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Die Hexenjagd von Salem Falls

Die Hexenjagd von Salem Falls

Titel: Die Hexenjagd von Salem Falls
Autoren: Jodi Picoult
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Jack hoch, dann auf den Fernseher, und lächelte. »›Jeopardy!‹-Fan?«
    Jack zuckte die Achseln. »Kann man so sagen.«
    Eine Weinkellerei im kalifornischen Modesto, die 1950 als erste ihre Flaschen selbst herstellte.
    »Was ist E. & J. Gallo?«
    Addie stellte den Salzstreuer hin, den sie in der Hand hielt. »Sie sind mehr als bloß ein Fan«, sagte sie und kam zu ihm. »Sie sind richtig gut.«
    Ein Buch der Bibel, von dessen zwölf babylonischen Kapiteln sich neun um Träume und Visionen drehen.
    »Was ist Jesaja?« riet Addie.
    Jack schüttelte den Kopf. »Was ist Daniel?«
    Ein Prophet, der in vier Kapiteln seiner Klagelieder die einzelnen Strophen in der Reihenfolge des hebräischen Alphabetes beginnen läßt.
    »Wer ist Jeremia?«
    »Sie sind ja ganz schön bibelfest«, sagte Addie. »Sind Sie Geistlicher oder so?«
    Er mußte laut lachen. »Nein.«
    »Professor für irgendwas?«
    Jack tupfte sich den Mund mit einer Serviette ab. »Ich bin Tellerwäscher.«
    »Was waren Sie denn gestern?«
    Häftling , dachte Jack, aber er blickte nach unten und sagte: »Bloß ein Typ, der irgendwas tut, was ihm eigentlich keinen Spaß macht.«
    Sie lächelte und begnügte sich mit der Antwort. »Ein Glück für mich.« Addie nahm den Mop, den Jack aus der Küche geholt hatte, und fing an, das Linoleum zu wischen.
    »Ich mach das schon.«
    »Sie essen weiter«, sagte Addie. »Es macht mir nichts aus.«
    Diese kleinen Nettigkeiten waren es, die ihn brechen würden. Schon jetzt spürte Jack, wie sich Risse in der harten Schale bildeten, von der er sich geschworen hatte, daß er sie sich bewahren würde, um nie wieder jemanden so nah an sich heranzulassen – er wollte nie mehr verletzt werden. Und auf einmal war da Addie, die ihm einfach vertraute, noch dazu seine Arbeit machte – obwohl das Schicksal laut Delilah auch ihr übel mitgespielt hatte.
    Er wollte ihr sagen, daß er sie verstand, aber nachdem er knapp ein Jahr fast nur geschwiegen hatte, fiel es ihm nicht mehr leicht, die richtigen Worte zu finden. Also nahm er ganz langsam eine Handvoll Pommes frites und legte sie auf Chloes unangetasteten Teller. Dann tat er noch seine Pickles dazu. Als er fertig war, sah er, daß Addie ihn anstarrte, die Hände auf den Mop gestützt, den Körper fluchtbereit.
    Sie glaubte, er wollte sich über sie lustig machen; das sah er in der Tiefe ihrer Augen, verletzt und empfindsam. Ihre Finger umklammerten den Holzstiel.
    »Die … die war ich ihr noch schuldig, von heute nachmittag«, sagte er.
    »Wem?« Das Wort fast unhörbar.
    Jack wandte den Blick nicht von ihren Augen. »Chloe.«
    Addie erwiderte nichts. Statt dessen nahm sie den Mop und schrubbte wie wild drauflos. Sie wischte den Boden, bis er glänzte, bis das Deckenlicht sich in der dünnen Schicht Desinfektionsreiniger spiegelte, bis es Jack weh tat zuzusehen, wie sie furchtlos und gleichgültig tat, weil sie ihn so sehr an sich selbst erinnerte.
    Als Addie die Tür hinter sich zuzog und abschloß, schneite es draußen. Riesige Flocken, die Sorte, die sich in der Luft miteinander verhaken wie Fallschirmakrobaten. Sie stöhnte innerlich auf. Sie würde in aller Herrgottsfrühe aufstehen müssen, um die Gehwege freizuschaufeln.
    Jack stand ein Stück entfernt, den Kragen seines Sakkos gegen die Kälte hochgeschlagen. Nach Addies fester Überzeugung hatte jeder Mensch einen Anspruch darauf, daß seine Vergangenheit der Vergangenheit angehörte – sie selbst war weiß Gott ein Paradebeispiel für Geheimniskrämerei. Sie wußte nicht, was das für ein Mann war, der da mitten im Winter in New Hampshire ohne Mantel herumlief; sie hatte noch nie jemanden kennengelernt, der so gebildet war, daß er jede Frage in ›Jeopardy!‹ beantworten konnte, aber bereit war, für einen Hungerlohn in einem Aushilfsjob zu arbeiten. Wenn Jack in Ruhe gelassen werden wollte, so sollte es ihr recht sein.
    Und sie würde nicht über seine unerhörte Reaktion auf Chloe nachdenken.
    »Also«, sagte sie. »Dann bis morgen.«
    Jack schien sie nicht gehört zu haben. Er hatte ihr den Rücken zugewandt und die Arme vor sich ausgestreckt. Addie merkte betroffen, daß er Schneeflocken mit der Zunge fing.
    Wann war Schnee für sie das letzte Mal etwas anderes gewesen als eine Erschwernis?
    Sie stieg in ihren Wagen, ließ den Motor an und fuhr vorsichtig los. Im nachhinein wußte sie nicht, wieso sie noch einmal in den Rückspiegel geblickt hatte. Und ohne das gelbe Licht der Straßenlaterne vor dem »Diner«
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