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Die Hexenmeister

Die Hexenmeister

Titel: Die Hexenmeister
Autoren: Jason Dark
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faßbar, er war einfach ungeheuerlich, er konnte ihn nicht begreifen, es war unmöglich, und er schrie innerlich auf, ohne daß nur ein einziger Laut zu hören gewesen wäre.
    Die tote Frau lebte!
    ***
    Sie stand nicht auf ihren Füßen, aber sie war auch nicht mehr weit davon entfernt, sich in die Höhe zu schrauben. Aus ihrer rückwärtigen Lage hervor hatte sie sich schon auf die Seite gewälzt und einen Arm ausgestreckt. Ihre Hand lag dabei flach auf dem Boden, und sie hatte einige Male auf die Planken geklopft, als wollte sie sich selbst damit ein Zeichen geben.
    Dann winkelte sie den Arm an und drückte sich hoch, wobei gleichzeitig die nasse Kleidung von ihrem Körper glitt, damit die lebende Tote sich nackt präsentieren konnte.
    Das… das glaubt dir keiner! schoß es Testi durch den Kopf. Das ist wie die Vorschau zum Jüngsten Gericht, wo die Toten ebenfalls auferstehen und in die…
    Seine Gedanken brachen ab, denn die Frau hatte ihren Kopf gedreht.
    Sie schaute jetzt in seine Richtung. Testi duckte sich.
    Zitternd stand er auf der Sprosse. Er bekreuzigte sich einige Male und machte sich schon Vorwürfe, die Frau überhaupt aus dem Wasser gezogen zu haben.
    Angst quälte ihn…
    Er schluckte, er atmete nicht, er lauschte aber. Was er da hörte, das waren Tritte oder Schritte.
    Testi hatte sich soweit erholt, daß er über den Lukenrand hinwegschauen konnte. Er wollte es jetzt sehen, es gab keinen anderen Weg mehr. Er mußte sich den Tatsachen stellen.
    Eine Strähne seines schwarzen Haars war ihm bis über die Stirn hinweg gegen das linke Auge gerutscht. Er strich sie zur Seite und drückte sich weiter hoch.
    Die Tote stand auf dem Deck wie eine Statue!
    Nackt, noch mit feuchtem Körper, der im Licht des Mondes einen blassen Glanz bekommen hatte. Das blonde, lange Haar wirkte jetzt so, als wäre es zu einer Frisur zusammengelegt worden, es sah nicht mehr unverteilt und wirr aus. Die jetzt lebende Person hatte auch die Arme gehoben und fuhr mit gespreizten Fingern durch die Strähnen, als wollte sie sich noch besser frisieren.
    Testi packte es nicht. Es war ihm einfach unmöglich, für diesen Vorgang eine logische Erklärung zu finden, aber er schaute weiter hin, und er verspürte nicht einmal mehr Furcht.
    Es war seltsam, diese Erscheinung kam ihm plötzlich so vertraut vor. Sie flößte ihm dieses Vertrauen ein. Von ihr ging etwas aus, das ihn seine Sorgen vergessen ließ, und ihn überkam eine nie erlebte Ruhe und gleichzeitige Geborgenheit.
    Dieses Gefühl mußte er auch nach außen hin dokumentieren, und er zeigte dies durch ein Lächeln.
    Zuckten die Lippen der ›Toten‹ auch? Hatte sie etwa sein Lächeln erwidert?
    Das konnte er nicht glauben, aber was stimmte schon alles in dieser rätselhaften Nacht, wo die Gesetze der Natur buchstäblich auf den Kopf gestellt waren?
    Nichts mehr, alles war anders geworden.
    Tote lebten, Lebende waren tot…
    Unsinn. Er schalt sich einen Narren, so etwas zu denken, aber er schaute weiter hin und bekam mit, wie die Tote einen Arm ausstreckte und ihm durch diese Geste klarmachte, daß er nicht mehr stehenbleiben, sondern zu ihr kommen sollte.
    Zu einer Toten?
    Testi überwand seine Scheu und kletterte die restlichen Stufen des Niedergangs hoch. Etwas wehte ihm von der nackten Gestalt mit der alabasterfarbenen Haut entgegen, das er noch nie zuvor gespürt hatte.
    Es war keine Wärme, sondern ein deutlich spürbares Vertrauen und gleichzeitig Geborgenheit.
    Unwahrscheinlich…
    Dennoch traute er sich nicht, die Person zu berühren. Er blieb zwei Schritte von ihr entfernt stehen und schaute sie aus dieser Nähe forschend an.
    Ihr Körper war nicht perfekt, sondern nur beinahe. Da waren noch die drei Wunden, die sich auf der bleichen Haut wie Male abzeichneten und auch tief in die Gestalt hineingedrungen waren.
    Sie mußte tot sein, sie konnte nicht leben. Was er hier mitmachte, war alles nur Einbildung, das gaukelte ihm seine überreizte Phantasie vor.
    Die ›Tote‹ lächelte wieder. Sie bewegte nur kurz die Lippen. Wieder überkam Testi dieses wunderbare Gefühl, und zum erstenmal traute er sich, eine Frage zu stellen.
    »Wer bist du?«
    »Ich heiße Maria.«
    Er lauschte dem Klang der Stimme nach. Sie war so sanft und auch weiblich. »Danke, ich…« Fast hätte sich der Fischer verschluckt. Wieder lief ein eisiger Schauer über seinen Rücken, denn jetzt erst dachte er über die Antwort nach.
    Maria, hatte sie gesagt!
    »Du… du bist doch nicht etwa die Heilige
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