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Die kalte Koenigin

Die kalte Koenigin

Titel: Die kalte Koenigin
Autoren: Douglas Clegg
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Seeufer fand.
    Ich wusste, warum Nezahual sie nicht aufgeben konnte, trotz der Folgen, die sich aus ihrer Anwesenheit hier ergeben hatten, und der schrecklichen Dinge, die sie tat.
    Etwas in Pythia selbst rief nach mir. Sie schien bemitleidenswert und doch stark zu sein. Sie war unbesiegbar und dennoch verletzlich. Sie war zwar wild, aber doch auf eine gewisse Weise ein Opfer der Götter persönlich, falls überhaupt Götter existierten, die über uns wachten. Ich wünschte mir, sie zu beschützen. Es war das gleiche Gefühl, das ich schon verspürt hatte, als ich sie zum ersten Mal sah. Und das, obwohl ich um das wusste, was sie mir und anderen angetan hatte – dass sie ihren Vater und ihr Volk in Alkemara verraten hatte, dass sie
mich ermordet und wieder zum Leben erweckt hatte, dass sie denen in Hedammu, die sie erschaffen hatte, die Geheimnisse der Vampyre verschwiegen hatte, wodurch sie zugelassen hatte, dass diese in einem Zeitraum von nur wenigen Jahren ausgelöscht worden waren. Selbst mit meinem Wissen um all dies verspürte etwas in mir eine Bindung zu ihr. Vielleicht sind wir immer an diejenigen gebunden, die uns aus dem Tod ins Leben zurückholen. Vielleicht zog mich ihr Atem in mir wieder an. Ich verstand das Geheimnis dieser Umstände nicht, aber als ich sie dort in den Armen hielt, inmitten der Schlangen, da wollte ich erneut ihren Atem in meinem Munde fühlen und meine Lippen auf die ihren pressen, auch wenn ich das verachtete, was aus ihr geworden war.
    Ich entfernte alle Fesseln von ihren Handgelenken, wie ich es auch schon einmal zuvor, in Hedammu, getan hatte.
     
    Sie blickte zu mir auf, wobei sich die Goldmaske verschob und über ihre Gesichtszüge bewegte, als wäre sie flüssig. »Ich habe mich seit meinem sterblichen Leben vor dir gefürchtet, Maz-Sherah. In Visionen habe ich das Ende aller Zeiten gesehen, und zwar durch deine Hand.«
    »Ich habe ebenfalls Visionen erlebt«, antwortete ich. »Von deinem Vater, der mir zuruft, ich solle die uralten Zeremonien der Priester des Blutes durchführen.«
    »Er lebt nun in dir«, sagte sie. »So wie Datbathani mein Gesicht mit ihrer Maske bedeckt, so fühle ich ihn hier, in deinem Fleisch. Ich habe Angst vor ihm. Ich habe Angst vor allem, was geschehen wird, Maz-Sherah.«
    Wir sprachen von den Dingen, die für uns beide verwirrend waren – von unseren Visionen, von Merod, von Artephius. Zu
diesem Thema hatte sie allerdings nicht viel zu sagen. »Ich war seine Gefangene, so wie ich nun die von Nezahual bin. Artephius täuschte mich mit seiner Zauberei. Ich glaubte, er würde die Prophezeiungen aufhalten, doch er hat sie mit seinen Maschinen und seiner Magie sogar angetrieben. Verstehst du, wer er wirklich ist?«
    »Ich habe nur einen in Stoff gehüllten Schädel unter seinem Visier gesehen«, antwortete ich. »Er ist ein wandelnder Toter – ein Ghul oder Geist.«
    »Er besitzt das große Zauberbuch, in das Fleisch der Medhya gebunden.«
    »Ich habe dieses Buch gesehen«, entgegnete ich. »In seinem Studierzimmer.«
    »Darin sind die Worte des Blutes zu lesen, die Zauber der Unsterblichkeit«, erklärte sie. »Er benutzte mich, um das Reich meines Vaters zu zerstören. Er hielt mich Jahrhunderte gefangen, fiel über meine Haut her und stahl mein Blut, weil er die Essenz des Lebens finden wollte, um Medhya durch den Schleier in diese Welt zu holen. Weißt du immer noch nicht, wer er für dich ist? Weißt du nicht, warum du existierst, Maz-Sherah? Du bist nicht hier, um unsere Stämme zu retten. Du bist hier, um die Kriege zwischen Vampyren und Sterblichen herbeizuführen. Wenn diese vorbei sind, wird Medhya wieder leibhaftig auferstehen. Wenn du diese Zeremonien ausgeführt hast, von denen du nichts weißt – überhaupt nichts -, so wirst du ihr zu ihrer Auferstehung verhelfen. Du wirst dem Alchimisten, den du fürchtest und hasst, jene Kräfte verleihen, die ihm bisher verwehrt blieben.«
    »Ich glaube dir nicht«, erwiderte ich. »Dein Vater spricht in meinen Gedanken. Er wünscht sich diese Zeremonien.«

    »Mein Vater ist schwach«, meinte sie. »Artephius sind die Priester aus alter Zeit gleichgültig. Er versuchte sie einmal zu vernichten, und er wird es wieder versuchen. Er trachtet nach Medhya. Er trachtet nach Macht über alle. Er trachtet danach, der einzige Gott dieser Erde zu werden, und Medhya soll seine Göttin sein. Das Zerreißen des Schleiers, das du verursachtest, hat dies veranlasst. Du bist sein Werkzeug.«
    »Nein«, sagte ich.
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