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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada
Autoren: Jules Verne
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sich im dichten Gebüsch zu verbergen. Als vorsichtiger Mann wollte er sich nicht eher sehen lassen, als bis er wüßte, mit wem er es zu thun habe. Voller Neugier, klopfenden Herzens und mit gespannten Ohren wartete er, als plötzlich ein Schuß krachte.
    Ein Schrei, und tödtlich getroffen stürzte der Affe schwer zur Erde hernieder, noch immer das Etui fest umklammernd.
    »Alle Kukuk! rief Torres, das war eine Kugel, die zu gelegener Zeit kam!«
    Jetzt sprang er, ohne Scheu gesehen zu werden, aus dem Busch hervor, als eben zwei junge Leute unter den Bäumen erschienen.
    Es waren Brasilianer, nach Jägerart gekleidet, mit langen Stiefeln, einen leichten Hut aus Palmenfasern auf dem Kopfe und eine in der Taille zusammengehaltene Jacke oder vielmehr Blouse über dem Körper, welche im Walde natürlich bequemer zu tragen ist als der nationale Poncho. An ihren Zügen und der Farbe ihres Gesichtes erkannte man leicht, daß sie von portugiesischer Abstammung waren.
    Jeder führte eine jener langen, spanischen Flinten, welche an die Feuerwaffen der Araber erinnern, die bei großer Treffsicherheit doch sehr weit tragen und welche die Waldläufer am oberen Amazonenstrome fleißig und erfolgreich gebrauchen.
    Was eben geschehen war, konnte dafür als Beweis gelten. Aus schräger Entfernung von über achtzig Fuß, saß die Kugel dem Vierhänder doch mitten im Kopfe.
    Außer jenem Gewehre trugen die jungen Leute im Gürtel noch eine Art Dolchmesser, in Brasilien »Foca« genannt, dessen sich die Jäger bedienen, wenn sie den Onça oder andere, in diesen Wäldern zwar nicht besonders gefährliche, aber in großer Anzahl vorkommende Raubthiere angreifen.
    Offenbar hatte Torres bei diesem Zusammentreffen nichts zu fürchten und lief also eilig zu dem Körper des Affen hin.
    Die jungen Leute aber, welche demselben Ziele zusteuerten, hatten nur einen kürzeren Weg zurückzulegen und befanden sich mit wenigen Schritten Torres gegenüber.
    Dieser hatte seine volle Geistesgegenwart wieder erlangt.
    »Besten Dank, meine Herren, sagte er erfreut, und lüftete ein wenig den Hut. Sie haben mir durch Erlegung dieses abscheulichen Thieres einen großen Dienst erwiesen!«
    Die Jäger sahen zuerst einander an, da sie nicht verstanden, was dieser Dank bedeuten sollte.
    Torres klärte sie mit einigen Worten über die Sachlage auf.
    »Sie glaubten nur einen Affen zu schießen, sagte er, in Wahrheit aber haben Sie einem Diebe den Garaus gemacht!
    – Wenn wir Ihnen genützt haben, erwiderte der jüngere der beiden Männer, so hatten wir zwar keine Ahnung davon, schätzen uns darum aber nicht minder glücklich, Ihnen diesen Dienst erwiesen zu haben.«
    Er ging einige Schritte zurück, beugte sich über den Guariba und nahm das Etui aus dessen noch immer fest geschlossener Hand.
    »Das gehört demnach Ihnen? fragte er.
    – Ja freilich!« antwortete Torres, der das Etui rasch ergriff und einen erleichternden Stoßseufzer dabei nicht unterdrücken konnte.
    »Und wem, mein Herr, habe ich für den mir erwiesenen Dienst zu danken?
    – Meinem Freunde Manoel, Regimentsarzt in der brasilianischen Armee, erwiderte der junge Mann.
    – Nun, wenn ich den Affen geschossen habe, warf Manoel ein, so hast Du, lieber Benito, mir ihn doch zuerst gezeigt.
    – In diesem Falle, meine Herren, fuhr Torres fort, bin ich Ihnen also Beiden verpflichtet, ebenso Herrn Manoel, wie Herrn…?
    – Benito Garral,« ergänzte Manoel.
    Der Waldkapitän mußte alle Kräfte zusammenraffen, um bei der Nennung dieses Namens nicht zu erzittern, vorzüglich als der junge Mann höflich hinzusetzte:
    »Die Farm meines Vaters Joam Garral liegt kaum drei Meilen von hier entfernt. 1 Wenn es Ihnen beliebt, Herr…
    – Torres, sagte der Abenteurer.
    – Wenn es Ihnen beliebt, Herr Torres, daselbst vorzusprechen, werden Sie gastfreundlich aufgenommen werden.
    – Ich weiß nicht, ob mir das möglich ist! erwiderte Torres, der in Folge dieser unerwarteten Begegnung nicht sofort zu einem Entschlusse kommen konnte. Ich glaube wirklich nicht, Ihr freundliches Anerbieten annehmen zu können!… Der Ihnen erzählte Zwischenfall hat mir zu viel Zeit geraubt…
    Ich muß eiligst nach dem Amazonenstrome zurückkehren, dem ich bis nach Para folgen wollte…
    – O, dann wäre es möglich, Herr Torres, fuhr Benito fort, daß wir uns auf diesem Wege wiedersehen könnten, denn noch vor Ablauf eines Monates wollte mein Vater mit der ganzen Familie dieselbe Tour machen.
    – Ihr Herr Vater, versetzte
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