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Die Jagd nach Millionen

Titel: Die Jagd nach Millionen
Autoren: David C. Murray
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um ein angenehmer
Reisegefährte zu sein.«
    »Was ist denn das wieder für ein dummes
Geschwätz?« brauste Engel auf.
    »Schon gut,« sagte Vogel, sich zum Schlaf
ausstreckend. »Ich bin kein Heimlichthuer und nehme kein Blatt
vor den Mund. Solange wir unter all den Leuten sind, bin ich in
Sicherheit, und in Sicherheit will ich bleiben. Meint ihr, daß
ich der Esel sei, zu glauben, ihr würdet irgend etwas mit mir
teilen, wenn es nicht sein muß? Nein, so dumm bin ich
nicht.«
    »Und mit dir würde Anise gerade so wenig
teilen, Engel, wenn er nicht müßte! Nein nein, ich
bin auch nicht von heute.«
    »Er hat die ganze Woche stark getrunken,«
bemerkte Anise entschuldigend. »Die frische Luft wird ihm den
Unsinn aus dem Kopf treiben.«
    Engel, dessen Gesicht vor Wut und einer noch
stärkeren Leidenschaft kreideweiß geworden war,
schoß einen giftigen Blick auf die ausgestreckte Gestalt und
legte sich dann auch.
    »Du bist ja ein gelehrtes Haus, Hansel,«
fuhr Vogel fort, indem er sich auf die Seite wälzte, um Anise
ins Gesicht sehen zu können, »und hast die Geschichte
sicherlich gelesen. Es waren einmal drei Spitzbuben, die fanden einen
großen Schatz, aber einer davon hätte ihn gern
für sich allein gehabt. Drum kaufte er sich Gift und that's in
eine Flasche Schnaps. Während er fort war, verabredeten die
beiden andern, ihn totzuschlagen, und thaten's auch. Dann sagte der
eine: ›Wir wollen uns stärken, eh' wir ihn
verscharren‹, und tranken des Toten Schnapsflasche aus. Da
mußten sie beide ins Gras beißen.«
    »Ja, die Geschichte ist mir allerdings
bekannt,« sagte Anise lächelnd. »Sie findet
sich bei Chaucer, aber deine Lesart ist mir lieber; sie ist
anerkennenswert klar und kurz. Und du meinst, das sei so
ungefähr der Geist, der uns beseele?«
    »Zwei von uns sicherlich.«
    »Was redest du noch mit dem Narren?« rief
Engel, in dessen erdfahlem Gesicht jeder Muskel zuckte.
    »Freundchen, warum nimmst du denn sein
Geschwätz so tragisch? Wir haben doch wahrhaftig noch
Ehrgefühl, und muß auch so sein, sonst würde
ja das Sprichwort zu schanden. Was mich betrifft, so sind mir unsres
jungen Freundes Hirngespinste einfach lächerlich. Der
Entdecker des Schatzes schätzte ihn auf rund zwei Millionen
Pfund Sterling – ein Drittel davon ist reichlich genug
für mich. Zwanzigtausend Pfund im Jahre ist alles, was sich
ein Junggeselle wünschen, und mehr als er ausgeben kann. Mit
mehr möchte ich gar nicht belastet werden!«
    Vogel richtete sich auf und nahm noch einen Schluck aus der am
Boden stehenden Flasche.
    »Ich muß frische Luft
schöpfen,« rief Engel, aufspringend und seinen
Pelzrock umlegend. »Mit dem Rum sollte man übrigens
ein wenig vorsichtig umgehen – wir müssen von Anfang
an unsre Vorräte zusammenhalten.«
    »Ohne Sorge,« gab Vogel mit einem
vielsagenden Blick zurück. »Von morgen an
schwöre ich dem Alkohol ab. Heute nacht wirst du ja doch nicht
an die Arbeit gehen wollen – es wäre gar zu
verdächtig, oder?«
    Mit einem Wink gegen Anise hin, ging Engel ohne ein weiteres
Wort hinaus und kurz darauf folgte ihm Anise. Die Nacht war hell und
die Luft für Jahreszeit und Breitegrad ungewöhnlich
mild, aber als Anise dem Kameraden die Hand auf die Schulter legte,
fühlte er, daß dieser zitterte, als ob ihn bis ins
Mark hinein fröstelte.
    »Laß dich doch von dem besoffenen Esel nicht
ins Bockshorn jagen,« bemerkte er.
    Das Lager der Expedition war ein paar hundert Schritte
entfernt. Die weißen Zelte schimmerten im Dunkel und wurden da
und dort von rotem Feuerschein warm angeglüht, denn Holz war
hier in Menge aufgespeichert und man hatte sich's behaglich gemacht.
Ungefähr in der Mitte zwischen Posthütte und
Feldlager blieben die nächtlichen Spaziergänger
stehen.
    »Alterchen,« begann Anise in einem
beschwichtigenden Ton, der beinahe zärtlich klang,
»du solltest dich nicht derart von Gemütsbewegungen
überwältigen lassen. Laß das aufgeregte
Biest doch ausschlagen!«
    Doch Engel schüttelte die Hand, die sich wieder auf
seine Schulter legte, ungeduldig ab.
    »Der Kerl ist ein Kaffer durch und durch,«
fuhr Anise fort, »ein polternder, ungebildeter,
unverschämter Hund. Wenn seine Vermutungen über deine
Absichten richtig wären, würde ich im Grunde wenig
dagegen einzuwenden haben – weit weniger, als wenn sie zum
Beispiel mir gälten.«
    Engel suchte sich in der Dunkelheit über den
Gesichtsausdruck
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