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Die Kälte in dir (German Edition)

Die Kälte in dir (German Edition)

Titel: Die Kälte in dir (German Edition)
Autoren: Oliver Kern
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hab nicht mehr dran geglaubt«, kommentierte der Sitzsack seine Anstrengung. »Auch einen Schluck?«
    Etwas schwenkte an Daniels Augen vorbei.
    Seine Sehnerven bekamen keine Schärfe in den Blick, aber so wie es roch, musste es eine Menge Alkohol enthalten.
    »Besser nicht. Verträgt sich nicht mit der Medikation«, sagte der Haufen, der an der Wand kauerte, und stieß ein tiefes Grollen hervor, das wohl ein Lachen sein sollte. Ein zynisches Lachen von jemandem, der nichts mehr zu verlieren hatte.
    Daniel fiel erneut ein, wer da zwei Meter entfernt vor ihm hockte. Er nahm sich vor, es nicht noch einmal zu vergessen. Vor allem musste er wach bleiben.
    Von jenseits der Wände war ein mächtiges Krachen zu hören, das Daniel aufschrecken ließ. Sein Herz pochte heftig gegen die Rippen, auf denen er lag. Platt wie eine Flunder, der Schwerkraft ergeben.
    »Das Unwetter wird ihm nicht schmecken«, erklärte Achterberg. »Es ist bald vorbei, Junge. Jetzt, da die Kälte kommt. Die Frage ist nur, ob er es noch schafft, uns mitzunehmen in sein eisiges Reich.«
    Daniel kramte in seinem Gedächtnis nach den Zusammenhängen. Wovon redete dieser Mensch? Einen weiteren Donnerschlag später kehrte auch diese Erkenntnis zurück und er wünschte sich im selben Moment, es wäre ihm nicht eingefallen.
    »Mittlerweile dürfte ihm die Energie fehlen, ein weiteres Mal so auszurasten wie heute Morgen. Als er zurückkam, dachte ich, das war es jetzt für mich. Der Deserteur wird füsiliert. Stattdessen schleift er dich hier rein. Wer bist du überhaupt?«
    »Daniel. Ich bin Polizist«, flüsterte er, als könnte er damit irgendetwas Wundersames bewirken.
    Er wusste nicht, wieso ihm das herausgerutscht war. Er bereute es augenblicklich, weil Achterberg scheppernd zu lachen begann.
    »Ihr seid echt beschissen ausgebildet im Nahkampf, ihr Bullen, wenn ihr euch von so einem Hemd wie Bruno überrumpeln lasst«, presste der Biochemiker hervor, nachdem er sich etwas beruhigt und das letzte Grinsen mit Schnaps runtergespült hatte. »Seid ihr von selbst dahintergekommen oder habt ihr mein Filmchen erhalten? … Es war das Video«, nahm Achterberg die Antwort vorweg, bevor Daniel reagieren konnte.
    Der unebene Steinboden scheuerte an seinem Brustkorb. Draußen tobte ein gewaltiges Unwetter. Daniel entsann sich der schwarzen Wolken, die sich am Horizont zusammenrotteten, als er in den Wald hochgefahren war. So lange konnte er demnach nicht bewusstlos gewesen sein.
    »Wo hat er dich erwischt? In der Villa?«, redete Achterberg in seine Gedanken hinein. »Er wollte es mir nicht anvertrauen, aber so wie er drauf war, hat er die Adoptionsunterlagen gefunden, nehme ich an. Verdammt, lass dir nicht alles aus der Nase ziehen!«
    Daniel war verwirrt, ohne dahinterzukommen, warum. Seine grauen Zellen arbeiteten unendlich träge. Diese Papierfetzen in Osswalds Büro, die er in seinen Händen gehalten hatte … Daran erinnerte er sich. Das war eine Sekunde gewesen, bevor bei ihm die Lichter ausgegangen waren.
    »Was hat es damit auf sich?« Seine Stimme war dünn, konnte den Donner nicht übertönen, aber Achterberg schien ihn trotzdem verstanden zu haben.
    »Bruno, der arme Teufel. Für den Moment dachte ich, er erschießt mich, als ich ihm steckte, dass er mit Osswald genetisch kompatibel ist. Ausgerechnet dieser abscheuliche Despot wäre ein nahezu perfekter Spender für ihn gewesen. Das zu erfahren, hat ihn mächtig gebeutelt. Aber so was musst du wegstecken, wenn es um dein beschissenes Leben geht. Da drückt man mal ein oder besser beide Augen zu. Da sind wir uns doch einig?«
    Er verfällt wieder in diesen Erzählfluss wie in seinem beschissenen Beichtfilm
, dachte Daniel.
Und um meine Aufnahmefähigkeit ist es diesmal weitaus schlechter bestellt. Wie soll ich in dem Zustand kapieren, was er mir verklickern will?
    Ungeachtet seiner Konzentrationsschwäche redete Achterberg weiter. »Das Fett des Alten, das er anschleppte, war zu lange ungekühlt gewesen. Eingewickelt in dessen Oberhemd, als hätte er mit dem Auto eine Katze überfahren und die zum nächsten Tierarzt geschleift. Da war nicht mehr viel zu machen, der Zellverfall zu weit fortgeschritten. Das war Brunos einziger Fehler, der ihm während seines irrwitzigen Feldzugs unterlaufen ist. Zu diesem Zeitpunkt war er noch nicht durchgedreht genug, musst du wissen, hat noch zu viel darüber nachgedacht, was er so treibt.« Er hielt inne, trank einen Schluck und rülpste. »Wenn ich es mir recht
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