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Die Katakomben von Acron

Die Katakomben von Acron

Titel: Die Katakomben von Acron
Autoren: Hubert Haensel
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ungläubigem Erstaunen riß der Mandaler endlich die Augen auf. Doch sofort glitt sein Blick ab, schweifte in endlose Ferne.
    »Du wirst mich anschauen«, keuchte Mythor und vertrat ihm den Weg. »Begreife, daß ich dir helfen will.«
    Gerrek entblößte seine Fangzähne.
    »Helfen?« kam es kaum verständlich über seine hornigen Lippen.
    »Ja«, nickte Mythor.
    Der Mandaler neigte den Schädel, als lausche er dem Klang der Stimme.
    »Du warst es«, ächzte er dann. »Und du mußt dafür büßen.« Seine Arme zuckten von unten herauf und stießen den Gorganer zur Seite. Der Schlag kam für Mythor zu überraschend, als daß er ihn hätte abwehren können.
    »Verbirg dich nicht vor mir«, murmelte Gerrek monoton und setzte seinen Weg fort. »Ich werde dich finden, selbst wenn ich in ganz Vanga suchen muß… Du bist schuld, du allein… Warum hast du sie vergessen? Nun muß ich laufen, immer nur laufen. Meine Füße schmerzen, aber ich gebe nicht auf… Wasser? Nein, es kann mich nicht mehr schrecken…«
    »Gerrek!« versuchte Mythor es noch einmal. Genauso erfolglos wie zuvor. Der Mandaler schien im Traum zu reden.
    »Ja, jetzt – ich habe dich. Du sollst wissen, wie es ist… Die Welt? Was kümmert mich die Welt? Alle haben mich verachtete, mit den Fingern auf mich gezeigt. Sie sind es nicht wert…«

2.
    Von den Wellen des Schicksals unbarmherzig immer weiter getrieben, war er sein Leben lang auf der Suche gewesen. Ungezählte Male hatte er hoffen dürfen, aber genauso oft mußte er spüren, wie bitter die Enttäuschung sein kann, wenn sie einem alles nimmt, wofür zu leben es sich lohnt.
    Mühsal und Verbitterung hatte er seine ständige Begleiter genannt, Freude und Verzweiflung wechselten einander ab wie Tag und Nacht, Sommer und Winter.
    In all dieser Zeit waren seine Haare grau geworden, die Muskeln schlaff. Er hatte Freunde gekannt, aber im Grunde seines Herzens war er stets der Einsame geblieben, zu dem die Hexe ihn gemacht.
    Jetzt, am Abend seines Lebens, ließ die Kälte dieser Welt ihn frösteln. Nur die Götter wußten, wie viele Monde ihm noch vergönnt waren.
    Die bizarren Kristallwälder des Hexensterns lagen vor ihm. Nie hatte er glauben wollen, daß es dieses Land im Mittelpunkt der Welt wirklich gab. Nun sah er es mit eigenen Augen und war fasziniert.
    Das Licht von tausend Sonnen umfing ihn und blendete doch nicht. Ihr Schein glich einem Meer aus Farben, gegen das jeder Regenbogen verblaßte.
    Golden stiegen Wolken über den Horizont herauf; ihre Ränder zerfaserten in feinen Schleiern, die sich leuchtend auf das Land senkten.
    Und da war eine Stimme, die ihn willkommen hieß. Ihr Klang war reiner als das Murmeln einer kristallklaren Quelle.
    Gleichmäßig schritt er aus – einem noch fernen Ziel entgegen. Er wußte, daß niemand auf ihn wartete. Schatten huschten vor ihm zur Seite. Sie kümmerten ihn nicht.
    Eine Brücke aus Licht ragte zwischen den Kristallen auf. Sie schien in die Unendlichkeit zu führen. Pflanzen von unbeschreiblicher Schönheit wuchsen hier. Elfenkinder labten sich an dem Nektar ihrer Blüten. Ein Hauch des Vergessens lockte den einsamen Wanderer, zu verweilen.
    Fast wäre er dem verfallen. Aber dann spürte er es heiß auf seinen Lippen, und der Schmerz brachte ihn zur Besinnung.
    Die Qual der Erinnerung ließ ihn aufschreien. Alle Welt sollte seinen Kummer erfahren.
    In wildem Reigen begann sich alles um ihn herum zu drehen. Gerrek taumelte. Abermals spie er Feuer. Der Rauch reizte ihn zum Niesen.
    » Halte ein! «
    Das Rauschen des Windes sprach zu ihm.
    Nein, bemerkte der Mandaler. Es war nicht der Wind. Diese Worte formte ein Mund, wie er ihn nie zuvor gesehen.
    » Wer bist du? «
    Ein helles, klingendes Lachen antwortete ihm.
    » Weißt du es wirklich nicht? Dann komm, denn ich werde dich lehren… «
    Von jähem Verlangen erfüllt, stolperte Gerrek vorwärts. Ein Bach kreuzte seinen Weg. Ohne zu zaudern, watete er hindurch. Aber es war nur Blütenstaub, der ins Tal floß.
    Der Mandaler verhielt seine Schritte und genoß den sich bietenden Blick.
    Ihm war, als habe er dies alles schon einmal geschaut – irgendwann, als sein Leben erst begonnen…
    » Das ist mein Reich. Hier vereinen sich die Winde. «
    Gerrek sah das Abbild einer schönen Frau vor sich.
    » Fronja! « platzte er heraus. » Du mußt die Tochter des Kometen sein. «
    Sie lächelte. Und irgendwie glaubte er, auch dieses Lächeln zu kennen.
    Unangenehmes war damit verbunden.
    Als Fronja ihn
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