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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada
Autoren: Jules Verne
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Torres lebhaft, gedenkt also über die brasilianische Grenze hinaus zu gehen?…
    – Ja wohl, das heißt zum Zwecke einer etwa dreimonatlichen Reise, gab Benito zur Antwort. Wir hoffen wenigstens, ihn dazu zu bestimmen, nicht wahr, Manoel?«
    Manoel nickte mit dem Kopfe.
    »Nun, meine Herren, nahm Torres wieder das Wort, dann könnte es wirklich zutreffen, daß wir uns unterwegs wiederfinden. Für den Augenblick kann ich indeß, zu meinem größten Bedauern, Ihrer Einladung nicht Folge leisten; doch danke ich Ihnen dafür und fühle mich dadurch nur doppelt verpflichtet.«
    Mit diesen Worten verabschiedete sich Torres von den jungen Leuten, die seinen Gruß erwiderten und den Weg nach der erwähnten Farm einschlugen.
    Jener beobachtete, wie sie sich entfernten.
    »Ah, begann er, als Jene verschwunden waren, mit dumpfer Stimme, er wagt sich also über die Grenze! Nun, meinetwegen, so bekomme ich ihn desto sicherer in meine Gewalt! Glückliche Reise, Joam Garral!«
    Der Waldkapitän wendete sich nun wieder nach Süden, um das linke Stromufer auf kürzestem Wege zu erreichen, und verschwand bald im dichten Walde.
Fußnoten
    1 Wegmaße werden in Brasilien gewöhnlich nach der kleinen Meile von 2060 Meter Länge angegeben; die sogenannte große Meile mißt dagegen 6180 Meter.
Drittes Capitel.
Die Familie Garral.
    Das Dorf Iquitos liegt nahe dem linken Ufer des Amazonenstromes,
     

    Das Dorf Iquitos liegt nahe dem linken Ufer. (S. 23.)
     
    fast genau unter dem 74. Grade (westlicher Länge von Paris) in jenem Gebiete des großen Stromes, wo dieser noch den Namen Marañon führt und sein Bett Peru von der Republik Ecuador, gegen fünfundfünfzig Meilen westlich der brasilianischen Grenze, scheidet.
    Iquitos wurde dereinst von Missionären gegründet, wie alle jene Haufen von Hütten, jene Weiler oder Flecken, die man im Becken des Amazonenstromes antrifft. Bis zum Jahre 1817 hatten sich die Iquitos-Indianer – jener Zeit die einzige Bevölkerung des Ortes – mehr in das Innere der Provinz und weit von dem Flusse zurückgezogen. Plötzlich versiechten aber in Folge vulcanischer Eruptionen die Quellen des Landes, und sie sahen sich genöthigt, ihre Wohnstätten nach dem linken Ufer des Marañon zu verlegen. Durch Vermischung mit den Flußindianern, den Ticunas und Omaguas, veränderte sich bald die Race, und heute beherbergt Iquitos nur eine gemischte Bevölkerung, der noch einige Spanier und zwei oder drei Mestizenfamilien hinzutraten.
    Gegen vierzig höchst erbärmliche Hütten mit Strohdecken bilden das ganze regellos gebaute Dorf, das übrigens auf einer Stelle fünfzig Fuß über dem Flusse liegt. Eine aus horizontalen Baumstämmen hergestellte Treppe führt zu demselben hinauf und verbirgt es vor dem Blicke des Reisenden, wenn dieser nicht selbst jene Treppe erklimmt, denn es fehlt in der Nähe an jeder anderen Bodenerhebung.
     

    Vom Stromufer aus sah man nur das erste Haus. (S. 28.)
     
    Auf der oberen Fläche angelangt, erblickt man eine kaum widerstandsfähige Umzäunung aus verschiedenen Büschen und baumartigen Pflanzen, verbunden mit Tauen und Lianen, welche da und dort von den Gipfeln mächtiger Bananen und eleganter Palmen herabhängen.
    Jener Zeit – und die Mode wird wohl heute kaum versucht haben, das ursprüngliche Costüm zu verdrängen – gingen die Iquitosindianer fast vollständig nackt. Nur die Spanier und die Mestizen, die mit Verachtung auf die eingebornen Mitbewohner des Ortes zu blicken pflegten, trugen ein einfaches Hemd, leichte baumwollene Beinkleider und einen landesüblichen Strohhut. Alle lebten in dem Dorfe höchst elend und ohne Verkehr mit einander, außer daß sie sich in den Stunden einmal versammelten, wo die Glocke der Mission sie nach der verfallenen Hütte rief, die als Kirche diente. Stand die Lebensweise in dem Dorfe der Iquitos aber auch auf der niedrigsten Stufe, wie das in allen Flecken am oberen Amazonenstrom der Fall ist, so brauchte man nur eine Meile an demselben Ufer des Stromes hinabzugehen, um eine reiche Niederlassung anzutreffen, wo für alle Bedürfnisse einer comfortablen Existenz gesorgt war.
    Da lag nämlich die Farm Joam Garral’s, wohin die beiden jungen Leute nach ihrer Begegnung mit dem Waldkapitän zurückkehrten.
    Diese Farm, Meierei oder, um den landesüblichen Ausdruck zu gebrauchen, diese jetzt in aller Blüthe stehende »Fazenda« war vor langen Jahren schon an einer Biegung des Stromes bei der Einmündung des hier fünfhundert Schritte breiten Rio
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