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Die Jagd nach dem Meteore

Die Jagd nach dem Meteore

Titel: Die Jagd nach dem Meteore
Autoren: Jules Verne
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vielleicht mit Bedauern lesen wird, das seine Achtung vor der historischen Wahrheit den Verfasser aber so zu schreiben genötigt hat, wie es dereinst in den astronomischen Annalen verzeichnet stehen wird.
    Die einzelnen Ausrufe verschmolzen zu einem einzigen Aufschrei, zu einem schrecklichen Gebrüll, das aus der Menge hervorbrach, als die große Goldmasse zu erzittern anfing.
    Alle Blicke richteten sich nach derselben Seite. Was ging hier vor? War man das Opfer einer Sinnestäuschung gewesen oder hatte sich das Meteor wirklich bewegt? Wenn das der Fall war, was war dann die Ursache dazu? Neigte sich da nicht der Erdboden allmählich, so daß der unermeßliche Schatz in den Abgrund hinabzugleiten drohte?
    »Das wäre ein merkwürdiger Ausgang dieser Geschichte, die die ganze Welt in Aufregung gesetzt hat, bemerkte Mrs. Arcadia Walker.
    – Ein Ausgang, der vielleicht gar nicht der schlechteste wäre, meinte Mr. Seth Stanfort.
    – Nein, sogar der allerbeste,« ließ sich Francis Gordon vernehmen.
    Und wirklich, hier lag keine Täuschung vor: die Feuerkugel glitt langsam nach der Seite des Meeres hinunter. Kein Zweifel, der Erdboden gab allmählich weiter nach. Wenn diese Bewegung fortdauerte, mußte die goldne Kugel bald bis zum Rande des Plateaus rollen und dann in die Tiefen des Meeres stürzen.
    Das rief eine allgemeine Bestürzung hervor, der sich etwas wie Verachtung des Erdbodens beimischte, der nicht würdig wäre, eine so kostbare Last zu tragen. Welch ein Jammern und Wehklagen, daß der Niederfall auf dieser Insel stattgefunden hatte und nicht auf der unerschütterlichen Basaltuferwand Grönlands, wo diese Tausende von Milliarden nicht bedroht gewesen wären, der menschlichen Habgier zu entgehen!
    Ja, es glitt abwärts, das Meteor. Vielleicht war es nur eine Frage von Stunden, noch weniger, nur von Minuten, bis das Plateau unter der ungeheuern Last vollends zusammenbrechen würde.
    Welch herzerschütternden Weheruf hatte aber unter dem allgemeinen, durch das sichtlich bevorstehende Unglück hervorgerufenen Geschrei erst der arme Herr von Schnack ausgestoßen! Vorbei diese nie wiederkehrende Gelegenheit, sein Land mit Milliarden zu überschütten, vorbei die glänzende Aussicht, alle Grönländer zu steinreichen Leuten zu machen!
    Was Mr. Dean Forsyth und den Doktor Hudelson anging, hatte man alle Ursache, für deren Verstand zu fürchten. Die streckten verzweifelt die Arme empor und riefen um Hilfe, als ob es jemand möglich gewesen wäre, eine solche zu gewähren.
    Eine deutlichere Bewegung der Feuerkugel genügte dann dazu, daß sie völlig den Kopf verloren. Ohne an eine Gefahr zu denken, stürmte der Doktor Hudelson, der die Wachpostenkette durchbrach, auf die goldne Kugel zu.
    Er sollte dabei freilich nicht weit kommen. Halb erstickt von der glühheißen Atmosphäre, fing er nach den ersten hundert Schritten an zu wanken und brach gleich darauf wie eine leblose Masse zusammen.
    Mr. Dean Forsyth hätte ja darüber zufrieden sein können; das traurige Ende seines Mitbewerbers hätte doch mit einem Schlage auch jede Rivalität beendigt. Doch noch mehr als ein leidenschaftlicher Astronom, war Mr. Dean Forsyth ein kreuzbraver Mann, und der Schreck über den Unfall des andern brachte seine wahre Natur zum Durchbruch. Sein künstlicher Haß verschwand wie beim Erwachen ein böser Traum, und in seinem Herzen lebte nur die Erinnerung an die frühern Tage auf; es war so, wie wenn man, ohne besonders daran zu denken, eine leichte Geste macht. Statt sich über den Tod eines Gegners zu freuen, eilte Mr. Dean Forsyth – das sei ihm gern zur Ehre nachgesagt – dem alten, in Gefahr schwebenden Freunde zu Hilfe.
    Leider standen seine Kräfte nicht im Einklange mit seinem Wagemute. Kaum hatte er den Doktor Hudelson erreicht und war es ihm gelungen, diesen einige Meter zurückzuziehen, als auch er, nun selbst von dem Atem dieses Hochofens erstickt, neben dem andern niedersank.
    Zum Glück war Francis Gordon ihm gleich nachgeeilt und Seth Stanfort hatte nicht gezögert, seinem Beispiele zu folgen, was Mrs. Arcadia Walker nicht ohne schmerzliche Besorgnis bemerkte.
    »Seth!… Seth!« rief sie unwillkürlich, wie entsetzt vor der Gefahr, die ihren ehemaligen Gatten bedrohte.
    Francis Gordon und Seth Stanfort, denen sich noch einige mutigere Zuschauer angeschlossen hatten, mußten, das Taschentuch wegen der unatembaren Luft vor dem Munde, mehr am Boden hinkriechen. Nur mit großer Mühe erreichen sie Mr. Forsyth und den
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