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Die Hexenmeister

Die Hexenmeister

Titel: Die Hexenmeister
Autoren: Jason Dark
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rollte sie herum.
    Ein lebloser Arm geriet ebenfalls in Bewegung und schlug mit dem Handrücken hart auf. Die Tote lag auf dem Rücken.
    Er schaute in ihr Gesicht, das zu einer Leiche gehörte, aber zufällig durch das Mondlicht getroffen wurde, so daß es einen wächsern wirkenden Ausdruck bekam.
    Dennoch konnte diese Tatsache die Schönheit und Ebenmäßigkeit des Gesichts nicht verdecken, und der von Testi angestellte Vergleich mit einem Engel stimmte.
    Ja, so weich, so engelrein, einfach wunderbar. Selbst jetzt, wo die Frau nicht mehr lebte.
    Er wischte mit einer Hand über seine Stirn. Die Lippen zuckten. Beinahe hätte er angefangen zu weinen, denn er begriff nicht, daß es jemand fertigbrachte, eine derartige Schönheit einfach auszulöschen.
    »Madonna mio, wer macht so etwas?!«
    Minutenlang blieb er neben der Leiche knien und lauschte nur dem Klatschen der Wellen. Seine Kehle wirkte wie zugeklemmt, er mußte sich räuspern und wunderte sich einen Moment später über die nasse Kleidung. Er wunderte sich noch über etwas anderes. In diesem Aufzug lief keine Frau herum, wenigstens keine normale. Die paßte nicht zu ihr.
    Er wußte, was es war. Er mußte nur noch den richtigen Dreh finden.
    Dann hatte er die Lösung.
    Die Kleidung gehörte einer Nonne!
    War sie eine Frau aus dem Kloster? Hatte sich so viel Schönheit hinter Klostermauern versteckt?
    Er schüttelte den Kopf, weil er es kaum glauben konnte. Das Gesicht war so rein, kein Messerstich hatte es getroffen, im Gegensatz zum Körper, wo er drei tiefe und schon ausgeblutete Wunden zählte.
    Ja, das war die Hölle. Der Teufel mußte seine Hand im Spiel gehabt haben, der Gehörnte in der Gestalt eines Killers, der dieser jungen Frau das Leben genommen hatte.
    War sie überhaupt eine Nonne?
    Wie Testi wußte, trugen Nonnen Kreuze und Rosenkränze bei sich.
    Nach beiden Gegenständen suchte er vergeblich. Sie hatte nichts dabei, was darauf hingewiesen hätte. Also nicht…?
    Er wußte nicht Bescheid. Es war alles irgendwie schiefgelaufen in dieser verdammten Nacht, die so wunderschön begonnen hatte, aber jetzt der Hölle gehörte. Testi fühlte sich aufgewühlt. Es war genau der Zustand, wo ihm nach einem Schnaps war, nach einem Grappa.
    Die Flasche stand unten. Bekannte brauten ihn selbst. Das Zeug war leicht ölig, jedenfalls sah es so aus, aber es schmeckte vorzüglich, vorausgesetzt, man war Grappatrinker.
    Einen letzten Blick schickte er auf die Leiche, bevor er sich abwandte und unter Deck verschwand, wo er die Flasche mit dem Grappa aufbewahrte. Sie war mit einem Korken verschlossen. Testi zog ihn hervor und nahm einen großen Schluck.
    Das tat gut.
    Es spülte sich die Hölle und das Grauen aus der Kehle. Gleichzeitig arbeitete er an seinem Plan. Daß er mit der Toten nicht über das Meer schippern konnte, lag auf der Hand. Er mußte sie irgendwo
    ›loswerden‹. Deshalb wollte er so schnell wie möglich den kleinen Hafen ansteuern und von dort aus die Carabinieri benachrichtigen. Dann mußte er eine Aussage machen, denn er war der wichtigste Zeuge.
    Wieder sah er das Bild des Klippenmörders vor sich. Testi schauderte.
    Er wußte nicht, wie mächtig der Mann war und welche Beziehungen er besaß, doch Testi konnte sich vorstellen, daß ihm die Aussagen irgendwann zu Ohren kommen und er sich auf die Suche nach dem Zeugen machen würde. Dann konnte es für den Fischer böse enden.
    Er nahm noch einen Schluck, stellte die Flasche wieder weg und wollte an Deck gehen, als er das Geräusch hörte.
    Waren das Schritte?
    Wieder fror er ein. Seine Augen weiteten sich, denn er hatte die Geräusche an Deck gehört. Doch außer der Toten war da niemand. Und die konnte nicht mehr gehen.
    Sollte der Killer sich dem Boot heimlich genähert haben, um den Zeugen schon jetzt zu töten?
    Durch Testis Kopf zuckten die wildesten Gedanken und Vorstellungen.
    Womit sie sich auch beschäftigten, eines stand fest: Über ihm geschah etwas Ungeheuerliches, wobei sich sein Verstand weigerte, dies überhaupt zu erfassen.
    Er duckte sich und schlich nach oben.
    Nein, es waren keine direkten Trittgeräusche. Er hörte nur ein Kratzen und dumpfes Schlagen, traute sich nicht direkt an Deck, sondern blieb in einer Haltung stehen, die es ihm erlaubte, den Kopf durch die Luke zu strecken und das Deck teilweise zu überblicken, zumindest den Platz, wo die tote Frau lag.
    Sie war noch da, aber sie war… sie war…
    Seine Gedanken wurden unterbrochen. Der Vorgang war für ihn nicht
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