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Die Jagd am Nil

Die Jagd am Nil

Titel: Die Jagd am Nil
Autoren: Will Adams
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langsam die Wand empor. Über Amarna ging die Sonne auf.

Kapitel 57
    I
    Als Knox mit der Taschenlampe unter den sich noch hebenden Vorhang aus Elektrum leuchtete, sah er dahinter unzählige Artefakte verstreut auf dem Boden liegen, die von einer dicken Schicht aus Sand und Staub überzogen waren. Trotzdem strahlten sie eine solche Pracht aus, dass er ihre Materialien erahnen konnte: Elfenbein, Fayence, Alabaster, Leopardenfelle, Muscheln, Halbedelsteine. Und Gold. Überall glänzte Gold.
    Der Vorhang war mittlerweile so weit angehoben, dass sich Lily hindurchzwängen konnte. «Kommen Sie schon», sagte sie und nahm ihm die Taschenlampe wieder ab. Knox packte Gailles Arme und zog sie hinter sich her unter dem Vorhang hindurch in die überfüllte Kammer. Ein schmaler Gang schlängelte sich durch die hoch aufgestapelten Artefakte. Benommen hob er Gaille wieder hoch und versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen. Kerzenleuchter aus Bronze, ein Stab aus Ebenholz, das Modell eines Segelbootes, eine Schlange aus Kupfer, eine Kopfstütze aus Holz, ein Anch-Kreuz aus grüner Jade. Zwei lebensgroße schwarz-goldene Posten auf ewiger Wache, deren Augen aus Lapislazuli ihn streitlustig und herausfordernd anstarrten. Lily lief mit der Taschenlampe an ihm vorbei. Die Artefakte wurden immer prächtiger. Ein in Relief ausgearbeiteter, goldener Streitwagen, der neben einem Doppelthron auf seiner Deichsel ruhte. In einer Nische eine goldene Statue. Eine verzierte Liege, gegen die ein einzelnes Holzruder gefallen war. Schalen mit Rubinen und Smaragden. Knox prallte gegen Lily, und sie trat einen Schritt zur Seite und leuchtete mit der Taschenlampenach vorn, damit er sehen konnte, warum sie stehen geblieben war. Mit Elektrum überzogene Stufen, auf denen zwei Sarkophage aus massivem Gold standen. Knox betrachtete sie mit Ehrfurcht, denn in diesem Moment wusste er, dass die Welt nicht mehr die alte sein würde. Echnaton und Nofretete. Adam und Eva.
    Aber sie hatten keine Zeit, sich mit der Entdeckung zu beschäftigen. Hinter ihnen flackerte Licht auf, eine Maschinenpistolensalve zerriss die Stille. Knox duckte sich und versuchte, in Deckung zu gehen, doch er rutschte aus, und Gaille fiel ihm aus den Armen. Als er sie wieder hochheben wollte, tauchte Khaled auf. Er hatte sich eine Taschenlampe unter die Achsel geklemmt und feuerte aus der Hüfte, sodass Knox gezwungen war, in die Dunkelheit zurückzuweichen und Gaille seiner Gewalt auszuliefern.
    Während Khaled langsam in die Schatzhöhle kam und das Licht seiner Taschenlampe hin und her flackerte, suchte Knox unter den Artefakten nach einem Gegenstand, mit dem er ihn überwältigen konnte. Dann drehte sich Khaled weg, und es wurde wieder dunkel. Knox wusste, dass Grabbeigaben der achtzehnten Dynastie rituelle Gegenstände waren, die den Pharao für die Prüfungen im Jenseits rüsten sollten. Howard Carter und Lord Carnarvon hatten im Grab von Tutanchamun über dreißig Bögen in moderner Kompositbauweise gefunden. Sie hatten sogar einen Dolch aus gehärtetem Gold entdeckt. Was würde er jetzt dafür geben!
    Er tastete blind umher, bemüht, kein Geräusch zu machen. Er berührte eine Statuette und ergriff sie, doch sie bestand aus wurmstichigem Holz und war viel zu leicht für seine Zwecke. Er stellte sie zurück und suchte weiter. Mit den Fingerspitzen streifte er gegen einen kälteren und schwereren Gegenstand. Als ihm klar wurde, was es war, schöpfte er neuen Mut: eine Art Zepter, mit dem Pharaonen ihre Feinde zu schlagen pflegten. Knox konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Das war schon eher geeignet.

II
    Nachdem Nasser erst einmal zu reden begonnen hatte, war er kaum noch zu stoppen. Er wollte Naguib alles erzählen, und alles auf Khaled abwälzen.
    «Der Weg?», schrie Naguib ihn an. «Wo ist dieser verdammte Weg?»
    Nasser zeigte es ihm. Naguib lief los und leuchtete mit seiner Taschenlampe über die Kante. Ihm stockte der Atem, als er sah, dass jeder Fehltritt den Absturz bedeuten würde. Doch er verlor weder die Nerven noch sein Gleichgewicht. Schließlich gelangte er über den tückischen, rutschigen Kalkstein zu dem Felsvorsprung mit dem Eingang des Grabmals. Blindlings lief er durch den Gang bis zum Rand des Schachts. Von unten hallte eine Maschinenpistolensalve hinauf. Es klang weit entfernt.
    An einem Eisenhaken im Boden hing ein Seil. Er packte es und ließ sich über den Rand hinab. Eine weitere Salve ertönte. Immerhin war es noch nicht vorbei, er hatte noch
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