Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen
Autoren: Pamela Freeman
Vom Netzwerk:
Ich töte meine Liebhaber nicht , sagte sie amüsiert. Sie verlassen mich nie .
    Ash drehte sich um und bemerkte nun Baluch, der bei einer Frau stand, die eine Krücke trug; beide hörten sie einem kleinen Mann mit schmalem Kinn zu, der sie halb trotzig, halb beschämt anschaute: Ich würde es wieder tun. Selbst wenn ich sie töten müsste. Ich würde es wieder tun.
    Wozu war es gut? Worin lag der Sinn? Ich hatte bedient, gearbeitet, war loyal gewesen – und wofür ? Merroc kniete bei einer blonden Frau, die Mitte vierzig war und zu seinem Erstaunen weinte.
    Sie hörten alle zu, und Safred kniete in ihrer Mitte. So viele Geschichten.
    Letzten Endes sind wir Tiere und können nur Fleisch berühren.
    Ich hatte immer so hübsch sein wollen wie meine kleine Schwester. Sie hatte diese natürliche Schönheit einer Wandrerin, dunkel, elegant und geschmeidig.

    Was als Nächstes geschehen wird, kann man nicht sagen. Das habe ich gelernt in jenem Sommer, jenem Winter, als ich sah, wie sie sich veränderte.
    Ein Steinedeuter, an dessen Gürtel ein Beutel hing, trat an Ash heran; es war ein glatzköpfiger Mann ohne Brauen und mit furchtbaren Brandmalen an einer Seite. Er bemerkte den Beutel an Ashs Gürtel und wiegte seinen eigenen in der Hand.
    Der Wunsch, die Zukunft zu kennen, nagt an unseren Knochen, sagte er. Und Ash hörte zu.

Bramble
    Die Geschichten strömten aus ihnen heraus wie Honig, wie Essig, wie Wein, Wasser und Vitriol.
    So viel Leid. So viel Freude. So viele unbeantwortete Fragen. Safred kniete die ganze Zeit und nahm alles in sich auf. Überall im Kreis sanken die Lebenden unter der Last der ausströmenden Gefühle in die Knie. Die meisten weinten oder umklammerten ob so viel geteilten Leids die Brust oder seufzten sehnsuchtsvoll ob jener, die sie verloren hatten.
    Einige Geschichten waren länger als andere, sodass die Stimmen eine nach der anderen verstummten, bis die letzte zum Schluss kam: Ich wünschte, der Gerber wäre noch am Leben gewesen, damit ich es noch einmal mit seinem Zauber hätte versuchen können … Es war Osyth. Zel und Flax standen neben ihr und hörten aufmerksam zu. Tränen liefen ihnen die Wangen hinab, und als sie geendet hatte, streckte sie die Hände zu ihnen aus, und sie gingen zu ihr wie Babys zu ihren Müttern, voller Vertrauen und Liebe.
    Acton berührte Bramble sanft an der Schulter. Die Kälte nahm Besitz von ihr und ließ sie ruhig werden. Dann trat er zu Safred und half ihr auf. Sie geriet ins Stolpern, stand bleich und unsicher auf den Beinen, doch ihre Miene drückte Freude und Erfüllung aus.
    »Ich habe sie alle«, sagte sie voller Staunen. »Ich war leer, und jetzt bin ich wieder voll.«

    Baluch trat neben Acton, holte das Messer aus seinem eigenen Gürtel und ließ es über seiner Hand schweben. Acton zögerte. Er warf Ash einen raschen Blick zu, so als wolle er ihn um Rat bitten. Dann straffte er die Schultern. Bramble hatte schon einmal gesehen, wie er so etwas tat, nämlich als er als junger Mann in der Versammlung das Wort ergriffen hatte. Damals hatte er die Zuhörer überzeugt. Würde es ihm heute auch wieder gelingen?
    Saker wartete. Er wirkte erschöpft. Bramble betete, dass Acton die richtigen Worte finden würde.
    »Ich bin Acton, Herr des Krieges«, verkündete Acton, und in seiner eigenen Sprache klangen die Worte so stark, dass sich ihre Kehle zusammenschnürte. »Ich habe euch gehört. Ich erkenne die Wahrheit eurer Leben an. Und ich sage: Was euch geschehen ist, war Unrecht. Was ihr erlitten habt, hätte nicht geschehen dürfen. Was ihr mit angesehen habt, hätte nie geschehen dürfen. Was ihr verloren habt …« Seine Stimme stockte, als erinnere er sich an die vielen Geschichten, die er gehört hatte. »Die, die ihr verloren habt, hätten bei euch bleiben sollen. Und ich sage zu euch: Was immer ich dazu beigetragen habe, dass diese Dinge geschehen konnten, bereue ich aus tiefstem Herzen. Es tut mir leid, abgrundtief leid.«
    Einige weinten leise, andere senkten den Blick, wieder andere schauten beiseite, als hätten seine Worte einen Teil von ihnen erreicht, der für lange Zeit tief in ihnen verborgen gewesen war.
    Dann blickte Acton rasch auf Baluch, woraufhin dieser vortrat. »Ich bin Baluch, der Vertreter des Herrn des Krieges«, sagte er, wobei sich seine Sängerstimme wie Sonnenlicht ausbreitete. In der Menge entstand überraschtes Gemurmel. »Ich habe an der Landnahme mitgewirkt und bereue meine Taten. Ich erkenne meine Schuld an und biete als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher