Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin
Autoren: Joshua Palmatier
Vom Netzwerk:
ich mich der Tür näherte.
    »Eryn hat recht«, sagte Keven und scheuchte den Rest der Gardisten auf den Gang hinaus. »Was sollen wir mit ihr tun?«
    Ich hielt inne und legte die Stirn in Falten, während ich mich umdrehte und beobachtete, wie die Sucher die Tür hinter uns schlossen. Durch die Öffnung erhaschte ich noch einen flüchtigen Blick auf die Chorl-Begabte. Mit herabhängenden Schultern kauerte sie immer noch an der gegenüberliegenden Wand und rieb sich mit der Hand die Kehle. Der Hochmut umhüllte sie wie ein Mantel, aber der Trotz …
    Ich erkannte den Trotz.
    Ich holte Luft, brachte den Schutzbann wieder an der Tür an und sagte: »Bringt sie in die Nähe meiner Gemächer.«
    »Wozu?«, fragte Eryn.
    Ich suchte ihren Blick. »Wir müssen sie unsere Sprache lehren. Ich will wissen, was sie mit Erick gemacht haben. Und ich will wissen, wie man es beenden kann.«

Z WEITES K APITEL
    B eim Hinterteil der Regentin!« Verärgert stieß Eryn den Atem aus und öffnete die Augen. Sofort fand ihr Blick den meinen. Schweiß schimmerte auf ihrer Stirn, an ihren Mundwinkeln zeichnete sich Anspannung ab, und ihre Lippen bildeten einen schmalen Strich. »Es tut mir leid, Varis. Ich finde überhaupt nichts. Ich kann zwar etwas spüren , aber …«
    Ich seufzte, obwohl ich mit dieser Antwort gerechnet hatte. »Zeig es mir.«
    Sie nickte, und wir tauchten beide in den Fluss. Die Welt verblasste zu eintönigem Grau. Die Hintergrundgeräusche wurden leiser und dumpfer und verschmolzen zu einem gedämpften Wind, bis sich nur noch Erick, der auf dem Bett lag, klar abzeichnete. Im Hintergrund fühlte ich Isaiah und seine Helferin – hellgraue Schemen in einer Welt aus Grautönen. Außerdem nahm ich die Gardisten wahr, die vor der offenen Tür standen. Doch ich verdrängte dies alles und richtete meine Aufmerksamkeit allein auf Eryns Präsenz. Der Fluss wirbelte unter ihren Berührungen. Ich rückte näher an sie und Erick heran.
    »Was immer es ist«, sagte Eryn, deren Stimme sich rau und brüchig anhörte, zugleich aber deutlich und scharf, »hier kann ich es am besten spüren.«
    Die Wirbel wiesen auf einen Bereich über Ericks Herz hin. Darunter befand sich eine kleine Stichwunde mit purpurroten Rändern. »Dort ist das Feuer, das ich in Erick eingepflanzt habe«, sagte ich. »Bist du sicher, dass du nicht die Flammen spürst?«
    Eryn schürzte die Lippen. »Ich bin sicher. Ich kann auch das Feuer spüren, obwohl ich es nicht sehe. Es hat einen anderen Geschmack.« Sie hielt inne und blickte nachdenklich drein, ehe sie fortfuhr: »Aber es überrascht mich nicht, dass sich beides im selben Bereich befindet. Das Herz ist eine Quelle immenserKraft. Es wäre sinnvoll, etwas, das so viel Macht besitzt wie das Feuer oder diese … diese Nadeldecke, mit einer Quelle wie dem Herzen zu verbinden.«
    Ich legte die Stirn in Falten, bewegte mich im Fluss auf die Stelle zu, auf die Eryn gedeutet hatte, und versuchte zu spüren, was sie gespürt hatte. »Ich kann nichts fühlen.«
    Eryn beugte sich über Ericks Körper. »Aber du bist im richtigen Bereich. Es ist, als würde ein Spinnwebfaden über deinen Handrücken streichen. Fühlst du es denn nicht?«
    Ich schloss die Augen und ließ mich tief in den Fluss sinken. Die Strömungen umflossen mich sanft und beruhigend, pulsierten im Gleichklang mit Ericks Herzschlag und waren voller Wärme. Darunter spürte ich die hitzelose Flamme des Feuers, das ich in Ericks Inneres gepflanzt hatte. Ich roch die Lavendelseife, mit der die Bettlaken gewaschen worden waren, und nahm darunter den Geruch von Ericks Schweiß und den Duft von Orangen wahr. Für einen Moment ließ ich mich davon umfangen und trösten; dann öffnete ich mich dem Fluss, entspannte mich in seiner Strömung und suchte …
    Ich nahm nur Erick und den Geruch von Eryns wachsender Besorgnis wahr. Keinen Spinnwebfaden, der über meine Haut strich. Kein Kribbeln, keinen Geschmack, gar nichts.
    Mit einem Ruck stieg ich empor. »Ich kann nichts fühlen«, presste ich gereizt hervor.
    Eryn streckte sich über Ericks Körper und berührte mich am Arm. Ich umklammerte mit beiden Händen fest meine Oberarme und merkte erst jetzt, wie angespannt meine Schultern waren.
    »Wir finden einen Weg, den Bann zu brechen, Varis«, sagte Eryn.
    Die Worte sollten mich beruhigen, doch Eryn hatte nicht Ericks Qualen gespürt. Sie hatte nicht gehört, wie er mich angefleht hatte, alles zu beenden. Ich hatte Isaiah eindringlich geraten, Erick nur
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher