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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers
Autoren: Dean R. Koontz
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gemeint.
    »Nein«, fügte sie rasch hinzu und hoffte, daß er ihr glaubte. »Es geht mir um folgendes. Es wundert mich nicht, daß ich weiter kam, als es Hemphill jemals möglich war. Weil ich Jim liebe. Nur Liebe ermöglicht ihm die Heilung.« Sie strich Jim übers Haar. »Du hättest sie nicht retten können, Schatz. Damals war deine Macht nicht annähernd so groß wie heute. Du hast nur durch Glück überlebt. Glaub mir, Jim. Hör auf mich und glaub mir.«
    Einige Sekunden lang schwiegen sie, jeder von ihnen in Schmerz gefangen.
    Holly stellte fest, daß noch mehr Krähen unter den grauen Wolken kreisten, etwa ein Dutzend. Sie wußte, daß Jim die Vögel hierher lockte - das Wie blieb ihr rätselhaft -, und ihre Präsenz erfüllte sie mit wachsendem Unbehagen.
    Sie griff nach Jims Hand, um ihm Trost zu spenden. Nach einer Weile schluchzte er nicht mehr, doch die Fäuste waren weiterhin fest geballt und so hart wie Stein.
    »Dies ist Ihre Chance«, sagte sie zu Henry. »Erklären Sie ihm, warum Sie sich von ihm abwandten, warum Sie … was auch immer getan haben.«
    Der alte Mann räusperte sich und tastete mit der rechten Hand nervös zum Mund. Ohne Jim oder Holly anzusehen, begann er: »Nun, zunächst einmal müssen Sie … die damalige Situation verstehen. Einige Monate nach Jimmys Rückkehr aus Atlanta wurde im Ort ein Film gedreht…«
    »Die schwarze Windmühle«, warf Holly ein.
    »Ja. Er las die ganze Zeit über …« Henry unterbrach sich und schloß die Augen, als wolle er auf diese Weise Kraft schöpfen. Als er die Lider wieder hob, richtete er den Blick auf Jims geneigten Kopf und schien bereit zu sein, ihm in die Augen zu sehen. »Du hast die ganze Zeit über gelesen, dich in der Bibliothek durch ein Regal nach dem anderen gearbeitet. Der Film veranlaßte dich dazu, dir auch das Willot-Buch vorzunehmen. Eine Zeitlang wurde es … Himmel, ich weiß nicht. Du warst regelrecht besessen davon, Jim. Du hast über jenen Roman gesprochen und dabei zumindest einen Teil deiner Verschlossenheit aufgegeben, und deshalb ermutigten wir dich, bei den Dreharbeiten zuzusehen. Weißt du noch? Kurze Zeit später erzähltest du uns von einer außerirdischen Präsenz im Teich und in der Windmühle, so wie sie das Buch und der Film schilderten. Zuerst dachten wir, es sei nur ein Spiel.«
    Henry schwieg.
    Die Stille dauerte an.
    Die Anzahl der Vögel war auf etwa zwanzig gewachsen.
    Sie krächzten nicht, segelten völlig lautlos am Himmel.
    Holly richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Henry. »Doch dann begannen Sie, sich Sorgen zu machen.«
    Der alte Mann hob eine zittrige Hand zum faltigen und zerfurchten Gesicht. Er wollte nicht etwa die Müdigkeit fortwischen, sondern Jahre abstreifen, um die Vergangenheit deutlicher zu erkennen. »Du hast immer mehr Zeit in der Mühle verbracht, Jim, manchmal den ganzen Tag. Und auch den Abend. Ab und zu, wenn wir mitten in der Nacht aufstanden, um ins Bad zu gehen, sahen wir Licht in der Mühle, um zwei oder drei Uhr morgens. Und dann lagst du nicht in deinem Bett.«
    Henry legte jetzt häufigere Pausen ein. Er war nicht müde. Es widerstrebte ihm nur, jene längst begrabenen Erinnerungen in Worte zu kleiden.
    »Bei solchen Gelegenheiten gingen Lena oder ich nach draußen zur Mühle und holten dich zurück. Oft hast du uns dann von dem Freund erzählt. Du warst so sonderbar, daß wir nicht wußten, wie wir uns verhalten sollten, und deshalb … unternahmen wir nichts. Nun, in jener Nacht, als Lena starb … Ein Gewitter zog heran …«
    Holly erinnerte sich an den Traum.
    … böiger Wind weht, als sie über den Kiespfad eilt…
    »… Und Lena weckte mich nicht. Sie ging allein nach draußen, in die hohe Kammer …«
    … sie steigt die Kalksteintreppe hoch …
    »… Ein ziemlich starkes Gewitter, aber für gewöhnlich erwachte ich nicht einmal, wenn es laut donnerte …«
    … Blitze flackern, als sie an dem Fenster vorbeikommt, und durch die Scheibe sieht sie etwas im Teich …
    »… Ich schätze, du hast dort wie üblich gelesen, im Licht einer Kerze …«
    … weiter oben ertönen seltsame Geräusche, und ihr Herz klopft schneller, als sie Stufe um Stufe hinter sich bringt, neugierig und gleichzeitig besorgt…
    »… Schließlich weckte mich ein Krachen …«
    … sie erreicht das obere Ende der Treppe und sieht den Jungen. Er hat die Hände an den Seiten zu Fäusten geballt, steht neben einem blauen Teller mit einer gelben Kerze. Auf dem Boden liegt ein Buch …
    »… Ich
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