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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Deshalb hatte man die Leichen von Arthur Pembroke und dem Perfectus noch im Morgengrauen in höchster Eile und unter strenger Geheimhaltung weggeschafft.
    In diesen vier Tagen war jeder von ihnen mehrfach verhört worden. Immer wieder hatte man ihnen dieselben Fragen gestellt. Sosehr man ihnen bei diesen Verhören auch zugesetzt hatte, es war doch keiner von ihnen von der Geschichte abgewichen, auf die sie sich geeinigt hatten. Demnach hatten sich Pembroke und der Fremde, dessen Ausweispapiere ihn als Graham Baynard ausgewiesen hatten, zu einem nächtlichen Duell vor den Mauern von St. Simeon getroffen. Als sie von Trevor Seymour davon erfahren hatten, waren sie den beiden an das andere Flussufer gefolgt. Dort hatte Alistair versucht, dieses Duell zu verhindern, dessen genauen Grund sie nicht kannten. Dabei war er unglücklicherweise in die Schusslinie geraten und selbst getroffen worden. Mehr wussten sie nicht dazu zu sagen. Und nachdem man ihre Aussage zu Protokoll genommen hatte, hatten sie endlich ihre Pässe zurückerhalten und sich um die Überführung ihres toten Freundes nach England kümmern können, der nun unten im Frachtraum der Karnak in einem versiegelten Zink sarg mit ihnen nach Kairo reiste.
    Sie hatten sich für die einwöchige Reise mit dem Touristendamp fer entschieden, weil sie das Bedürfnis hatten, nach den hektischen Wochen ihrer Jagd nach dem Judas-Evangelium Ruhe in ihr Leben einkehren zu lassen und ihre Rückreise nicht auch noch von über stürzter Eile bestimmen zu lassen. Sie brauchten diese Zeit der lang samen Rückkehr in ihr einstiges Leben, das ohnehin nicht mehr das selbe sein würde, das es vor Pembrokes Auftrag gewesen war. Von den berühmten Orten, an denen der Raddampfer auf seiner Reise flussabwärts haltmachte, würden sie im Gegensatz zu allen anderen ausländischen Passagieren wohl wenig mitbekommen. Aber die eine oder andere Tempelanlage würden sie sich vielleicht doch ansehen, schon um sich von ihrer Trauer um Alistair abzulenken.
    »Was wirst du machen, wenn wir wieder in London sind, Horatio?«, fragte Byron, während die Karnak im weichen Morgenlicht an den grünen Ufern des Nil vorbeiglitt.
    Horatio zuckte die Achseln. »Nun, mein altes Leben werde ich nicht mehr aufnehmen. Und da Pembroke die Schecks, die er uns in der Gruft vor die Füße geworfen hat, einige Tage vor seinem Tod unter zeichnet hat, sind sie also bares Geld wert. Damit werde ich wohl in London eine kleine Galerie eröffnen. Mal sehen, ob meine eigenen Werke auch so viel Anklang finden wie früher meine Fälschungen.«
    »Das werden sie ganz sicher«, sagte Harriet überzeugt. »Auch wenn du Originale kopierst und sie als solche ausweist.«
    »Warten wir es ab«, sagte Horatio. Er war jedoch zuversichtlich, den Sprung ins ehrbare Geschäftsleben zu schaffen. Geld genug be saß er ja. Denn Byron und Harriet hatten darauf bestanden, dass er auch den Scheck einlösen sollte, der Alistair zugedacht gewesen war. »Und was ist mit dir, Harriet? Wirst du jetzt Pembrokes Erbe an treten und Herrin auf Pembroke Manor werden?«
    Harriet lachte auf. »Bestimmt nicht! Als meine Mutter mit meinem Vater durchgebrannt ist, hat man sie enterbt. Und wenn mich nicht alles täuscht, gibt es einige Verwandte, die sich nun um das Erbe streiten werden.«
    »Ganz ausgeschlossen ist es nicht, dass Sie dennoch einen Teil der Erbschaft erhalten werden«, sagte Trevor Seymour, der mit ih nen vorn am Bug des Raddampfers an der Reling stand. »Die Rechts lage ist in solch einem Fall überaus kompliziert. Aber auch wenn Gerichte die Enterbung Ihrer Mutter bestätigen, können Sie ver mutlich mit einer Art von Abfindung rechnen. Denn die anderen Er ben werden nicht an jahrelangen Prozessen interessiert sein und es deshalb vorziehen, sich außergerichtlich mit Ihnen zu einigen, um so selbst so schnell wie möglich an das Vermögen heranzukom men. Es wird zwar keine gewaltige Summe sein, die man Ihnen an bieten wird, aber wohl doch genug, um Ihre Zukunft gesichert zu wissen.«
    »Das ist sie auch jetzt schon«, sagte Byron und warf Harriet ein zärtliches Lächeln zu. Sie hatten beschlossen, schon bald nach ihrer Rückkehr nach England in aller Stille zu heiraten. Natürlich würden Horatio und Trevor Seymour zu den wenigen Gästen gehören, die sie zu ihrer Hochzeit und dem kleinen Fest einladen würden. Vorher jedoch würden sie für ihren toten Freund eine würdige Beerdigung ausrichten und einen Grabstein in Auftrag geben, der
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