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Die Hexenmeister

Die Hexenmeister

Titel: Die Hexenmeister
Autoren: Jason Dark
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im Ruderhaus. Jetzt bewegte er sich schnell, ohne hektisch zu wirken. Seine Arbeit kannte er im Schlaf. Er stellte den Motor an, und dessen tuckernde Geräusche rissen ihn wieder zurück in die Wirklichkeit, so daß er den erlebten Schrecken zunächst einmal vergaß.
    Er fuhr einen Bogen und drehte seinen Kahn nach backbord. Mit nur sehr geringer Motorleistung schob er sich vor. Der Bug seines Kahns warf kaum Schaum hoch, als er die Wellen durchschnitt. Testi hörte das Klatschen des Wassers, wenn es gegen die Bordwände schlug, hielt seinen Blick auf eine bestimmte Stelle gerichtet und war froh darüber, daß er den hellen Fleck noch immer sah.
    Er brauchte die eingschlagene Richtung nur beizubehalten, um sein Ziel zu erreichen.
    Der blonde Fleck trieb auf und nieder. Er bewegte sich genau im Rhythmus der Wellen. Es gab keine Gegenkraft, die ihn abgetrieben hätte. Alles war so normal. Er tuckerte auf sein Ziel zu.
    Die Heckschraube wühlte das Wasser zu einem schaumigen Blasenteppich hoch. Testi korrigierte einige Male den Kurs und schaute sich auch nach einem Enterhaken um.
    Er hing an der gleichen Stelle, was sehr wichtig war.
    Zwischen dem Verschwinden des Mörders und seiner Fahrt war eine ziemliche Zeitspanne verstrichen, so daß Testi daran denken konnte, seine neueste Errungenschaft in Betrieb zu setzen.
    Er hatte sein Boot seit einigen Wochen mit einem Suchscheinwerfer ausgerüstet, der sich zudem drehen ließ und von einem kleinen Motor angetrieben wurde. Da er den Scheinwerfer gebraucht gekauft hatte, war er nicht so teuer gewesen.
    Er schaltete ihn ein.
    Ein langer, weißer Strahl, der mit der Entfernung an Breite zunahm, huschte über das Wasser und machte die Wellen zu gläsernen Kämmen.
    Er mußte die Richtung noch ändern, um die treibende Leiche direkt erwischen zu können.
    Der Strahl drehte sich nach rechts. Noch ein Stück weiter, dann war es geschafft.
    Auf dem Wasser bildete er eine helle Insel. Und in ihrer Mitte schwamm die Tote!
    Jetzt sehr deutlich zu erkennen. Die Kraft des Wassers hatte nicht nur die Haare in die Höhe geschwemmt, sondern auch die Kleidung aufgebläht, denn nun wirkte sie wie ein dunkler Ballon. Da die Blonde auf dem Bauch lag, konnte er ihr Gesicht nicht sehen, doch er nahm an, daß sie schön war, sehr schön sogar, und ihm fiel dabei der Vergleich mit einem Engel ein.
    Das Boot tuckerte näher.
    Es fuhr noch zu schnell, und der Fischer nahm etwas Fahrt weg. In dieser Nacht würde er seinem eigentlichen Job nicht mehr nachgehen, das stand fest.
    Leiche und Boot näherten sich einander. Er brauchte den Motor nicht mehr. Wenn er ihn abstellte, würde der Schub noch ausreichen, um das Boot an die Leiche herantreiben zu lassen.
    Es wurde still.
    Testi verließ das Ruderhaus und griff sofort nach dem eisernen Enterhaken, mit dem er besser umgehen konnte als manch anderer mit seinem Besteck. An der Reling blieb er stehen, schaute darüber hinweg und sah, wie die Leiche immer näher trieb. Die Wellen schienen sich mit ihm verbündet zu haben, sie hoben den durch die Kleidung aufgebläht wirkenden Körper dichter heran.
    Sie trieb etwas ab.
    Bevor sie zu weit wegdriften konnte, beugte sich Testi nach vorn und über die Reling hinweg.
    Der Enterhaken faßte zu.
    Sein krummes Ende verhakte sich in der Kleidung. Sie war naß und sehr schwer. Testi keuchte, als er den Körper kraftvoll dicht bis an die Bordwand heranzog.
    Der Haken hing fest, als wäre er eine eiserne Hand. Testi wuchtete den Körper hoch. Er schleifte ihn an der Bordwand entlang. Die Kleidung hatte sich mit Wasser vollgesaugt und war sehr schwer geworden. Der Fischer keuchte, er fluchte auch, als er mit der freien Hand Zugriff, eisern festhielt, und es ihm schließlich gelang, den Körper über den Rand hinweg in das Boot zu rollen.
    Er hörte den dumpfen Aufprall gegen die Planken, der durch die nasse Kleidung noch gedämpft wurde. Geschafft!
    Testi stand neben der Toten. Sie lag auf dem Bauch. Das lange blonde Haar bestand nur mehr aus nassen Strähnen, die ihren Kopf umgaben wie dicker Leim.
    Er atmete tief durch.
    Dann bückte er sich, faßte die nasse Kleidung an, zögerte aber noch, die Tote herumzudrehen. Er hatte die Vorstellung von einem wunderschönen Gesicht, wobei er damit rechnen mußte, daß dies nicht mehr zutraf und sich die Züge jetzt zu einer schmerz- und angstverzerrten Grimasse verändert hatten.
    Reiß dich zusammen, schalt er sich selbst. Es ist nicht die erste Leiche, die du siehst.
    Er
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