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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman
Autoren: Elizabeth Haran
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verzweifelt ihre Augen.
     
    Ein Geräusch schreckte Amelia aus ihrem Dämmerschlaf auf. Es hörte sich wie ein Stöhnen an. Verwirrt blickte sie sich um. »Ist da jemand?«, rief sie zaghaft. Sie wagte kaum zu hoffen, dass sie vielleicht doch nicht allein war. Als sie im Wasser ringsum niemanden entdecken konnte, erkannte sie, dass das Geräusch von der anderen Seite des Felsenriffs kommen musste.
    »Hier drüben«, antwortete plötzlich jemand. Obwohl in diesem Moment eine Welle gegen die Felsen krachte, war Amelia sicher, eine Frauenstimme erkannt zu haben.
    »Lucy?«, rief sie voller Hoffnung. »Bist du das, Lucy?«
    »Nein«, erwiderte Sarah, die erkannte, dass die Frau auf der anderen Seite des Felsenriffs nur Amelia Divine sein konnte. Würde sie sonst nach Lucy fragen?
    Amelia blickte wieder aufs Meer hinaus. Sie hoffte inständig, dass Lucy überlebt hatte, doch im tiefsten Innern wusste sie, wie unwahrscheinlich das war. Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie fragte sich, weshalb Gott sie zum zweiten Mal vor dem sicheren Tod gerettet hatte. Hätte sie sich damals, als ihre Eltern und ihr Bruder Marcus in der Kutsche von einem umstürzenden Baum erschlagen worden waren, nicht unwohl gefühlt und wäre zu Hause geblieben, wäre sie mit ihnen gestorben. Hätte sie sich nicht im Rettungsboot befunden, wäre sie mit der Gazelle untergegangen.
    Sie schaute aufs Wasser hinunter. Es begann, merklich zu steigen. »Die Flut kommt!«, rief sie und starrte zum Ufer. Der bloße Gedanke, sich schwimmend an Land retten zu müssen, ließ sie schaudern. Sie war keine gute Schwimmerin und fürchtete, von einem Hai attackiert zu werden.
    Ein Kopf schob sich um den Felsen herum. Amelia fiel ein Stein vom Herzen, als sie die Frau erblickte, doch Sarah, die an Lucy dachte, funkelte sie zornig an.
    »Sind Sie allein?«, fragte Amelia. »Gibt es noch andere Überlebende?«
    »Ich glaube nicht. Ich habe nur eine Leiche gesehen, wahrscheinlich einer der Matrosen.« Der Tote hatte eine klaffende Kopfwunde gehabt; Sarah nahm an, dass er gegen die Felsen geschleudert worden war. Blinzelnd schaute sie zum Ufer hinüber. »Was ist das da auf dem Sand?« Sarahs Augen brannten vom Salzwasser und sie konnte deshalb nur dunkle Schemen erkennen, von denen einige sich bewegten.
    »Seelöwen«, antwortete Amelia.
    »Werden sie uns etwas tun?« Sarah hatte keine besonders gute Schulbildung.
    »Das glaube ich nicht, aber soviel ich weiß, dienen sie den Haien als Nahrung.« Ängstlich schaute Amelia sich um. »O Gott, wenn die Flut kommt, werden die Haie uns holen!«, jammerte sie.
    »Halten Sie endlich den Mund!«, fuhr Sarah sie an. »Hysterisch zu werden hilft uns auch nicht weiter.«
    »Was fällt Ihnen ein, mir den Mund zu verbieten!«, schluchzte Amelia.
    »Ich werde jetzt ans Ufer schwimmen«, sagte Sarah entschlossen. »Kommen Sie mit?«
    »Nein! Die Haie …«
    »Wie Sie wollen.«
    »Wagen Sie es ja nicht, mich allein zurückzulassen!«, herrschte Amelia sie an.
    »Wollen Sie sich bis in alle Ewigkeit an diese Felsen klammern? Uns bleibt gar nichts anderes übrig, als an Land zu schwimmen, wenn wir uns in Sicherheit bringen wollen.« Sarah verspürte nicht die geringste Lust, Amelia zu helfen, zumal sie Lucy auf dem Gewissen hatte, doch ihr graute davor, allein zum Ufer zu schwimmen.
    Amelia ließ ihre Blicke ängstlich übers Wasser schweifen. Plötzlich stieß sie einen gellenden Schrei aus. »O Gott! Ich habe einen Hai gesehen!«, kreischte sie, die Augen vor Schreck weit aufgerissen. »Haie! Sie umkreisen uns!«
    Sarah sah sich um, konnte aber keine der gefürchteten dreieckigen Rückenflossen entdecken. Sie blickte zum Strand hinüber. Zwei Robben verließen fluchtartig das Wasser. Vielleicht sagte Amelia doch die Wahrheit. Dann wäre es tatsächlich viel zu gefährlich, ans Ufer zu schwimmen. Aber hatten sie eine Wahl?
    »Die Flut kommt«, bemerkte Sarah. »Wir können nicht hier bleiben, sonst werden wir von den Felsen gespült.«
    Amelia schüttelte schluchzend den Kopf. Sie zitterte vor Angst und Kälte. Graue Wolken bedeckten den Himmel, kein Sonnenstrahl wärmte die Luft, und es wehte ein eisiger Wind.
    Wieder glitten Sarahs Blicke aufmerksam übers Wasser. Hätte Amelia nichts von einer Haiflosse gesagt, wäre sie schon unterwegs zum Ufer.
    »Vielleicht hat der Leuchtturmwärter uns gesehen und kommt uns zu Hilfe«, meinte Amelia hoffnungsvoll.
    »Dann wäre er längst hier. Es ist doch schon eine ganze Weile
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