Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hüter der Nacht

Titel: Die Hüter der Nacht
Autoren: Jon Land
Vom Netzwerk:
schossen, während sie rannten, zogen das Feuer des Feindes auf sich und lenkten ihn von Ben ab.
    Er stolperte zweimal auf den Stufen und rutschte beim zweiten Mal ab. Schließlich erreichte er auf allen vieren kriechend die Mauerkrone. Dort wählte er eine Schießscharte, die fünf Meter vom nächsten Mann entfernt war, und beobachtete, wie der Schütze den Gewehrlauf durch die Öffnung schob. Ben balancierte das Gewicht seiner Waffe aus. Der Rückstoß dürfte kein Problem sein; wenn Ben sich richtig erinnerte, hatte das M-16-Gewehr, mit dem er auf dem Schießstand der Polizei in Detroit geschossen hatte, kaum Rückstoß gehabt.
    Er hockte sich bequemer hin, um leichter durch die Schießscharte spähen zu können, und wartete auf den Angriff des Feindes.
    »Bewegen Sie sich nicht«, flüsterte Paul Hessler und versuchte, Danielle ruhig zu halten.
    »Wir müssen weg hier. Ich muss Ihnen helfen, zu entkommen.« Sie versuchte sich aufzusetzen und hatte das Gefühl, von gezackten, scharfen Zähnen in den Leib gebissen zu werden. Der Schmerz nahm ihr den Atem, und vor ihren Augen schien ein Blitz zu explodieren.
    »Ruhig«, mahnte Paul Hessler. »Nicht bewegen.«
    Danielle spürte, wie sich etwas Warmes auf ihrer Bluse ausbreitete und ihre Hose tränkte. »Ich … bin … getroffen.«
    »Es wird alles gut.«
    »Ich muss Sie hier wegbringen.«
    »Geben Sie mir Ihre Waffe.«
    Danielle ließ sie fallen. Der alte Mann nahm sie.
    »Sie werden die Männer töten müssen«, brachte sie mühsam hervor.
    »Ja«, sagte Hessler. »So etwas tue ich nicht zum ersten Mal.«
    Von seiner Position hoch auf der Burgmauer konnte Ben aus der Vogelperspektive das gesamte Gelände überblicken, das sich vor ihm in der Dunkelheit erstreckte. Mundt und Russett konnte er zwar nicht sehen, doch er hörte sie feuern, als die Wächter des Tores – er zählte acht – vorsichtig zur Burg vorrückten. Mundts und Russetts Kugeln fanden keine Ziele, doch sie hatten die gewünschte Wirkung, denn der Feind konzentrierte sich auf sie, sodass Ben und die anderen Schützen auf der Brustwehr freies Schussfeld auf die Angreifer hatten.
    Ben wartete, bis Russetts Profis das Feuer eröffneten und folgte ihrem Beispiel, als die Angreifer bereits bis auf knapp 50 Meter an die Mauer gelangt waren. Ben zielte sorgfältig und feuerte Schuss um Schuss ab. Das Krachen hallte in seinen Ohren, ging jedoch bald im Stakkato der anderen Schüsse ringsum unter.
    Ben beobachtete, wie Angreifer zusammenbrachen und sich auf dem Boden wanden. Ein paar wollten in Deckung kriechen, wurden jedoch von weiteren Kugeln zurückgetrieben.
    Ben feuerte weiterhin auf die Angreifer, die dem ersten überraschenden Kugelhagel entkommen waren. Je weiter sie sich zurückzogen, desto ungezielter und unkonzentrierter wurden seine Schüsse. Er wünschte sich, er hätte Colonel al-Asis Angebot einer Lektion am Schießstand angenommen. Seine Munition wurde knapp; er zwang sich, ruhiger und disziplinierter zu feuern.
    Er hörte, wie die ausgeworfenen Patronenhülsen gegen die Mauer klirrten, über die Kante rollten und auf die Ebene darunter fielen. Das gleiche Geräusch hatte er vor acht Jahren gehört, als er Patrone um Patrone auf den Wahnsinnigen abgefeuert hatte, der Sekunden zuvor seine Familie getötet hatte. Doch als er damals auf dem oberen Treppenabsatz in seinem Haus stand und die Patronenhülsen die Treppe hinuntergerollt waren, hatte er seine Frau und die Kinder nicht mehr retten können …
    Heute Nacht aber konnte er Danielle und ihr Baby retten.
    Ben legte einen neuen Ladestreifen ein und verfiel beim Feuern in einen sonderbar leichten Rhythmus. Seine Ziele schienen heller zu werden, deutlicher, als er den Blick darauf richtete. Er nahm kaum war, dass er abdrückte, und nur der leichte Rückstoß war eine Bestätigung für ihn, dass eine weitere Kugel abgefeuert war. Neben ihm schossen Russetts Männer pausenlos; die Echos der Schüsse schienen in Bens Schädel widerzuhallen. Sein Nacken war steif und schmerzte, doch er hielt die angespannte Haltung bei und feuerte verbissen weiter.
    Wir können es schaffen …
    Dann hörte er ein Zischen wie das Geräusch eines Feuerwerkskörpers. Ein Lichtstreifen blitzte aus dem Baumgürtel, flog über den eisernen Sicherheitszaun hinweg und raste auf die Burg zu.
    Eine Rakete! Es muss eine Rakete sein!
    Ben duckte sich einen Sekundenbruchteil, bevor das Geschoss rechts von ihm in die Mauer einschlug. Ein Donnerschlag ertönte. Die Steine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher