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Die Hüter der Nacht

Titel: Die Hüter der Nacht
Autoren: Jon Land
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erreichen. Es war 20 Jahre her, seit er zum letzten Mal während eines Sommerjobs auf einer Baustelle in Dearborn, Michigan, ein solches Fahrzeug gefahren hatte. Aber es war eine viel kleinere Maschine gewesen als diese hier, und er hatte die Ladeschaufel nur nach den Kommandos vom Boss betätigt, statt die gesamte Maschine allein zu manövrieren, ohne von jemandem Anweisungen zu bekommen.
    Der Führersitz befand sich fast vier Meter über dem Boden und ähnelte kaum dem des kleineren Frontladers, den er vor vielen Jahren gefahren war. Doch das Gefährt war sofort angesprungen, und als Ben den Gang eingelegt hatte, reagierte es beinahe wie ein Truck.
    Sein Aussichtspunkt auf dem Führersitz gewährte ihm eine deutliche Sicht auf seine Ziele voraus. Das riesige stählerne Gefährt bewegte sich ruckweise voran, gewann jedoch an Geschwindigkeit.
    Paul Hessler presste weiterhin die Streifen seines Hemds auf Danielles Wunde. Das Blut floss nun langsamer, doch die Blutung hatte nicht aufgehört, und selbst in der Dunkelheit sah Danielle schrecklich bleich aus. Hessler sah, wie sie ein paar Mal die Lippen befeuchtete, um zu sprechen, und neigte sein Ohr zu ihr, um den Worten zu lauschen, die Danielle jedoch nicht hervorbrachte.
    Er musste sie retten, um jeden Preis. Er wollte sie retten, wie ihr Vater ihn gerettet hatte.
    Paul Hessler …
    Das war der Mann, den Danielles Vater gerettet hatte – die Person, die er war. Wenn Piotr Dudek nicht in jener Nacht in der Burg gestorben war, wäre er mit Sicherheit an jenem Tag im Sinai gestorben. Ein Mensch war mehr als ein Name. Hessler hatte viel von seinem Leben Israel geweiht, weil er dieses Land voller Hingabe liebte. Und das würde so bleiben, solange er lebte.
    Seine Identität lag in seinen Taten und Errungenschaften. Er erkannte, dass er sich in der Annahme geirrt hatte, sein Leben als Paul Hessler hätte in jener Nacht begonnen, als er Karl Mundt in der Burg getötet hatte. Stattdessen hatte es in dem Moment begonnen, als er Palästina betreten hatte und der Mann geworden war, der er jetzt war.
    Paul Hessler drückte die Streifen seines Hemdes auf Danielles Wunde und wiederholte Worte der Ermunterung. »Sie und Ihr Baby werden leben! Hören Sie? Ihr beide werdet leben!«
    Tief geduckt auf dem Führersitz des Frontladers sah Ben, wie Franklin Russett verzweifelt zur Seite kroch und die reglose Gestalt von Hans Mundt mit sich zerrte. Dann schlug eine Kugelsalve gegen das stählerne Gefährt. Glasscherben wirbelten Ben entgegen, flogen ihm ins Gesicht und trafen sein linkes Auge. Ben kämpfte gegen den Schmerz an, doch das Auge schloss sich, bis er nur noch auf dem rechten Auge sah.
    Er erinnerte sich, wie ihm sein Ausbilder auf der Polizeiakademie, der Veteran des Marine Corps, einmal erzählt hatte, er habe die Tapferkeitsmedaille bekommen, weil er mitten in ein Feuergefecht gestürmt war und Handgranaten in MG-Nester einer Vietcong-Stellung geworfen hatte – insgesamt vier feindliche MG-Nester, jeweils mit drei Mann besetzt.
    Während Ben trotz der Schmerzen und seiner beeinträchtigten Sicht mit dem Frontlader weiterfuhr, wurde ihm klar, dass er jetzt das Gleiche tat. Er hatte Mühe, mit dem verletzten und zugeschwollenen Auge den Frontlader auch nur in der Spur zu halten.
    Und dann geschah es.
    Es war nicht seine Absicht gewesen, doch der tonnenschwere Frontlader prallte gegen die Suburbans. Die Wirkung des Aufpralls war verheerend. Die großen Autos, Leichtgewichte im Vergleich zu dem gewaltigen Frontlader, überschlugen sich mehrere Male, bis sie in den Zaun krachten.
    Ben sah mit dem unversehrten Auge eine große Frau mit sonderbar bleichem Gesicht, die im letzten Augenblick zurückwich, ihr Gewehr fallen ließ und die Flucht ergreifen wollte. Doch einer der sich überschlagenden Suburbans stürzte auf sie …
    Anna versuchte sich zu bewegen, gab jedoch auf, als sie erkannte, dass sie nicht mehr atmen konnte. Irgendetwas presste gegen ihre Brust, hielt sie gefangen. Sie versuchte den Arm zu heben, doch es ging nicht. Voller Entsetzen bemerkte sie, dass sie unterhalb der Taille nichts mehr spürte.
    Die Taubheit breitete sich nach oben aus.
    Anna Krieger konnte nur noch darauf warten, dass der Tod kam.
    Die drei überlebenden Wächter des Tores hatten sich zu drei Ford Explorern zurückgezogen, die außer Sicht von der Burg parkten. Sie sprangen in den ersten der Wagen und eröffneten das Feuer auf den Frontlader, als Ben durch den Sicherheitszaun brach und auf
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