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Die Jagd nach Millionen

Titel: Die Jagd nach Millionen
Autoren: David C. Murray
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Hütte für die Nacht, und nachdem man die Fenster
geöffnet und die einzige Stube einigermaßen bewohnbar
gemacht hatte, ließen diese sich darin nieder. Jones sorgte
für die Unterkunft seiner Leute, das Absatteln und
Füttern der Maultiere und Pferde und begab sich dann
verabredeterweise zu seinen Gebietern, die ihre Mahlzeit schon beendigt
hatten und auf ihren Decken vor dem Kaminfeuer ausgestreckt lagen,
jeder mit einer gewaltigen Zinnkanne Grog neben sich. Eine einzige
Kerze beleuchtete den Raum, und Engel benutzte ihren Schein, um ein
Notizbuch zu studieren.
    »Whisky, Kapitän?« fragte er den
Eintretenden.
    »Bin durchaus nicht abgeneigt.«
    Er trank mit Maß, setzte sich dann auf den einzigen
Stuhl der Herberge und steckte seine Pfeife an.
    »Wir müssen nun einmal Kriegsrat
halten!« begann Engel. »Unser Ziel ist
nämlich nicht nur Klondyke, und ich kann noch nicht sagen, wie
weit unser Weg mit dem der Expedition zusammenfällt. Hier ist
die neueste Karte dieser Gegend, nehmen Sie die zur Hand! Die roten
Linien und alle rot eingezeichneten Namen sind der letzten amtlichen
Aufnahme entnommen, die noch nicht veröffentlicht ist. Jetzt
suchen Sie einmal den Fluß Yukon – haben
Sie's?«
    Jones verkündete, daß sein Finger die
Mündung des Stromes decke, und nun gab Engel aus seinem
Notizbuche einen Weg an, den der Kapitän von Punkt zu Punkt
mit dem Finger nachzeichnete.
    »Jawohl, ganz richtig,« bemerkte er.
»Da sind die Stromschnellen und, jawohl, jawohl, das
muß unbedingt die Sandbank des Toten Manns sein! Ganz richtig,
das ist die Unterstelle bei dem großen Felsen – da
bekamen wir damals frisches Fleisch zu kosten, denn ich erlegte einen
Bären ... stimmt genau.«
    Engel las immer weiter in seinen Notizen, und die zwei
Freunde, die sich in sitzende Stellung aufgerichtet hatten, sahen mit
wachsender Spannung des Kapitäns Finger auf der Karte
vorrücken.
    »So, das müssen wir genau
feststellen,« sagte Jones. »Wir gehen also von
Klondyke nördlich ...«
    »Wie weit?« fragte Engel.
    »Mindestens vierzig Meilen meiner Schätzung
nach.«
    »Ist man je so weit vorgedrungen?«
    »Nein, meines Wissens war noch keine Seele
dort.«
    »Also von hier aus müssen wir Klondyke
durchqueren?« fragte Engel.
    »Um dorthin zu kommen? Ganz gewiß.«
    Engel klappte sein Buch zu und steckte es in die Rocktasche.
Aus seinen Augen leuchtete das Hochgefühl des Triumphs und
seine Begleiter waren nicht minder erregt. »Daß sich
einer um diese Jahreszeit zufällig dorthin verliefe, ist nicht
sehr wahrscheinlich,« bemerkte er befriedigt. »Und
Sie halten die Reise für ausführbar,
Kapitän?«
    »Ausführbar? Warum soll sie denn nicht
ausführbar sein?« sagte Jones offenbar
gekränkt über den Zweifel.
»Natürlich führen wir sie aus.«
    Engel füllte des Kapitäns Zinnkrug ein
zweites Mal. Jones trank ihn aus und empfahl sich.
    »Soweit läßt sich ja die Sache
nicht übel an,« warf Vogel hin, sobald die Drei unter
sich waren.
    »Meiner Meinung nach stünde sie noch viel
besser, wenn du nicht wärst,« bemerkte Anise trocken.
    »Was soll das heißen?« fragte Vogel
gereizt.
    »Du brauchst dich gar nicht aufzuregen,«
entgegnete Anise in demselben trockenen Geschäftston.
»Wenn du so vernünftig gewesen wärest,
unsern Freund Prickett zu lassen, wo und wie er war, hätte ich
etwas mehr Vertrauen in meine eigene Zukunft. Ein sehr wahres Wort
sagt, daß Tote nichts ausplaudern.«
    »Nichts ausplaudern?« wiederholte Vogel mit
einem häßlichen Auflachen. »Kein Lebender
redet so laut wie Tote!«
    »Ich hätte gedacht, über
Ammenmärchen wärst du hinaus!«
    »Hör' einmal,« sagte Vogel, sich
auf den Ellbogen stützend und eine Hand auf des Kameraden Knie
legend, »ich will nicht prahlen, aber mit meinem Gewissen
werde ich so gut fertig als irgend einer; aber etwas gibt's, womit ich
womöglich nichts zu schaffen haben will. Du weißt,
was ich meine – nennen will ich's lieber nicht. Es ist ein
widerliches Wort, das man besser nicht in den Mund nimmt. Und weil ich
nun einmal dran bin, von der Leber weg zu reden – die
Geschichte hat mein Zutrauen zu euch beiden nicht gerade
gestärkt. Solange wir uns zu der Expedition halten,
weiß ich mich sicher und ich werde dabei bleiben, denn mit
keinem von euch möcht' ich allein in der Einöde sein.
Und wenn's ans Abkochen geht, werde ich mein eigener Koch sein. Engel
versteht viel zu viel von Chemie,
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