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Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Titel: Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum
Autoren: Andrea Schacht
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Weihnachten mit Plüsch und Plunder
     
     
    1. Weihnachtsduft
     
    I ch liebe Weihnachten. Vor allem der Geschenke wegen. Allerdings nicht wegen der Gaben, die ich selbst erhalte. Nein, ich liebe es, schöne Dinge so zusammenzustellen, dass sie einander in ihrer Wirkung ergänzen und ein stimmungsvolles Bild ergeben. Diese Leidenschaft habe ich schon als Kind entwickelt, und Tante Juliane hat sie mit großem Vergnügen gefördert. Sie sagte, eine schöne Dekoration helfe den geplagten Menschen, die glücklich aufseufzend zu einem wirklich passenden Präsent greifen und damit dem Weihnachtsstress ein wenig entkommen. In ihrem Antiquitätenladen habe ich meine schönsten vorweihnachtlichen Stunden verbracht. Was hatte sie nicht alles in ihrem Fundus! Handbemalte Christbaumkugeln aus dem vorigen Jahrhundert, silberne Kerzenleuchter mit blinkenden Kristallgehängen, kleine Spieluhren, die Weihnachtslieder klimperten, liebevoll geschnitzte Engelchen mit Spanholzlocken, Modeln für Spekulatius und vieles mehr fand sich in ihren unordentlichen Lagerräumen. Sie zeigte mir, wie man aus immergrünen Zweigen Girlanden flocht, so wie sie früher gerne über die Türen und Kaminegehängt wurden. Wir stellten phantasievolle Gestecke aus Stechpalmen und alten Parfümflakons her, dekorierten alten Granatschmuck in Tannenreisern, und in einem Korb mit Mistelzweigen hingen wir alte Perlenohrringe. In einem kleinen Weihnachtsbaum klingelten Porzellanglöckchen, und Rauschgoldengel schwebten lächelnd in den Zweigen, vergoldete Pinienzapfen hingen an farbenfrohen Bändern von einer knorrigen Rebwurzel, Sterne aus geschliffenem Kristall funkelten auf Samtkissen, und feinstes, altes Leinen mit gestickten Weihnachtsmotiven drapierten wir über Sandelholztischchen.
    Von Tante Juliane lernte ich zudem, aus Seidenpapier und Unmengen von goldenen, grünen und roten Bändern prachtvolle Verpackungen zu zaubern. Aus getrockneten Orangenschalen, Zimtstangen und Nelken konnte ich bald duftende Potpourris herstellen, die wir in antike Silberschalen füllten. Daneben aber wies sie mich auch in die Kunst der Bratapfelzubereitung und des Glühweinkochens ein, so dass wir unsere Kunden mit diesen kleinen Leckereien verwöhnen konnten. Die Leute dankten es ihr, indem sie ihren Freunden und Bekannten von dem originellen Antiquitätengeschäft vorschwärmten. Und so kamen natürlich auch nach den Feiertagen Neugierige vorbei, die sich für die wundervollen alten Dinge interessierten, die sie mit so viel Geschick zusammenstellte.
    Und noch eines verdankte ich Tante Juliane – meine Liebe zu Katzen. Denn solange ich denken konnte, warimmer eines dieser sanften, klugen und liebevollen Tiere ihr Begleiter.
    Meiner Kindheit und Jugend war ich inzwischen entwachsen, Ausbildung und Beruf hatten mich fortgeführt aus Tante Julianes Zauberhöhle, und der Kampf um Aufstieg und Anerkennung hatte mich von der traulichen Weihnachtsstimmung entfernt, die ich immer bei ihr empfunden hatte.
    Bis ich die Botschaft von ihrem plötzlichen Tod erhielt.
    2. Staubige Ecken
     
    Schneiders Anti uitäten
stand über dem blinden Schaufenster. Das S hing schief herunter, das q fehlte, und das ä würde sich auch bald verabschieden. Ein verblichener Vorhang, einst grün und orange gemustert, war vor die Auslage gezogen, an der Ladentür, deren Lack ebenfalls recht antiquiert wirkte, hatten sich schmierige Hamburger-Tüten und ein paar Orangenschalen versammelt.
    Ich betrachtete die Schlüssel in meiner Hand und seufzte. Es war wohl auch meine Schuld. Zwei Jahre lang hatte ich mich kaum um meine Patin gekümmert. Dabei verdankte ich ihr viel. Nun war sie tot, unerwartet und schnell war sie gestorben, und ich hatte Haus und Laden geerbt. Juliane Schneider war das gewesen, was man guten Gewissens eine schrullige, alte Tante nennen konnte.Die Formulierung in ihrem Testament bestätigte das nur:
Kümmere Dich gut um meinen Plunder!
, hatte sie angeordnet.
    Das sollte ich dann jetzt wohl endlich tun.
    Die Türangeln gehörten geölt, das melodische Glockenspiel, das früher die Kunden mit einem fröhlichen Klingklang begrüßt hatte, war verschwunden, und eine muffige, staubige Luft brachte mich erst einmal zum Niesen. Drei Wochen lang hatte niemand den Laden betreten, nur die darüberliegende Wohnung war von einer Nachbarin aufgeräumt worden. Mich hatte die Nachricht von Tante Julianes Tod und dem Erbe nach meiner wütenden Flucht nach Teneriffa erst vergangene Woche erreicht, sonst
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