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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin
Autoren: Joshua Palmatier
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runzelte verwirrt die Stirn. »Die Chorl haben irgendetwas mit dem Fluss angestellt, das Ericks Genesung verhindert. Sie haben ihn mit einer Art Bann belegt.«
    »Könnt Ihr diesen Bann brechen?«, fragten Keven und Isaiah wie aus einem Munde.
    Ich stand auf und fühlte, wie die anderen zurücktraten. Alle außer Keven, der sich neben mich stellte für den Fall, dass ich Unterstützung brauchte. Doch meine Schwäche hatte sich gelegt. Ich stellte die Teetasse ab, trat ans Bett und tauchte in den Fluss.
    Vorsichtig suchte ich die Strömungen rings um Erick von seinem Kopf bis zu den Zehen ab. Ich spürte seine Essenz in den Wirbeln und atmete den schweren, süßen Duft von Orangen, den ich mit Erick in Verbindung brachte, mit Schutz und Geborgenheit.
    Dann schüttelte ich den Kopf.
    »Was immer es ist, ich kann es nicht wahrnehmen.«
    »Und was bedeutet das?«, meldete sich Isaiah zu Wort.
    Ich legte die Stirn in Falten. »Ich weiß es nicht.« Plötzlich fielen mir die Gäste ein, die sich im Kerker des Palasts befanden, insbesondere ein ganz
bestimmter Gast. »Aber ich kenne jemanden, der es wissen könnte.«

    Ehe wir Ericks Gemächer verließen, ließ ich Keven wissen, wohin ich zu gehen beabsichtigte. Er setzte zwar eine missbilligende Miene auf, bedeutete aber wortlos einem der Gardisten meiner Eskorte, zusätzliche Soldaten zu holen, die uns begleiten sollten.
    »Ihr solltet außerdem eine Begabte hinzurufen«, sagte er und suchte kurz meinen Blick. »Nur für alle Fälle.«
    Ich schaute ihn finster an. »Ich komme schon zurecht.«
    Er schüttelte den Kopf. »Als sie das erste Mal erwacht war, wäre sie beinahe entkommen. Bevor wir überhaupt bemerkt hatten, dass sie bei Bewusstsein war, hatte sie schon drei Wachen ausgeschaltet. Wenn Marielle nicht gewesen wäre …«
    »Ich weiß«, unterbrach ich ihn und war dankbar, dass Marielle zur Stelle gewesen war. Ich wollte mich gerade Kevens Ratschlag fügen, als Eryn, die frühere Regentin, zwanzig Schritte entfernt um eine Ecke bog. Sie trug ein schlichtes weißes Kleid, an den Ärmelaufschlägen und am Kragen blau und golden bestickt. Rußflecken verunzierten das Kleid von den Knien abwärts und an den Ärmeln. Vorne zeichnete sich ein schwarzer Handabdruck ab, als hätte Eryn sich an die linke Seite gefasst. Als sie uns herannahen sah, blieb sie stehen und lächelte.
    »Gut«, meinte sie und reihte sich neben mir ein. Sie roch nach Asche und Meersalz. »Nach dir habe ich gesucht. Ich war mit Catrell und seiner Gruppe unten am Kai und habe Neuigkeiten von den Arbeitern, die den Schaden begutachten.« Als Keven und ich nach rechts abbogen und in die tieferen Gefilde des Palasts hinunterstiegen, zögerte sie kurz und runzelte die Stirn. »Wohin gehen wir?«
    »Zu unseren Gefangenen«, erklärte Keven, der sich nun, da Eryn sich uns angeschlossen hatte, ein wenig entspannte.
    »Was ist mit dem Kai?«, fragte ich.
    Bevor Eryn antworten konnte, erlitt sie einen so heftigenHustenanfall, dass sie stehen bleiben und sich mit einer Hand an der Wand abstützen musste. Die andere Hand presste sie sich auf den Leib. Keven und ich wechselten einen Blick, doch ich wusste, dass Eryn uns nur davonwinken würde, sollten wir versuchen, ihr zu helfen. Seit dem Einsturz der innersten Mauer – jener Mauer, die Eryn mit meiner Hilfe und der des Thrones für kurze Zeit gegen die Ochea und deren Dienerinnen gehalten hatte – verspürte die einstige Königin Anfälle sengenden Schmerzes im Leib und erlitt immer wieder heftige Hustenanfälle. Die Heiler konnten nichts feststellen, doch ich wusste es besser: Ich hatte während des Gefechts in Eryns Innerstem gekauert – in dem Feuer, das ich wie bei Erick in sie gepflanzt hatte. Ich hatte gespürt, mit welcher Wucht die Ochea ihre Macht gegen den unsichtbaren Schild schleuderte, den Eryn zum Schutz der Mauer errichtet hatte. Ich hatte den stechenden Schmerz gefühlt und Galle und Blut in der Kehle geschmeckt. Und ich hatte von dem Staub gehustet, als Eryns Schild nachgab und die Mauer zu bröckeln begann.
    Irgendetwas in Eryns Innerem war bei dem Angriff der Ochea zu Schaden gekommen. Etwas, das nicht zu heilen schien.
    Wir ließen ihr einen Augenblick Zeit, sich zu sammeln, als der Hustenanfall geendet hatte. Betretene Stille breitete sich aus. Dann winkte Eryn uns mit ungeduldiger Geste weiter, als widerstrebte es ihr, dass sie den Husten nicht wirksam bekämpfen konnte.
    »Die Baumeister sagen«, begann sie mit rauer Stimme, »dass
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