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Die Himmelsfestung

Die Himmelsfestung

Titel: Die Himmelsfestung
Autoren: Hubert Haensel
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und parierte lediglich.
    Dann griff Hogun wirklich an. Er war schnell und geschickt, und keiner seiner Hiebe schien überflüssig oder auch nur ungenau gezielt. Rasch fand Mythor heraus, daß diesem Gegner mit gewöhnlichen Mitteln nicht beizukommen war; er schien jede Finte, jeden Ausfall schon im voraus zu ahnen und sich darauf einzustellen. Zudem besaß er den Vorteil eines ausgeruhten Schwertarms, während in Mythors Gliedern noch immer Eiseskälte steckte.
    Mythor zog sich tiefer in das Gewirr der nur noch langsam rotierenden Himmelsuhr zurück. Daß er dabei die sich drehenden Kugeln auf sich zukommen sah, während Hogun ihnen den Rücken zuwandte, war keineswegs Zufall, nur bemühte er sich, mit keiner Regung seinen Triumph erkennen zu lassen.
    Scheinbar verzweifelt setzte er sich zur Wehr. Mit letzter Kraft stach er zu, parierte, setzte seinerseits zum Angriff an, dem Hogun jedoch ebenfalls widerstand. Klirrend prallten ihre Klingen aufeinander. Mythor versuchte, dem Angreifer die Waffe aus der Hand zu wirbeln, verlor dabei jedoch das linkshändig geführte Schwert, und beinahe hätte Hogun ihm den Arm abgetrennt. Mit einem gellenden Aufschrei stürzte Mythor vorwärts. Sein kraftvoll geführter Hieb schmetterte Hoguns Schwertarm ab, und seine Klinge zuckte sofort wieder hoch. Dem Anführer der kalten Krieger blieb keine andere Wahl, als zurückzuweichen. Ein dumpfer Aufprall riß ihn von den Beinen, das Schwert entglitt seinen kraftlos werdenden Fingern. Noch einmal flackerten seine Augen in grellem Feuer auf, bevor sie matt und glanzlos wurden. »Du wirst nicht immer nur siegen«, stieß er röchelnd hervor. »Auch dein Tod steht schon fest.«
    Krachend und mit einem letzten Ruck kam die Himmelsuhr endgültig zum Stillstand. Fingerdick legte sich Eis auf alle beweglichen Teile, und vermutlich würde es Tage dauern, sie wieder in Gang zu bringen.
    Mythor warf einen flüchtigen Blick in die Runde. Er sah nur angespannte Gesichter, in denen sich noch keine Erleichterung abzeichnete. Als er sich gleich darauf wieder Hoguns Leichnam zuwandte, hing der schwarze Umhang schlaff über dem unterarmlangen Dorn. Der Tote schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
    »Wir müssen zum Horn der Vailita und nachsehen, in welche Richtung es weist«, stieß Barborur lautstark hervor.
*
    Ein endloser Strom von Schwärze hing am Firmament. Obwohl die Hammerschläge längst verstummt waren, war das Siegel aufgebrochen. Die im Horn angesammelten Schrecken hatten sich selbst einen Weg gebahnt und stürmten mit Donner und Getöse in die Freiheit. Ein vernichtendes Gewitter tobte über der Himmelsfestung, grelle Blitze zuckten in die Tiefe und wirbelten die letzten Wolkenfetzen durcheinander. Es war unmöglich, sich dem Horn bis auf weniger als zehn Schritt zu nähern. In diesem Bereich herrschte ein Wirbelsturm, der selbst Mauerbrocken mit sich riß, und in der Schutzmauer der Burg klaffte bereits ein mehrfach mannsgroßes Loch.
    »Wir haben versagt«, ächzte Courmin angesichts des entfesselten Chaos, das sich rasch entfernte.
    »Nein«, sagte Barborur, »das haben wir nicht. Sieh genau hin, dann wirst du erkennen, daß das Horn sich gedreht hat. Die Öffnung weist nicht mehr auf den Hinterwald, sondern auf jenen Höhenzug, von dem aus der Herr des Chaos sein Horn erklingen ließ.«
    »Mythor, paß auf!« ertönte eine schrille, sich überschlagende Stimme von irgendwoher. Fast gleichzeitig war schwerer Flügelschlag zu vernehmen, und ein mächtiger Schatten stürzte aus der Höhe herab.
    Instinktiv warf Mythor sich herum und riß seine Klinge hoch. Aber der Vogel des Bösen strich nur dicht über ihn hinweg und verschwand dann krächzend in der Ferne.
    Mythor blickte sich suchend um. »Tildi, wo steckst du?« rief er, überzeugt davon, daß das Wurzelweib ihm die Warnung zugerufen hatte. »Ich habe deine Stimme erkannt.« Er achtete nicht auf die fragenden Gesichter der Kämpfer an seiner Seite.
    »Suche mich nicht«, erklang es schrill. »Ich bin froh, ein so wunderbares Versteck gefunden zu haben.«
    »Komm schon heraus. Oder fürchtest du dich? Die Mangokrieger sind alle tot.«
    »Ich weiß, schließlich habe ich deinen Kampf mitverfolgen können.«
    Vergeblich versuchte Mythor festzustellen, woher die Stimme kam. Aber die verwinkelten Bauwerke verzerrten den Schall. Die Krause Tildi konnte eigentlich überall sein.
    »Ich will mich nicht mit dir streiten.«
    »Und ich habe nicht die Absicht, mich von den Baumkletterern
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