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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers
Autoren: Dean R. Koontz
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nicht umgebracht.«
    »Ich wußte, daß dich keine Schuld trifft, Jim«, erwiderte Henry Ironheart. »Mein Gott, ich wußte es.«
    Der alte Mann musterte Holly, und in seinen Augen glänzten tausend Fragen nach Vögeln, Feinden und Dingen in Wänden. Aber er mußte sich gedulden und noch eine Zeitlang auf die Antworten warten - so wie Holly gewartet hatte. Und auch Jim.

3
    Während der Fahrt durch die Berge und dann nach Santa Barbara saß Jim zurückgelehnt auf der Beifahrerseite und hielt die Augen geschlossen. Er schien tief und fest zu schlafen. Holly zweifelte nicht daran, daß er den Schlaf dringend brauchte - seit fünfundzwanzig Jahren hatte er keine echte Ruhe gefunden.
    Sie fürchtete sich nicht mehr vor seinen Träumen. Der Feind war fort, ebenso wie der Freund; in Jims Körper gab es nur noch eine Person. Es existierten keine Tore mehr, durch die etwas Fremdes und Bedrohliches ins Hier und Heute gelangen konnte.
    Eigentlich lag ihr nichts daran, zur Mühle zurückzukehren, obwohl dort noch einige Sachen von ihnen lagen. Sie hatte auch genug von New Svenborg und der Bedeutung jenes Ortes in Jims Leben. Sie sehnte sich nach einer Stadt, die keiner von ihnen kannte - wo ein neuer Anfang stattfinden konnte, unbeeinflußt von der Vergangenheit.
    Als sie unter dem aschgrauen Himmel durch eine verdorrte Landschaft fuhr, setzte sie alle Mosaiksteine zusammen und betrachtete das komplette Bild …
    Ein enorm begabter Junge - noch weitaus begabter, als er selbst ahnt - überlebt das Massaker im Dixie Duck, entrinnt dem Tod jedoch mit geborstener Seele. In dem verzweifelten Bemühen, sich wieder normal zu fühlen, benutzt er Arthur Willots Roman, um sich in eine Fantasiewelt zu flüchten. Mit seinen besonderen Fähigkeiten erschafft er den Freund als Verkörperung seiner besten Absichten, und der Freund beauftragt ihn mit einer Mission.
    Aber der Junge ist so voller Zorn, daß der Freund allein nicht genügt, um ihn zu heilen. Er braucht eine dritte Persönlichkeit, in die er alle negativen Empfindungen projizieren kann, seine Finsternis, vor der er sich so sehr fürchtet. Daraufhin entsteht der Feind, als Ausschmückung der von Willot erfundenen Geschichte. Allein in der Windmühle, führt er aufregende Gespräche mit dem Freund und verarbeitet die Wut, indem er den Feind erscheinen läßt.
    Doch eines Tages kommt Lena Ironheart zum falschen Zeitpunkt in die hohe Kammer. Sie ist entsetzt, taumelt zurück, stürzt die Treppe hinunter und bricht sich das Genick.
    Jim ist derart schockiert darüber, was der Feind allein durch seine Präsenz anrichtet, daß er die Fantasiewelt - und damit auch Freund und Feind vergißt, so wie Jim Jamison die Begegnung mit der außerirdischen Präsenz vergaß, nachdem er das Leben des zukünftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten gerettet hatte. Fünfundzwanzig Jahre lang unterdrückt er die beiden anderen Identitäten, verdrängt damit sowohl seine besten als auch schlimmsten Eigenschaften und führt ein relativ ruhiges, normales Leben, weil er nicht wagt, die stärkeren Gefühle zu wecken.
    Er unterrichtet, findet in seiner Tätigkeit als Lehrer zumindest eine gewisse Erfüllung - bis Larry Kakonis Selbstmord begeht. Daraufhin hat er wieder den Eindruck, daß seiner Existenz jeder Sinn fehlt. Mehr noch: er glaubt, Kakonis gegenüber ebenso versagt zu haben wie in bezug auf seine Eltern und auch Lena. Unterbewußt wünscht er sich in das mutige und erlösende Abenteuer Jim Jamisons zurück, doch dazu mußt er den Freund befreien.
    Doch als er den Freund freigibt, erwacht auch wieder der Feind. Nach den vielen Jahren der Unterdrückung ist sein Zorn noch stärker geworden, noch schwärzer und bitterer, geht mit seiner enormen Intensität über alles Menschliche hinaus. Von dem Feind droht noch mehr Unheil als vor fünfundzwanzig Jahren. Er ist ein durch und durch mörderisches Wesen, das nur töten und zerstören will.
    Jim war also ein typisches Opfer des Syndroms der multiplen Persönlichkeit. Mit einer wichtigen Ausnahme: er schuf keine anderen menschlichen Identitäten, sondern fremde Wesenheiten, um Aspekte seines Selbst zu verkörpern - und er hatte die Macht, ihnen substantielle Gestalt zu geben. Er ließ sich nicht mit Sally Field vergleichen, die Sibylle spielte und sechzehn verschiedene Personen in sich vereinte. Jims Ich bestand aus drei Teilen, und einer davon war ein Mörder.
    Holly schaltete die Heizung ein. Die Temperatur betrug gut zwanzig Grad, aber sie fröstelte
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