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Die indische Erbschaft

Die indische Erbschaft

Titel: Die indische Erbschaft
Autoren: Horst Biernath
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gebrochenen Mann, dem ein Speichelfaden aus dem Munde lief und dem die Brille aus der Hand gefallen war, wobei ein Glas zersplitterte. Der Taxichauffeur brachte ihn in die Hotelhalle und ließ sich das Fahrgeld vom Portier geben. Der Geschäftsführer stürzte herbei, suchte seine deutschen Sprachbrocken zusammen und fragte Wilhelm Ströndle, ob er einen Unfall gehabt hätte. Fast sah es so aus, als ob er von einem Wagen gestreift und zu Boden geschleudert worden sei. Der Portier flüsterte dem Geschäftsführer etwas ins Ohr, und der übersetzte so gut es ging, daß Fräulein Wendend das Warten zu lang geworden sei und daß sie ihn im Grillraum des Hotel Ritz erwarte. Aber on diesem Zustand sei es wohl besser für ihn, wenn er sein Bett auf suchen würde. Und ob er einen Arzt wünsche? Und das sagte er auf englisch und deutsch, um den Gästen in der Halle klarzumachen, daß es sich bei Mr. Ströndle um eine Krankheit und nicht etwa um Volltrunkenheit am Vormittag handle, was man, wenn man den Autounfall für unwahrscheinlich hielt, leicht annehmen konnte.
    Wilhelm Ströndle kam langsam wieder zu sich.
    „Ich bin auf der Straße ohnmächtig geworden“, sagte er mühsam und dankbar dafür, daß er verstanden wurde, „geben Sie mir meine Rechnung, und sorgen Sie bitte für eine Taxe. Ich muß eiligst zum Flugplatz und nach Deutschland zurück.“
    Der Geschäftsführer stützte ihn und begleitete ihn in seine Zimmer und war ihm beim Packen des Koffers behilflich: „Wenn Sie die Wäsche wechseln wollen — bitte, genieren Sie sich nicht vor mir, Sie brauchen Hilfe...“Er nahm sie an, denn seine Hände zitterten so sehr, daß er nicht imstande gewesen wäre, einen Knopf zu schließen. Er wusch sich das Gesicht und die Brust, und ihm wurde ein wenig wohler.
    „Es war doch hoffentlich kein Schlaganfall..
    „Nein, nein, es geht mir schon besser — ich danke Ihnen.“
    Er stopfte das gebrauchte Hemd zuoberst in den Koffer und ließ sich in die Jacke helfen. Ein Boy meldete, daß der Wagen vorgefahren sei, und nahm das Gepäck auf. Im Büro zahlte er seine Rechnung, er sparte nicht mit den Trinkgeldern. ,Hat der Teufel die Kuh geholt, dann soll er auch das Kalb holen!’ dachte er grimmig, als er dem Portier eine Pfundnote überreichte. Er sah noch immer sehr blaß aus, aber die Beine gehorchten ihm wieder.
    „Wissen Sie, wann das Flugzeug nach Frankfurt startet?“
    „Um fünf, Sir. Wenn Sie wünschen, rufe ich den Flughafen an, damit man Ihnen einen Platz reserviert, während Sie nach Croydon unterwegs sind.“
    „Ich bitte darum.“
    Der Geschäftsführer begleitete ihn durch die Halle zur Tür, die ein Page aufriß. „Verzeihen Sie noch eine Frage, Mr. Ströndle — soll ich Miss Wendland etwas ausrichten?“
    Er befeuchtete sich die Lippen, die spröd und rissig waren: „Ja — bestellen Sie Miss Wendland bitte, daß sie Stanton Grey heiraten soll.“
    „Wen?“ fragte der junge Mann verblüfft.
    „Mr. Stanton Grey, aber es kommt auf den Namen nicht an, sie wird schon wissen, wen ich meine.“
    Er setzte sich in den Wagen und der Chauffeur warf den Schlag zu.

    Helmuth Krönlein hob sein Glas gegen Martha und gegen Charlotte. Er hatte zwei Flaschen Iphöfer Julius Echterberg mitgebracht, und sie waren schon bei der zweiten.
    „Ich finde, Mama, du könntest zu meinem Helmuth ruhig du sagen. In vier Wochen ist es ja doch soweit. Unsere Papiere sind in Ordnung, und morgen melden wir uns beim Standesamt und beim Pfarrer an.“
    „Die Hauptsache ist, ihr habt auch diese Papierchen!“ meinte Martha und rieb den Daumen gegen den Zeigefinger.
    „In rauhen Mengen!“ sagte Helmuth Krönlein und klopfte gegen seine Brieftasche. Er hatte in den letzten Tagen einen einträglichen Vertrag mit einem Kino gemacht, ein Jahr lang die Reklameplakate zu malen. Es war so gut wie eine Rente.
    „Also Helmuth“, rief Martha, der der Wein schon ein wenig ins Krönlein gestiegen war, „dann gib mir mal einen schönen Kuß!“
    „Ist das so üblich zwischen Schwiegermutter und Schwiegersohn?“ fragte Charlotte eifersüchtig.
    „Mit ‘nem Kuß oder überhaupt nicht!“ sagte Martha streng.
    „Ich bin auch sehr dafür!“ meinte Helmuth, „und es wäre überhaupt eine Schande, eine so junge und hübsche Schwiegermama nicht zu küssen.“
    Er kam mit seinem Glas um den Tisch, trank mit Martha auf du und gab ihr einen herzhaften Kuß.
    „Ach Kinder, das war gut!“ seufzte sie.
    „Weißt du, Mama“, rief Charlotte,
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