Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Katakomben von Acron

Die Katakomben von Acron

Titel: Die Katakomben von Acron
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
in einem Ausmaß, das sie schaudern ließ. Mit jedem Sonnenaufgang vollzog sich das Unbegreifliche schneller.
    Scida fühlte sich frisch wie nie. Hatte sie ihr Alter eben in Wintern gezählt, rechnete sie jetzt bereits in Sommern.
    Vierzig noch?
    Und wie alt mochte Fronja mittlerweile sein?
    Eine entsetzliche Angst schlich sich in Scidas Gedanken ein. Welch grausame Macht hatte diesen Zauber ausgelöst?
    Die Amazone schrie auf, wie sie nie in ihrem Leben geschrien hatte.
    Niemals durfte das eintreten, was sie befürchtete. Dann verlor nicht nur ihr Dasein jeglichen Sinn, dann würde die Welt in Finsternis sinken.
    Aber solange ihre Arme die Schwerter zu führen vermochten, wollte sie dagegen ankämpfen.
    » Kommt her und stellt euch! « Scidas Augen suchten die Dämonen, die flink waren und es ausgezeichnet verstanden, sich unsichtbar zu machen. Blindlings schlug sie zu – unermüdlich, mit stetig wachsendem Zorn. Viele ihrer Hiebe trafen, aber die Zahl ihrer Gegner wurde nicht wenige. Im Gegenteil. Immer härter bedrängten sie die Amazone.
    Plötzlich vernahm sie ein Schluchzen. Es kam von dort, wo Fronja stand.
    Die Tochter des Kometen hatte sich weiter verändert, war zum jungen Mädchen geworden, dessen Schönheit strahlender war als jemals zuvor. Schlagartig begriff Scida.
    Sie konnte den Lauf der Zeit nicht aufhalten. Niemand besaß die Macht dazu, wenn selbst Fonja versagte.
    Das Grauen schüttelte die Amazone.
    Sie mußte erkennen, daß sie über die Geburtsstunde der Kometentochter hinaus jünger werden würde.
    Dann war die Welt ohne Fronja. – Ließ es sich in einer solchen Welt überhaupt leben?
*
    Mythor sprang zur Seite. Er tat es rein instinktiv mit einer eckig wirkenden Bewegung. Unmittelbar neben ihm schmetterten die beiden Schwerter der Amazone gegen einen der Bäume und bohrten sich tief in dessen Rinde.
    Im nächsten Moment verharrte Scida, die Arme angewinkelt. Nicht ein Muskel zuckte in ihrem Gesicht. Aber schließlich entrang sich ein langanhaltendes Stöhnen ihrer Kehle.
    Gleich darauf schrie sie wieder auf, warf sich herum und wirbelte ihre Schwerter hoch. Völlig sinnlos drosch sie auf alles in ihrer Nähe ein.
    Mythor suchte hinter einem mächtigen Stamm Deckung. Er atmete auf, weil der überraschende Angriff nicht ausschließlich ihm galt.
    Die Amazone kreischte und gebärdete sich wie toll. Dennoch erwachte sie nicht aus ihrem Dämmerzustand.
    Nach anfänglichem Zögern setzten die Vermummten ihren Weg fort. Sie beachteten Scida nicht länger und schienen ihrem Anfall keine Bedeutung beizumessen.
    Während der Gorganer noch im Zweifel war, ob er sich den Frauen anschließen oder lieber bei der Amazone bleiben sollte, brach diese röchelnd zusammen.
    Niemand war mehr in der Nähe, der ihn beobachten konnte. Mythor eilte hin zu Scida und bückte sich über sie. Die Kriegerin atmete kaum noch. In seltsam verrenkter Haltung lag sie zwischen einigen Baumwurzeln. Ihr Körper war steif.
    Mit der flachen Hand schlug er Scida ins Gesicht, ohne jedoch etwas damit zu erreichen. Aber nur wenige Herzschläge später erhob sie sich und folgte den Vermummten, als ob nichts geschehen wäre.
*
    Der Wald wurde lichter, wich übergangslos einem leicht hügeligen Gelände. Verschwommene Schatten zeichneten sich ab. Als Mythor zurückblickte, sah er die Sonne hinter dunklen Wolkenfetzten verschwinden.
    Die Luft war von einer seltsamen Ruhe erfüllt. Selbst das allgegenwärtige Summen der Insekten schien verstummt.
    Der leichte Wind hatte sich gelegt. Es wurde schwül, wie vor einem nahenden Gewitter. Doch der Himmel war von Osten her bis weit über den Zenit hinaus klar. Selbst in der kommenden Nacht würde es kein Unwetter geben.
    Mythor begann zu schwitzen. Er kannte dieses Gefühl der Ruhe vor dem Sturm.
    Und dann sah er sie.
    Hinter einem Hügel standen sie und starrten ihnen entgegen.
    Mythor tastete nach dem Knauf des Gläsernen Schwertes. Es war zu spät zum Umkehren. Er konnte nur die Flucht nach vorne antreten.

3.
    Wie Ameisen krochen sie über das Land, segelten in winzigen Hüllen durch die Lüfte oder schwammen in zerbrechlich wirkenden Schiffen auf den Meeren. Es war schön, ihnen zuzusehen.
    Wenn er sich bückte und mit nur einem einzigen Finger auf das Erdreich klopfte, stürzten gleich Dutzende ihrer Häuser in sich zusammen. Aufgeregt rannten sie dann durcheinander und entwickelten eine Hast, die befremdlich schien.
    Wenn er atmete, fegten Stürme über die winzige Welt; ein unbedachtes
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher