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Die Jagd nach Millionen

Titel: Die Jagd nach Millionen
Autoren: David C. Murray
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genötigt gewesen, sich einer
Verkleidung zu bedienen, jetzt möchte sie wieder ihre normale
Erscheinung annehmen. Wollen Sie, bitte, dafür
sorgen?«
    Damit verschwand er sehr erleichtert aus dem Geschäft
und trieb sich wohl drei Viertelstunden auf der Straße herum.
Er konnte nicht recht einig mit sich werden, ob er Maries Geschichte
buchstäblich glauben solle oder nicht, nahm sich aber vor, die
seltsame Person nicht aus den Augen und sich jedenfalls nicht
nasführen zu lassen. Noch immer pendelte er daher auf dem
Fußsteig hin und her, als endlich die Ladenthür
wieder aufging und eine fremdartige Erscheinung geradeswegs auf ihn
zukam. Er kannte doch so ziemlich die ganze Stadt, aber diese Dame
hatte er nie im Leben gesehen, das mußte eine Fremde sein. Sie
mit dem Mulattenjungen in Zusammenhang zu bringen, fiel ihm gar nicht
ein, auch nicht, als sie jetzt ein wenig errötend vor ihm
stehen blieb und ihm lächelnd die zierliche behandschuhte
Rechte hinstreckte. Er starrte sie in heller Verwunderung ratlos an.
Marie hatte einen niedlichen bescheidenen Anzug vorgefunden, der
wenigstens Spuren der herrschenden Mode zeigte und ihrer schlanken
Gestalt tadellos saß.
    »Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar,« sagte
sie, und beim Klang ihrer Stimme ging ihm endlich ein Licht auf.
    »Das ist gar nicht nötig,«
erwiderte er, die dargereichte Hand ergreifend, »aber ich habe
Sie wirklich nicht erkannt – Sie sind ja, wenn ich mir die
Bemerkung erlauben darf, um einen halben Fuß
größer geworden.«
    »Wenigstens um einen halben Zoll,« erwiderte
sie lächelnd, indem sie den Fuß ein wenig hob und den
Absatz ihres Stiefels zeigte. »Wenn Sie mir jetzt noch einen
Ort angeben wollen, wo ich den Erfolg unsres Telegramms abwarten kann,
würde ich Ihre Güte nicht weiter in Anspruch
nehmen.«
    Er begleitete sie in einen Gasthof und warf dabei manchen
verstohlenen Blick der Bewunderung und Verwunderung auf seinen
Schützling. Die anmutige junge Dame, die in Gang und Haltung,
Sprache und Benehmen schlichte Vornehmheit zeigte, war so
grundverschieden von dem, was er zuerst in ihr vermutet hatte,
daß er sich von seinem Erstaunen nicht recht erholen konnte.
    »Das macht also der Firlefanz,«
überlegte er in männlicher Einfalt. »Werd'
mir's mein Leben lang merken – ja, ja, Kleider machen
Leute!«
    Sie machten sie in diesem Fall zwar nicht, aber sie zeigten
die weibliche Anmut der Trägerin, und das war genug. Nachdem
der Führer seine Schutzbefohlene untergebracht hatte, ging er
in stillem Sinnen seines Weges, unterließ aber nicht, sich bei
Abfahrt des einzigen Zuges, der Edmonton an diesem Tage
verließ, auf den Bahnhof zu begeben. Er verstand sein Handwerk
ganz leidlich und mußte doch auf der Hut sein, daß
ihm der seltene Vogel nicht entschlüpfe.
    Vor- und Nachmittag waren langsam verstrichen, ohne die
ersehnten Nachrichten, endlich gegen Abend kam ein Telegramm von der
Polizei in Calgary, das die Worte enthielt: »Die Expedition
verfolgen. Alle drei festnehmen« und kurz darauf
eins von
Prickett mit der kurzen Mitteilung: »Ich komme.« Das
zweite erhielt Marie im Gasthof, und kaum hatte sie es
eröffnet, als ihr Beschützer kam, um über
das erste ihr Bericht zu erstatten.
    »Wann werden Sie aufbrechen?« fragte sie mit
funkelnden Augen.
    »Wann? Selbstverständlich auf der
Stelle.«
    Einen Augenblick stand sie ganz ruhig und sah ihn fest an,
dann sagte sie: »Ich begleite Sie!«
    Er schüttelte erschrocken ablehnend den Kopf.
    »Ich will aber dabei sein,« fuhr sie fort.
»Reiten kann ich, und Angst habe ich nicht. Ich werde Ihnen
auch keine Mühe machen. Jetzt bin ich diesen Leuten quer durch
Amerika gefolgt und soll nicht dabei sein, wenn's zum Halali kommt?
Sehen Sie nur, wie schon der Abend ist, ganz sternhell. In ein paar
Stunden haben wir den vollen Mond. Die Leute im Gasthof sagen, eine
größere Strecke als fünfundzwanzig Meilen
könne der Zug unmöglich zurückgelegt haben
– lassen Sie mich mit! Ich bitte, lassen Sie mich mit! Sie
brauchen mich ja, um die Persönlichkeiten
festzustellen.«
    »Nein, nein,« entgegnete er sehr bestimmt.
»Das ist keine Arbeit, für eine Dame. Ich kann die
Verantwortung nicht auf mich nehmen.«
    »Aber Sie können mich auch nicht hindern,
dabei zu sein?« sagte sie ruhig.
    »Nein,« gab er zu. »Ein
gesetzliches Mittel, Sie abzuhalten, habe ich nicht. Doch bin ich jetzt
im Dienst und darf keine Zeit
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