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127 - Das Aruula-Projekt

127 - Das Aruula-Projekt

Titel: 127 - Das Aruula-Projekt
Autoren: Christian Montillon
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Vorsichtig tastete Aruula mit den Fingern über ihre Schläfen und über den Haaransatz hinaus. Nahe ihres Nackens fühlte sie die Ränder einer Wunde, aber der Blutfluss war bereits versiegt. Sie fühlte Schorf zwischen ihren Fingern, doch als sie ihn auf den Kuppen betrachtete, war er nicht dunkelrot wie verkrustetes Blut, sondern schwarz und körnig. Seltsam…
    Jetzt ging sie behutsamer vor. Langsam, den Kopf möglichst ruhig haltend, öffnete sie die Augen und setzte sich auf. Was war mit ihr nur geschehen? Wie lange war sie bewusstlos gewesen?
    Suchend sah Aruula sich um. Karges Land breitete sich hinter den Regenschleiern aus, nur von verkrüppelten Bäumen bewachsen.
    Sie glaubte eine huschende Bewegung am Rand ihres Sichtfelds wahrzunehmen. Sie wandte den Blick, sah jedoch nichts außer einen vom Wind gepeitschten triefnassen Busch.
    »Hallo?«, rief sie. Schon dieses eine Wort bereitete ihrer ausgetrockneten Kehle unendliche Mühe. Neben ihr war eine Pfütze, in der sich Regenwasser gesammelt hatte. Vorsichtig fuhr sie mit der geöffneten Hand hinein und brachte etwas Wasser an ihre Lippen. Sie nahm einen Schluck und fühlte, wie gut es ihr tat.
    Niemand antwortete auf ihren Ruf. Doch sie war sich sicher, etwas gesehen zu haben: eine menschliche Gestalt. Eine schlanke Frau, die hinter einigen dichter stehenden Bäumen mit grauer, aufgesprungener Rinde verschwunden war.
    Aruula erhob sich, während der Regen endlich nachließ. Das Unwetter zog weiter. Langsam näherte sie sich der kleinen Baumgruppe. Von Sekunde zu Sekunde verringerte sich der Schmerz in ihrem Kopf. Die Bewegung tat gut, vielleicht hatte sich eine Verspannung gelöst.
    Als sie an den ersten Stamm heran trat, drang ein unartikuliertes Stammeln an ihre Ohren. Es war eine weibliche Stimme.
    Sie spannte sich an. »Komm heraus«, sagte sie, wie zu einem Kind. Sie glaubte nicht, dass ihr Gefahr drohte, wer auch immer sich dort verborgen hielt.
    Dann sprang sie vor und konnte unvermittelt in das Versteck der Frau blicken.
    Aruula stockte der Atem, ihre Pupillen weiteten sich ungläubig. Trotz ihrer sonst so schnellen Reaktionsgabe war sie für einen Moment gelähmt.
    »Uuuu…uu-la«, drang es kehlig über die Lippen der Frau mit den blauschwarzen, schulterlangen Haaren. Dann wirbelte sie herum und rannte davon.
    Wie paralysiert starrte Aruula der Entschwindenden nach, unfähig, ihr zu folgen.
    Denn sie hatte sich selbst gesehen.
    ***
    »Was geschieht hier?«, hauchte Aruula atemlos, ohne zu bemerken, dass sie die Worte tatsächlich artikulierte und nicht nur dachte.
    Dann rief sie sich zur Ordnung.
    Sie musste sich getäuscht haben. Diese Frau besaß eine gewisse Ähnlichkeit mit ihr, ja, aber sie war doch nicht ihr Ebenbild! Ihre überreizten Nerven mussten ihr einen Streich gespielt heben.
    Oder… hatte sie sich die Begegnung nur eingebildet?
    Erst jetzt kam Aruula zu Bewusstsein, dass sie die Präsenz der Anderen nicht erlauscht hatte. Normalerweise spürte sie die Gegenwart anderer Menschen. Dass ihr Lauschsinn stumm geblieben war, konnte nur eines bedeuten: Es hielt sich keine Person in ihrer Nähe auf.
    Aruula war über alle Maßen verwirrt.
    Wie war sie überhaupt hierher gekommen? Wie hatte sie sich die Wunde an ihrem Hinterkopf zugezogen? War sie in einen Kampf verwickelt worden?
    Und – sie erschrak bei dieser Überlegung – wo war Maddrax? Irgendetwas musste mit ihm geschehen sein, denn wäre er sonst nicht bei ihr gewesen? Er würde sie nicht einfach hier zurücklassen. Angst stieg in ihr hoch.
    »Gib mir dein Blut!«, sagte eine tiefe Stimme neben ihr.
    Aruula zuckte mit einem Schrei zur Seite. Wo kam der Mann plötzlich her? Sie hatte ihn nicht kommen hören. All ihre Instinkte hatten versagt.
    Sie starrte die ausgezehrte Gestalt mit dem eingefallenen, fahlen Gesicht an. Ein Nosfera!
    Mit neuem Schrecken dachte sie an ihr Schwert, das sie bei der Stelle, an der sie erwacht war, hatte liegen lassen. Sie schalt sich eine Närrin, dass sie es nicht mitgenommen hatte.
    Aruula wich einen Schritt zurück. »Wer bist du? Wo kommst du her?«
    »Das tut nichts zur Sache.« Der vertrocknete Mann sprach mit kratziger Stimme. Beißender Gestank schlug ihr aus seinem Mund entgegen. Seine skelettartigen Hände öffneten und schlossen sich in langsamem Rhythmus. »Ich will dein Blut trinken; das ist alles, was zählt. Wenn du es mir freiwillig gibst, lasse ich dich am Leben. Wenn nicht…«
    Sie spürte die Gefahr, die von ihrem Gegenüber
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