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Die kalte Koenigin

Die kalte Koenigin

Titel: Die kalte Koenigin
Autoren: Douglas Clegg
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ist ein Glaube, der keine Substanz besitzt«, meinte sie. »Du hast dort unten ihre Braut Ixtar gesehen? Du hast gesehen, woher unser Volk stammt. Wir werden
nicht aus dem Himmelstaub geboren. Wir stammen von Kreaturen aus der Hölle, Maz-Sherah. Und du bist der Schlüssel zu dem Eingang. Sobald er umgedreht wurde, sobald deine Zeremonien ausgeführt wurden, erscheinen die Dämonen. Dämonen, die schlimmer sind als du oder ich. Sogar schlimmer als Nezahual persönlich. Dieser Eingang sollte verschlossen sein, so wie auch meine Kammer verschlossen ist. Du hättest niemals geboren werden sollen, Maz-Sherah. Ich hätte dich niemals auferstehen lassen sollen. Wenn ich dich jetzt vernichten könnte, so würde ich es tun. Wenn ich dir all deine Glieder einzeln ausreißen könnte, um diese Entwicklung aufzuhalten, so würde ich es sogleich tun.« Tränen strömten ihr aus den Augen. »Doch es würde nichts nützen. Nur du kannst sie aufhalten. Nur du kannst das beenden, was begann, als die Priester der Medhya ihren Geist banden, ihr Fleisch und Blut entrissen und sie in ihr Exil hinter den Schleier schickten. Alle Priester sollten vernichtet werden. Alle heiligen Gegenstände sollten ins Meer geworfen und niemals wiedergefunden werden. Sogar diese Maske...« Sie berührte den Rand ihres goldenen Gesichts. »Sogar diese Maske täuschte mich. Ich dachte, ich besäße die Macht, um diese Dinge zu beenden, wenn ich sie nur trüge. Doch sie bringt dem, der sie trägt, gar keine Macht. Sie raubt mir sogar Macht. Sie ist ein goldener Blutegel, der mir im Laufe der Jahre meine Unsterblichkeit aussaugt.«
     
    Eine der Flammen aus den goldenen Schalen loderte kurz auf und ließ in dem verdunkelten Raum helle Lichteffekte entstehen. Die Morgendämmerung nahte auf der anderen Seite der Mauern. Wir lagen beieinander, ich spürte eine schreckliche
Leere in meinem tiefsten Inneren. Pythia fuhr mir mit ihren Fingern durch das Haar und flüsterte mir Worte zu, die mich nach solchen Enthüllungen trösten sollten.
    Nach mehreren Sekunden sagte sie: »Ich hasse dich, Maz-Sherah. Ich hasse das, was ich in dir sah, als ich dich zu einem Vampyr machte.«
    »Du hast die Zeremonien der Maske und des Stabes gesehen. Du hast auch die Visionen von Alkemara und deinem Vater gesehen.«
    »Ich sah sogar noch mehr als das«, erwiderte sie. »Ich sah meinen sterblichen Tod durch deine Hand.«
    Ich konnte nicht anders – ich beugte mich zu ihr und küsste ihren Hals. Dort roch ich Sterblichkeit, ich roch das Fleisch der Lebenden. Ich hob sie hoch und trug sie zu der Platte, aus der ihr Bett bestand.
    Nun lag ich neben ihr, neben meiner Feindin.
    Meiner Mörderin.
     
    »Alles ist Schicksal«, wisperte sie, und in ihrer Stimme war eine große Traurigkeit zu vernehmen. »Du bist nicht nur wegen der Maske der Herrin der Schlangen hier«, meinte sie. »Du bist meinetwegen hier. Du bist mein Verderben, Maz-Sherah. Du bist das Ende meiner Existenz.« Sie zog mich an sich, und ich rückte an sie heran, innerlich erstarrt von all dem, was sie gesagt hatte, wenngleich ich nichts davon glauben konnte. Ich konnte nicht glauben, dass sich ihr eigener Vater ebenfalls hatte täuschen lassen. Ich konnte dieser lügnerischen Metze nicht glauben, die so viele Menschen benutzt hatte, so viele Könige und Priester. Nun lag sie in meinen Armen, ihren Zauber nutzend, um mich zu veranlassen, zu den Lippen zurückzukehren,
die ich nicht mehr berührt hatte, seit mein Körper für die Welt gestorben war.
    »Erinnerst du dich an unsere Nächte in Hedammu?«, fragte sie, indem ein trauriges Lächeln ihre Mundwinkel umspielte.
    »Ich erinnere mich.«
    Ich streckte die Hand aus und berührte den Rand der goldenen Maske. Sie schien eins mit ihrer Haut zu sein. Meine Finger folgten den Konturen ihrer Wangen und Nasenlöcher und ihrem sanft geneigten Nasenrücken sowie seinem weiteren Verlauf nach oben bis zu ihrer Stirn. Ich spürte ein Kribbeln in meiner Hand, als wäre die Energie der Gorgo-Maske auf mich übergesprungen.
    »Du spürst es«, flüsterte sie. Ihr Atem fühlte sich auf meinem Gesicht warm an, da wir uns sehr nahe waren, als ich die Konturen ihrer Züge abtastete. »Sie ist dort. Datbathani.«
    Ich wollte mich ihr entziehen, aber es gelang mir nicht. Was ich spürte, war ein eigenartiges Vergnügen, ein köstlicher Schauder, der mich überkam, als ich das goldene Antlitz berührte.
    »Spürst du, wie sie dich begehrt?«
    Ich nickte, nicht imstande, mich von der Maske
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