen beachtete ihn.
    Endlich bot sich eine Gelegenheit, die Amazone zurückzuhalten. Mythor war unmittelbar hinter ihr. Vorsichtig streckte er eine Hand aus und faßte Scida am Arm. Sie aber schüttelte sich nur und ging unbeirrt weiter.
    Auch sie erweckte ganz den Eindruck, alles um sich herum vergessen zu haben.
    Ein rascher Blick zeigte ihm, daß alle Frauen und sogar Lankohr vor ihnen waren. Mit zwei Schritten vertrat er der Amazone den Weg.
    »Ich bin es«, zischte er leise. »Honga.«
    Ihre Reaktion fiel gänzlich anders aus, als er es erwartet hatte.
    Ein gellender Schrei hallte durch den Wald.
    Scida hatte ihn ausgestoßen. Und sie riß ihre Schwerter aus den Scheiden und wandte sich Mythor zu, ohne jedoch ihre Augen zu öffnen.
*
    Sie alterte nicht mehr.
    Der Schreck, den diese Erkenntnis ihr versetzte, raubte ihr den Atem.
    Sie, Scida, wurde sogar jünger. Ebenso Fronja, die Tochter des Kometen, von der Wohl und Wehe Vangas abhingen.
    Und das nicht langsam, sondern
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