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Die Himmelsfestung

Die Himmelsfestung

Titel: Die Himmelsfestung
Autoren: Hubert Haensel
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das glänzende Metall ein, und mit jedem Schlag und jeder Erschütterung quoll aus der riesigen Öffnung ein Schwall dräuender Schwärze hervor. Es sah aus, als wolle diese Schwärze Gestalt annehmen, während sie sich langsam vom Berggipfel löste und hoch über den Wolken dahintrieb. Die Ausstrahlung von etwas unsagbar Bösem war unverkennbar.
    »Zu spät!« ächzte Courmin. »Wir können das Verhängnis nicht mehr aufhalten, höchstens noch eindämmen.«
    »Aber wir können es vom Hinterwald abwenden.« Barborur warf sich förmlich herum und hetzte davon. Mythor hatte Mühe, ihm zu folgen. Außerdem zögerte er kurz, weil er am Horn der Vailita Hogun erkannt hatte und neben ihm den steifgefrorenen Fryll.
    »Wenn wir die Himmelsuhr in Bewegung setzen«, rief Barborur, »dreht sich damit auch das Horn.«
    Noch wußte keiner, was er meinte. Aber als der Taetz sich dann im vollen Lauf gegen das verschlossene Tor des Rundbaus warf und dieses sich erst zögernd, beim zweiten Versuch mit vereinten Kräften aber splitternd aus der Wand löste und Barborur sich sofort gegen eine der größeren Kugeln des seltsamen, noch starren Gebildes stemmte, wurde jedem klar, daß dieses die Himmelsuhr sein mußte. Endlich erkannte Mythor, daß jede einzelne Kugel einem der am nächtlichen Firmament fest verankerten Sterne entsprach, und die Sichel mochte der Mond sein, der die Welt umkreiste.
    Mond? Er erschrak über seine eigenen Gedanken. Er wußte, daß dieses große, kalte Licht die Welt begleitete, hatte es aber durch den Dunst über dem Hinterwald noch nicht gesehen. War dies ein winziges Bruchstück seiner verloren geglaubten Erinnerung?
    Doch da waren weitere Sicheln.
    Einzeln oder in Gruppen umkreisten sie etliche Kugeln in einem Abstand von kaum wenigen Fingerbreit. Mythor konnte sie nicht einordnen, ebensowenig wie die unzähligen seltsamen Auswüchse, die von den meisten dieser Gebilde ausgingen. Sie mochten Symbole eines fremden Volkes sein, deren Bedeutung nicht einmal den Taetzen bekannt war. Unterarmlang, gebogen oder gerade, liefen sie meist in nadelscharfen Spitzen aus.
    »Schiebt!« keuchte Barborur. »Macht, daß die Himmelsuhr sich dreht!«
    Ächzend und krachend setzte das gewaltige Gebilde sich in Bewegung. Mythor erhaschte einen flüchtigen Blick auf den Mechanismus. Ein großes, horizontal angelegtes Zahnrad setzte eine Vielzahl kleinerer Räder und Schwunghebel in Gang, die sich auf gebogenen Schienen fortbewegten. Wenn erst einmal jedes Teil lief, mußte es ein heilloses Durcheinander geben. Und dennoch herrschte eine unumstößliche Ordnung. Nicht eine Kugel würde mit einer anderen zusammenstoßen. Alles begann zu rotieren, sich zu drehen. Ein von den Zahnrädern ausgehendes Knistern und Knacken erfüllte die Luft, zugleich wurde die Himmelsuhr schneller.
    Zufällig fiel Mythors Blick auf ein Gebilde, das er kannte, oder doch zumindest zu kennen glaubte. Ein Komet bewegte sich auf weitgezogener Bahn in das Gewirr hinein, während der gezackte Schweif ständig nach außen wies. Dicht über dem großen Zahnrad würde er seinen tiefsten Punkt erreichen und von da aus wieder in die Höhe streben, bis fast hinauf zum oberen Ende des Gebäudes.
    Waffenklirren schreckte Mythor aus seinen Gedanken auf. Blitzschnell erfaßte er, daß das Dröhnen der Hämmer leiser geworden war.
    Vermutlich hatte das Horn bereits begonnen, sich ebenfalls zu drehen. Dann würde die Öffnung bald nicht mehr auf den Hinterwald weisen.
    Vier Mangokrieger waren in den Rundbau eingedrungen, und einige von Courmins Männern stellten sich ihnen zum Kampf, während die anderen die riesige Himmelsuhr weiter in Schwung versetzten.
    »Treibt sie zurück!« schrie Barborur. »Sie dürfen die Bewegung noch nicht aufhalten!«
    Aber weitere Vermummte strömten herein. Schließlich war auch Mythor gezwungen, zum Schwert zu greifen. Allein der Taetz hielt noch immer ein Zugseil fest umklammert.
*
    Mythor wünschte sich, Ilfa möge jetzt bei ihm sein und Seite an Seite mit ihm kämpfen. Er spürte die unheimliche Kälte des Kriegers, der hart und unnachgiebig auf ihn eindrang. Dabei kamen dessen Hiebe rasch und unkonzentriert, als gelte es für ihn, möglichst schnell einen Sieg zu erringen.
    Klirrend prallten ihre Schwerter aufeinander. Es fiel schwer, die Absichten des vermummten Gegners zu durchschauen, dessen feurig glühende Augen sich tief in Mythors Seele brannten. Er, der von sich glaubte, ein guter Kämpfer zu sein, mußte zurückweichen,
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