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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers
Autoren: Dean R. Koontz
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werden, wenn man ihn mit der erdrückenden Hitze im Auto verglich. Jim kurbelte das Seitenfenster herunter.
    Zuerst kannte er sein Ziel nicht, doch nach einigen Minuten gewann er den vagen Eindruck, daß er nach Hause zurückkehren sollte. Aus diesem diffusen Empfinden wurde eine Ahnung, und die Ahnung verwandelte sich in eine Überzeugung, die kurze Zeit später zu einem Zwang metamorphierte. Er mußte nach Hause.
    Jim fuhr zu schnell, wechselte immer wieder die Fahrspuren und ließ sich zu riskanten Überholmanövern hinreißen, was ganz und gar nicht seiner Art entsprach. Wenn ihn ein Verkehrspolizist angehalten hätte, wäre er kaum in der Lage gewesen, den seltsamen Drang zu erklären, der ihn antrieb. Er blieb ihm selbst ein Rätsel.
    Eine fremde Kraft schien ihn zu lenken, so wie er den Wagen.
    Erneut beschloß er, sich treiben zu lassen. Eine leichte Wahl: Es blieb ihm gar nichts anderes übrig. Er trachtete auch danach, sich von der Furcht zu befreien, doch die Angst klebte an ihm fest.
    Als er die Zufahrt vor seinem kleinen Haus in Laguna Niguel erreichte, wirkten die spitzen schwarzen Schatten der Palmwedel wie Risse im schneeweißen Mauerputz, so als sei das Gebäude in der Hitze ausgedörrt und geborsten.
    Die roten Ziegel ragten wie erstarrte Flammen über den Dachrand.
    Im Schlafzimmer filterte das Sonnenlicht durch Rauchglasscheiben und nahm eine kupferne Tönung an. Es bildete pennyfarbene Streifen auf dem Bett, dem gebrochenen Weiß des Teppichs und stand in krassem Kontrast zu den Schatten der halbgeöffneten Fensterläden.
    Jim schaltete die Nachttischlampe ein.
    Er wußte nicht, daß ihm eine Reise bevorstand - bis er einen Koffer aus dem Schrank holte. Zuerst griff er nach dem Rasierzeug und den Toilettenartikeln. Er hatte keine Ahnung, wohin er unterwegs war und wie lange er fortbleiben würde, hielt es jedoch für besser, genug Kleidung zum Wechseln mitzunehmen. Für gewöhnlich dauerten die Aufträge - Abenteuer, Missionen, wie auch immer man sie nennen mochte - nicht länger als zwei oder drei Tage.
    Er zögerte und fragte sich, ob der Inhalt des Koffers genügte. Die Reisen waren gefährlich jede konnte seine letzte sein. Und in dem Fall spielte es keine Rolle, ob er genug oder zuwenig eingepackt hatte.
    Er klappte den Deckel zu, horchte in sich hinein und überlegte, wie es jetzt weitergehen sollte. »Muß fliegen«, sagte er plötzlich, und daraufhin wußte er Bescheid.
    Die Fahrt zum John Wayne Airport am südöstlichen Rand von Santa Ana nahm weniger als eine halbe Stunde in Anspruch. Unterwegs sah er deutlich, daß Südkalifornien eine Wüste gewesen war, bevor man Wasser mit Hilfe von Aquädukten importiert hatte. Eine Hinweistafel forderte zum sparsamen Umgang mit dem Wasser auf. Gärtner pflanzten widerstandsfähige Kakteen und Eiskraut vor einem neuen Apartmenthaus im Southwestern-Stil. Die Vegetation der ungenutzten Gebiete zwischen den Grüngürteln und parkähnlichen Anlagen großer Anwesen war braun und verdorrt, sie schien auf das Streichholz in der Hand eines jener Pyromanen zu warten, die in jedem Jahr für verheerende Brandkatastrophen sorgten.
    Im Hauptterminal des Flughafens eilten Reisende von und zu den Flugsteigen. Die bunt gemischte Menge widerlegte den anhaltenden Mythos, Orange County sei kulturell homogen und die Bevölkerung bestehe allein aus angelsächsischen Protestanten. Auf dem Weg zu den Monitoren, die Auskunft über alle PSAFlüge dieses Tages gaben, hörte Jim nicht nur Englisch, sondern auch vier andere Sprachen.
    Er blickte auf einen Bildschirm und las die Flugziele von oben nach unten. Die vorletzte Stadt - Portland in Oregon - berührte etwas in ihm, und er ging zum nächsten Ticket-Schalter.
    Der junge Mann dahinter wirkte auf den ersten Blick so anständig, ordentlich und zuverlässig wie ein Angestellter von Disneyland.
    »Der Flug nach Portland …«, begann Jim. »Die Maschine startet in zwanzig Minuten. Ist sie voll belegt?«
    Der junge Mann prüfte mit Hilfe des Computers nach. »Sie haben Glück, Sir. Es gibt noch drei freie Plätze.«
    Als er die Kreditkarte entgegennahm und das Ticket ausstellte, bemerkte Jim seine durchstochenen Ohrläppchen. Während der Arbeit verzichtete er wohl auf Ohrringe, aber die Löcher waren ziemlich groß und deuteten darauf hin, daß er in der Freizeit schweren Schmuck trug. Der junge Mann gab die Kreditkarte zurück, und dabei rutschte der Hemdsärmel weit genug nach oben, um eine bunte Tätowierung zu zeigen.
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