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Die Katakomben von Acron

Die Katakomben von Acron

Titel: Die Katakomben von Acron
Autoren: Hubert Haensel
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seltsame Zeichen, das auf den Vorderseiten ihrer Kapuzen prangte.
    Es handelte sich um einen Kreis, der durch eine einfache Schlangenlinie in eine weiße und eine schwarze Hälfte unterteilt wurde. Im dicken Ende der dunklen, linken Hälfte gab es einen weißen, in der hellen einen schwarzen Punkt.
    Der Blick des Gorganers saugte sich daran fest. Irgendwie schienen seine Gedanken auf schnellen Flügeln davonzueilen, einem unbekannten Ziel entgegen.
    Zauberei!
    Unvermittelt dachte Mythor an Fronja, und das brachte ihn in die Wirklichkeit zurück.
    Was immer dieses Zeichen darstellte, trug es gleichzeitig Gut und Böse in sich, indem es Licht und Schatten symbolisierte?
    Die Vermummten lüfteten eine nach der anderen ihre Kapuzen. Frauen mochten es sein, denn eine lange, wallende Haarpracht fiel ihnen bis über die Schultern.
    Mythor sah Augen, die groß waren und weiß, und schauderte. Sie wirkten starrer noch als die Augen von Toten, denn ihnen schien die Regenbogenhaut zu fehlen. Aber um das genauer festzustellen, hätte er näher herangehen müssen.
    Bevor er sich dazu entschließen konnte, geschah das Unglaubliche.
    Gerrek erwachte aus der Totenstarre. Aus seinen Nüstern kräuselten sich winzige Rauchwölkchen, während das Drachenmaul sich zu einem leisen Fauchen öffnete. Nie hatte Mythor dieses Geräusch lieber gehört als in dem Augenblick.
    Unkontrolliert begann Gerreks Schwanz über den Boden zu peitschen, wirbelte Gras und Blumen auf. Zögernd machte der Mandaler einen ersten Schritt. Noch schien er nicht wieder völlig Herr über seinen Körper zu sein, denn die Bewegungen wirkten eckig und ungelenk.
    Auch Scida und Lankohr kehrten zurück ins Reich der Lebenden. Die alte Amazone griff sofort zum Schwert, verharrte dann aber abrupt.
    Mythor hielt es nicht länger in seinem Versteck. Vorsichtig näherte er sich den Vermummten.
    Kein Wort fiel. Die Frauen verständigten sich auch nicht durch Zeichen miteinander. Dennoch war ihr Handeln genau aufeinander abgestimmt.
    Gemeinsam wandten seine Freunde sich in östliche Richtung. Obwohl ihre Augen geschlossen blieben, wichen sie jedem Hindernis aus. Wie Traumwandler bewegten sie sich zwischen den Vermummten. Nur Gerrek ließ hin und wieder ein leises Stöhnen vernehmen.
    Mythor folgte der seltsamen Prozession.
    Allmählich wurde das Gelände ebener. Der Sohn des Kometen hielt Ausschau nach dem Luftschiff und stellte erleichtert fest, daß es inzwischen am südlichen Himmel kreuzte. Zumindest vorerst drohte von dort keine Gefahr.
    Jetzt, da keine Felsen mehr den Weg einengten, trennten die Frauen sich. Längst hatten sie die Kapuzen wieder vor ihre Gesichter gezogen.
    Mythor mußte sich entscheiden, wem er folgen sollte. Er blieb Gerrek auf den Fersen.
    Wie die anderen, stapfte der Mandaler unverdrossen durch das kniehohe Gras. Starr war sein Blick geradeaus gerichtet.
    Einige der Vermummten gerieten außer Sichtweite. Trotzdem war Mythor überzeugt davon, daß alle nur ein Ziel kannten. Auch seine Freunde. Das bedeutete, daß Gerrek, Scida und Lankohr wußten, wohin sie zu gehen hatten. Doch woher bezogen sie diese Kenntnis?
    In weiten Windungen schlängelte sich ein Wasserlauf durch die Steppe. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, um Mythor klar vor Augen zu führen, daß seine Begleiter nicht mehr ihres eigenen Willens mächtig waren, so würde er ihn hier, in diesem Augenblick, gefunden haben.
    Gerrek, der eine geradezu krankhafte Abneigung vor Wasser empfand, schritt unbekümmert hindurch. Kein Zögern, kein wütender Aufschrei, als das Naß ihm bis an die Hüfte reichte.
    Rein zufällig blickte er wenig später zum Firmament empor.
    Er erschrak, als er die beiden Ballons bemerkte, die in lautlosem Flug gegen den Wind kreuzten. Noch konnten die Amazonen ihn nicht gesehen haben, aber sie kamen schnell näher.
    Mythor wußte, daß er, allein auf sich gestellt, diesmal kaum eine Chance hatte. Die Landschaft war offen, und erst in der Ferne zeigte sich dichter Baumbewuchs.
    Ihm blieb nur, auf sein Glück zu vertrauen.
    Wo er gerade stand, ließ er sich fallen. Gleichzeitig zog er Alton und führte das Gläserne Schwert mit weit ausholender Bewegung. Singend fuhr. die Klinge durch das Gras, mähte die Halme ab.
    In fliegender Hast raffte Mythor das Grün zusammen und warf es über sich, während er sich eng an den Boden preßte.
    Kaum höher als zwanzig Schritte, glitten die Luftschiffe dahin. Dies war der Augenblick, in dem die Amazonen ihn entdecken
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