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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden
Autoren: Ursula Neeb
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noch einen schönen Abend. Beim Hinausgehen ruhten ihre betörenden Katzenaugen ein paar Sekunden lang nachdenklich auf Bernhard, und der Gelehrte musste sich eingestehen, dass er ihren Galan um die Nacht mit diesem Ausbund an weiblicher Grazie glühend beneidete.
    Unterwegs in den menschenleeren, verschneiten Gassen, verzichteten Ursel und Bernhard darauf, einander unterzuhaken. In dumpfem Schweigen liefen sie nebeneinanderher wie zwei Menschen, die sich nichts zu sagen haben.
    Die Stimmung zwischen ihnen war noch immer gereizt, als sie Bernhards Wohnhaus in der Neuen Kräme betraten. Allen beiden schnitt die ungewohnte Missstimmung, die sich einfach nicht auflösen wollte, gehörig ins Herz.
    Schließlich verschaffte sich Ursel auf ihre direkte Art Luft und raunzte ärgerlich und so laut, dass es durch die dunkle Diele hallte: »Jetzt reicht es mir aber! Welche Laus ist dir denn nur über die Leber gelaufen?«
    Bernhard antwortete nicht, sondern schwieg nur betreten, was die Hurenkönigin noch mehr aufbrachte.
    »Du bist ja der reinste Stockfisch heute! So kenne ich dich ja gar nicht«, stieß sie hervor, und vor Erbitterung kamen ihr die Tränen.
    Anstelle einer Erwiderung wandte sich der Gelehrte brüsk ab und begab sich in die Wohnstube, wo er schweigend Holz auf die noch schwelende Glut des Kaminfeuers legte und Kerzen anzündete. Dann ließ er sich am Tisch nieder, ergriff den Weinkrug und füllte einen Becher, den er in großen Zügen leerte.
    Die Hurenkönigin stand in der Tür und starrte ihn konsterniert an. »Was ist denn nur mit dir los?«, entrang es sich ihr mit tränenerstickter Stimme.
    »Kannst du dir das nicht denken?«, knurrte Bernhard düster.
    »Ist es wegen Alma?«, fragte Ursel. »Was hast du bloß gegen sie?«
    Bernhard presste erbittert die Lippen zusammen. »Was ich gegen sie habe? Das fragst du auch noch! Sie hat mir den ganzen Abend verdorben!« Er fixierte Ursel wütend. »Und du warst daran auch nicht ganz unbeteiligt, denn wenn ich mich recht entsinne, hatten wir beide eine Verabredung!«
    »Was soll denn das heißen?«, fragte die Hurenkönigin erzürnt. »Erwartest du im Ernst von mir, dass ich Alma mitten im Gespräch einfach sitzenlasse, sobald mein Herr und Gebieter kommt?«, sagte sie sarkastisch. »Ich wusste ja gar nicht, dass du ein solcher Despot bist!« Sie schüttelte den Kopf.
    »Und ich wusste nicht, was für eine Ignorantin du sein kannst«, stieß Bernhard zwischen den Zähnen hervor und trat ans Kaminfeuer.
    »Also wirklich, mit dir ist heute überhaupt kein Auskommen!«, klagte die Hurenkönigin.
    »Du kannst ja gehen, wenn es dir nicht passt.« Bernhard streifte sie mit einem leeren Blick.
    Ursel sprang auf. »Du liebst mich nicht mehr!«, brach es aus ihr heraus. »Offensichtlich bin ich dir gleichgültig geworden!«
    »Ich bin momentan nicht in der Stimmung, Liebesschwüre abzulegen«, erwiderte Bernhard kühl und schenkte sich noch Wein nach.
    »Darauf kann ich auch gerne verzichten!«, schrie Ursel erbost, knallte die Tür hinter sich zu und stürmte aus dem Haus.
    Während die Hurenkönigin Kleid und Unterkleid auszog und ihr Nachtgewand überstreifte, berichtete sie Alma von der unerfreulichen Szene, die sich gerade in Bernhards Haus abgespielt hatte.
    »Ich weiß auch nicht, was heute mit ihm los war. So kenne ich ihn eigentlich gar nicht, so verstockt und sauertöpfisch. Aber so, wie er sich eben gebärdet hat, kann er mir erst mal gestohlen bleiben!« Mit einem wütenden Schnauben kroch sie neben Alma unter die Daunendecke.
    »So geht es mir mit allen Kerlen«, erwiderte Alma mit trockenem Auflachen und legte einen Arm um Ursel. »Komm, mach dir nichts draus, das sind die Mannsbilder doch gar nicht wert.«
    Ursel schwieg einen Moment. Dann murmelte sie nachdenklich: »Bernhard schon. Erst, seit ich ihn kenne, weiß ich, was Liebe ist. Er hat mich schon in unserer ersten Nacht so unsagbar glücklich gemacht.« Sie schluckte ergriffen. »Es war die absolute Hingabe! Ich habe es nie für möglich gehalten, dass mir ein Mann solches Glück schenken kann, und seitdem mochte ich nur noch ihm gehören.«
    Alma schien von Ursels Worten bewegt zu sein, in ihren schräggeschnittenen Augen glitzerten Tränen. Doch dann stieß sie mit bebender Stimme hervor: »Das hat dieser Sack doch gar nicht verdient!«, und ihr scharf geschnittenes Gesicht verhärtete sich vor Abscheu.
    Befremdet erkannte die Hurenkönigin, dass es Wut war, was Almas Augen verschleierte. »Sag so
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