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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden
Autoren: Ursula Neeb
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etwas nicht über Bernhard!«, protestierte sie mit Nachdruck. »Die Liebe zu ihm hat mich mit allen Widerwärtigkeiten meines Lebens versöhnt, und das heißt schon was, das kannst du mir glauben.«
    »Das glaube ich dir ja«, erwiderte Alma unwirsch. »Aber es ist halt, wie es ist: Im Grunde genommen mag ich Männer nicht!« Sie zuckte die Achseln.
    »Das ist in unserem Gewerbe keine Seltenheit«, gab Ursel betreten zurück. »Ich habe noch keine Hure erlebt, der nach einem langen Arbeitstag noch der Sinn nach Kerlen steht.«
    »Mir stand er noch nie danach!«, sagte Alma.
    Ursel musterte sie betroffen. »Das hat dir unser Geschäft aber bestimmt nicht leichter gemacht«, stellte sie fest. »Wie hast du das nur all die Jahre ausgehalten? Ich meine, du bist doch auch schon lange dabei …«
    »Ich habe es als meine naturgegebene Aufgabe betrachtet«, antwortete die ehemalige Frauenhauswirtin ernst. »Im Altertum war es für die Venuspriesterinnen ein heiliges Ritual, das Tier im Menschen zu wecken – und das hat sich auch bis heute nicht geändert.«
    »Das Tier im Menschen wecken, das gefällt mir!«, sagte die Zimmerin lächelnd. »Nichts anderes ist ja die Lendenlust.«
    »Traurig ist nur, dass die Freier heutzutage keine Achtung mehr vor den Liebesdienerinnen haben. Sie gehen nur noch zu den Huren, um sich abzureagieren. Und deswegen sind sie mir auch so zuwider.«
    »Das kenne ich nur zu gut«, erwiderte die Hurenkönigin mit grimmigem Lächeln und erzählte Alma, dass sie sich über viele Jahre hinweg mit opiumhaltigem Theriak betäubt hatte, um die Freier überhaupt ertragen zu können.
    Alma sah sie erstaunt an. »Du stehst auf die Himmelsarznei?«
    »Ich war über viele Jahre hinweg süchtig danach«, erklärte Ursel. »Erst als ich Bernhard kennenlernte, habe ich damit aufgehört. Da war ich so berauscht vor Glück, dass ich den künstlichen Rausch nicht mehr brauchte. Aber letztes Jahr, als die Mädchen so bestialisch ermordet wurden, bin ich noch einmal rückfällig geworden. Es hat mich ganz schön Mühe gekostet, wieder die Finger davon zu lassen. Doch ich habe es hingekriegt, Gott sei Dank. Bernhard hat mir sehr dabei geholfen, und ich habe ihm versprochen, das Teufelszeug nie mehr anzurühren.«
    »So ergeht es den meisten Huren«, meinte Alma. »Die einen saufen, und die anderen betäuben sich mit Drogen, weil sie den Ekel kaum noch aushalten können.«
    »Das stimmt«, sagte die Zimmerin und fügte versonnen hinzu: »Nur bei Bernhard war das anders.«
    Alma verdrehte die Augen. »Bernhard, Bernhard … das scheint ja der reinste Wundermann zu sein«, spöttelte sie. »Nur, wenn er wirklich so toll ist, wärst du jetzt wohl nicht hier.«
    Die Hurenkönigin schwieg betreten. Sie war noch immer tief verletzt von dem Streit mit ihrem Geliebten.
    Verächtlich raunzte die Ulmerin: »Irgendeinen Makel haben die Kerle doch alle. Bei manchen merkt man es jedoch erst, wenn es schon zu spät ist und sie dir kaltlächelnd in den Arsch treten, nachdem sie dir das Herz gebrochen haben.«
    »Und wie war das mit dem Vater von Irene?«, wollte die Hurenkönigin wissen und blickte die Freundin forschend an. »Hat er dir etwa auch das Herz gebrochen?«
    Alma verzog hämisch die Mundwinkel. »Dass ich nicht lache! Der war für mich nichts anderes als ein Deckhengst, genau wie damals bei den Amazonen. Ich wollte unbedingt ein Kind bekommen – eine Tochter.«
    Ursel runzelte die Stirn. »Eine Tochter? Aber wie konntest du dir da so sicher sein? Ich meine, es hätte ja auch ein Junge werden können …«
    Alma schüttelte energisch den Kopf. »In unserer Familie nicht. Wir gebären seit Generationen nur Mädchen«, bemerkte sie stolz und musterte Ursel eindringlich.
    Als die Rathausuhr unvermittelt die Mitternacht anschlug, waren beide Frauen erstaunt darüber, dass es schon so spät war. Sie löschten die Lichter und drehten sich zum Schlafen um.
    Ursel war jedoch viel zu aufgewühlt, um einschlafen zu können. Immer wieder musste sie an den Streit mit Bernhard denken, und auch das Gespräch mit Alma ging ihr nicht aus dem Sinn. Unruhig wälzte sie sich im Bett hin und her. Am liebsten wäre sie aufgestanden, hätte sich angezogen und wäre zu Bernhard geeilt. Doch die Fronten zwischen ihnen waren derzeit so sehr verhärtet, er würde sie bestimmt nicht mit offenen Armen empfangen.
    »Du kannst nicht schlafen, gell?«, vernahm sie plötzlich Almas Stimme, der ihre Unruhe nicht entgangen war.
    »Ja, mir geht einfach
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