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Die kalte Koenigin

Die kalte Koenigin

Titel: Die kalte Koenigin
Autoren: Douglas Clegg
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Sonne aufgeht. Doch behalte im Kopf, dass du ihr nicht trauen kannst, Aleric. Denk an diejenigen, die sie verraten hat. Denk an das Böse, das sie sogar über ihr eigenes Volk gebracht hat. Nichts würde meinen Wachen besser gefallen, als ihr alle Glieder einzeln auszureißen. Ihre Gegenwart hat Dunkelheit heraufbeschworen.«
    »Und doch behältst du sie hier. Du gestattest es ihr umherzustreifen.«
    »Du verstehst dies nicht, mein Freund. Du verstehst es nicht«, erwiderte er.
     
    Wir gingen durch die Korridore, an mehreren Räumen vorbei, deren Türen geschlossen und verriegelt waren. Schließlich führte er mich eine kurze Treppe hinunter. Hier standen vier Wachtposten, die in der Hocke saßen, mit dem Schwert in der Hand, als wären sie bereit, jeden zu erschlagen, der sich näherte. Sie nickten ihrem König zu und ließen uns zur verschlossenen Tür durch.
    »Du lässt sie bewachen, als sei sie deine Gefangene«, meinte ich, »nicht deine Geliebte.«
    »Sie hat uns an diesem Abend eine Schlacht beschert«, entgegnete er. »Ich muss meinen Kriegern zeigen, dass auf Ungehorsam Strafe folgt. Selbst bei denjenigen, die ich liebe.«
    Daraufhin schloss er die Tür auf und drückte sie gegen den Widerstand mehrerer Schlangen, die sie in der Kammer blockiert hatten, auf. »Wir mussten sie hier einschließen«, sagte Nezahual zu mir, als ich ihm den Rücken zuwandte, um die
Kammer zu betreten. »Erschrick nicht über das, was wir getan haben. Den Wachen gefällt die Maske nicht. Ihnen gefällt Pythias ganze Anwesenheit nicht. Wenn wir sie nicht wie eine Feindin behandelten, würden einige hier sie vernichten. Sie wurde verdeckt, damit niemand sie ansehen kann.« Er reichte mir einen Schlüssel. »Es gefällt mir nicht, sie mir so eingesperrt vorzustellen, doch meine Priester haben Angst vor ihr, denn sie respektiert sie nicht.«
    Nezahual betrat die Kammer nicht mit mir. Er wandte sich ab und schloss die Tür hinter sich.
    Ich war mit ihr eingesperrt. Mein Gefühl war nun das gleiche wie damals, als ich in einem Land fern von hier jenen Turm von Hedammu betreten und eine Maid erblickt hatte, die dafür gesorgt hatte, dass ich nun zum Reich der Unsterblichen gehörte.

16
    Der Raum war lang und schmal, seine Steine waren an den Wänden entlang mit eingelassenen Bildern von Schlangen, Vögeln und Jaguaren verziert, die in einem Tanz erstarrt schienen. Der Bereich für ein Bett war auf der rechten Seite eingerichtet – eine Steinplatte, auf die Hirschleder und Stoff gelegt worden waren. Auf dem Boden wimmelte es von Schlangen. Einige von ihnen trugen rhombische Formen auf dem Rücken und Todesrasseln an der Schwanzspitze, andere waren dünn und schillerten rot und grün, mit langen Leibern, die sich bei ihren Bewegungen langsam wanden und schlängelten. Und es gab noch andere, dicke und schwere Schlangen, die keiner
ähnelten, die ich je zuvor gesehen hatte – Pythons, die sich kaum über den Boden zu bewegen schienen. Drei goldene Schalen, mit Öl gefüllt, standen auf Sockeln, die im Raum verteilt waren. Über jeder von ihnen befanden sich kleine Löcher in dem Stein, durch die der Rauch abziehen und Luft in die Kammer dringen konnte. Sie verströmten einen süßen Geruch. Ich nahm an, dass dem Öl ein aromatisches Kraut beigemischt worden war. Der Duft erinnerte mich an süße Minze.
    Und dort lag sie, auf dem Boden und inmitten der Schlangen, als ob sie mitten unter ihnen schliefe. Sie war in die Gewänder der Göttin des örtlichen Volkes gekleidet – wie eine Schlange mit rubinroten und smaragdgrünen Federn, eine Königin aus irgendeiner uralten Legende. Ihre Flügel ragten aus dem Kleid und dem Umhang heraus, mit denen ihr Körper verhüllt war, als wären sie gebrochen.
    Nezahuals Priester hatte ihr eine Zinnmaske aufgesetzt, die so zurechtgehämmert worden war, dass sie die Form von Zwillingsgöttem besaß. Einer von ihnen sah wie ein Jaguar aus, der andere wirkte wie ein Drache, dem lange Federn aus den Flügeln und dem Schwanz wuchsen und der ein Federbüschel auf dem Kopf trug – wie ein Turmfalke. Ich begab mich zu ihr, indem ich durch die Vipern auf dem Boden hindurchschritt, die sich bei meinen Schritten auseinander schlängelten. Neben ihr ging ich in die Hocke.
    Langsam zog ich ihr die Maske vom Gesicht.
    Darunter befand sich die Maske der Datbathani, die wie ihre echte Haut wirkte, überhaupt nicht wie eine Maske. Die Priester aus dem Königreich des Nezahual hatten ihr zwei flache, runde
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