Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen
Autoren: Pamela Freeman
Vom Netzwerk:
öffnen.«
    »Die Zeremonie hat begonnen«, sagte Arvid. »Können wir ihn austauschen, bevor er stirbt? Kann ich Blut geben?«
    Sie schüttelten unisono den Kopf. Bramble war sich zwar nicht sicher, warum sie so fest davon überzeugt war, doch es war eben so. Wenn das hier funktionieren sollte, dann mussten es Acton und Baluch sein, diejenigen, mit denen alles angefangen hatte.
    »Wir können nur hoffen, dass die Barriere noch einen Tod verkraften kann«, sagte Safred.
    Als Baluch schließlich ohnmächtig wurde, setzte sich Acton auf den Felsen; der Körper seines Freundes lag nun vor ihm. Er stützte Baluchs Kopf und legte die blutende Hand auf die seine, in Reichweite für die Geister.

    Das Greinen war lauter geworden, und die Gestalten füllten nun Brambles halbes Sichtfeld aus. Dabei überzogen die sich windenden Konturen die echte Welt auf seltsame Weise, so als wären sie ein dünner Vorhang, durch den Bramble schauen konnte.
    Die Geister kamen und kamen zu Tausenden.
    Der Anführer von Sakers Armee, ein Geist mit perlenbesetztem Haar, kam als Letzter, als Baluchs Blut fast schon aufgehört hatte zu fließen.
    Er kam widerstrebend, starrte Acton an und stellte sich über Baluch, machte jedoch keine Anstalten, diesen zu berühren. Seine Miene war unergründlich, da die sich darauf spiegelnden Gefühle sich ständig änderten.
    Ash bekam Mitleid mit ihm. »Sprich«, forderte er ihn sanft auf.
    »Ich habe Rache für den Tod meiner Frau geschworen«, sagte er. »Ich dachte, sie würde auf mich warten … Aber das hat sie nicht. Sie ist weitergeschritten.«
    »Vielleicht wartet sie in der Finsternis jenseits des Todes«, tröstete ihn Ash.
    »Ich habe Rache geschworen«, wiederholte er, als sei das die einzige Wahrheit, die er kannte.
    Acton lächelte freudlos. »Noch einer, und er wird sterben. Nimm dein Blut, und du wirst den Freund töten, der mir am liebsten auf der Welt war. Wird dich das befriedigen?«
    Der Mann sah ihm in die Augen, und sein Gesicht kam zur Ruhe. »Ich dachte, Rache sei süß.«
    »Das dachte ich auch«, erwiderte Acton. »Aber sie ist wie vergifteter Honigwein – erst süß und dann ein Dorn in deinem Inneren.«
    Der Geist nickte und streckte den Arm aus, um Baluchs Hand zu berühren. Er schmierte sich das Blut ins Gesicht. »Ich bin Owl. Ich entbinde dich von deiner Schuld«, sagte er.

    Ein Seufzer stieg von den Geistern auf, und Acton legte Baluch zu Boden. Seine Tränen hoben sich schneeweiß von seinem bleichen Gesicht ab. Er kniete sich einen Moment neben den leblosen Körper, die Hand auf Baluchs Brust gelegt. Bramble dachte daran, wie sich ihrer beider Köpfe als Kleinkinder gemeinsam über einer Schüssel Suppe gedrängt hatten, vor eintausend Jahren und einem Leben, und ihre Kehle schnürte sich so zusammen, dass sie kein Wort mehr herausbekam. Sie legte eine Hand auf Actons kalte Schulter.
    Ash trat zu Baluch und schaute Saker zögernd an.
    »Nein«, sagte Acton. »Lasst ihn. Ihr braucht ihn nicht zurückzuholen.«
    Ash nickte und berührte Baluchs Gesicht, so als wolle er sich von ihm verabschieden. Die Geister sahen zu. Einige weinten sogar.
    Jetzt, dachte Bramble. Jetzt werden sie verblassen. Aber das taten sie nicht. Und das Gekreisch der Seelenfresser stieg zu einem triumphierenden Schreien an.

Saker
    »Keine Vergebung«, sagte Alder ausdruckslos, während er Owl angewidert anstarrte. »Niemals.«
    Saker kauerte auf einem Felsen an der Seite. Erschöpft hob er langsam den Kopf. Das Geräusch in seinem Kopf trieb ihn in den Wahnsinn. Natürlich musste sein Vater es ablehnen. Wenn sich ihm eine Gelegenheit bot, Macht auszuüben, konnte er ihr nicht widerstehen. Hatte er denn diese ganzen Geschichten nicht gehört? Hatte er nicht begriffen, was sie bedeuteten?
    Er ging zu seinem Vater. »Wir haben eine Chance, nun endlich Frieden zu finden. Für alle. Gerechtigkeit für die Zukunft. Fairness.«
    »Sie haben dich getäuscht, Junge«, höhnte Alder. »Sobald wir weg sind, werden sie nichts mehr davon wissen wollen, und dann wird alles umsonst gewesen sein, was du getan hast.«
    Saker fühlte sich leer, gelassener als jemals zuvor in seinem Leben. Den Geschichten zu lauschen, hatte ihn verändert, hatte ihm gezeigt, wie viel er mit den anderen gemeinsam hatte. Er war keine Missgeburt, kein Außenseiter. Die Geschichten hatten alle verändert, er hatte es ihren Mienen angesehen. Alle, außer Lord Thegan. Und seinen Vater. Sie waren noch die Gleichen, dachte Saker, Männer, die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher