Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexenjagd von Salem Falls

Die Hexenjagd von Salem Falls

Titel: Die Hexenjagd von Salem Falls
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
ist.«
    »Schneemänner schmelzen«, sagte Delilah, aber Addie sah ihr an, daß sie sich den Gedanken durch den Kopf gehen ließ.
    »Dann wischen wir alles auf und bauen einen neuen.«
    »Und die Gäste sollen sich wohl selbst versorgen, was?«
    »Nein«, sagte Addie. »Die sollen mir helfen. Holst du bitte Chloes Stiefel?«
    Der »Diner« war für zehn Uhr morgens spärlich besucht. Von den sechs Tischen waren nur zwei besetzt: An einem saß eine Mutter mit einem kleinen Mädchen, am anderen ein Geschäftsmann, der gerade Muffinkrümel von seinem Laptop fegte. Zwei ältere Stammkunden, Stuart und Wallace, hockten an der Theke, tranken Kaffee und debattierten über die Schlagzeilen der Lokalzeitung.
    »Ladies und Gentlemen«, verkündete Addie. »Ich freue mich, den Beginn des ›Do-Or-Diner‹-Winterfestes bekanntgeben zu dürfen. Als erstes findet ein Schneeskulpturenwettbewerb statt, und wenn Sie sich jetzt alle hinters Haus begeben würden, kann es gleich losgehen –«
    »Es ist bitterkalt draußen!« rief Wallace.
    »Ja, das ist mir klar. Ansonsten würden wir ja ein Sommerfest veranstalten. Der Gewinner kriegt … einen Monat lang sein Frühstück gratis.«
    Stuart und Wallace zuckten die Achseln, ein gutes Zeichen. Das Mädchen hüpfte auf der Sitzbank herum wie Popcorn im Topf. Nur der Geschäftsmann schien nicht überzeugt. Als die anderen durch die Tür schlurften, ging Addie zu ihm an den Tisch. »Hören Sie«, sagte der Geschäftsmann. »Ich will keinen Schneemann bauen, klar? Ich bin hier, um zu frühstücken.«
    »Tja, wir bedienen zur Zeit aber nicht. Wir sind kreativ.« Sie schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln.
    Der Mann schien perplex. Er warf eine Handvoll Kleingeld auf den Tisch, nahm seinen Mantel und seinen Computer und stand auf. »Sie spinnen ja.«
    Addie sah ihm nach. »Ja«, murmelte sie. »Das sagen einige.«
    Draußen schnauften Stuart und Wallace schon kräftig durch ihre Schals, während sie ein ansehnliches Gürteltier zustande brachten. Delilah hatte aus Schnee ein Brathähnchen gestaltet sowie eine Lammkeule mit Stangenbohnen. Das kleine Mädchen lag in seinem Schneeanzug auf der Erde und fächerte Engel in den Schnee.
    Chloe hatte einmal gefragt: Ist der Himmel über oder unter dem Ort, wo der Schnee herkommt?
    »Du hast wirklich Glück im Unglück«, sagte Delilah zu Addie. »Was würdest du machen, wenn wir jetzt keinen Schnee hätten?«
    »Seit wann liegt hier im März kein Schnee? Und außerdem ist das kein Glück. Glück ist, daß ich einen Mechaniker aufgetrieben habe, der einen Tag früher kommen kann.«
    Wie auf Kommando rief genau in diesem Moment eine Männerstimme: »Jemand zu Hause?«
    »Wir sind hier hinten.« Addie war leicht enttäuscht, als nicht der Mechaniker, sondern ein junger Polizist um die Ecke kam. »Hi, Orren. Möchten Sie eine Tasse Kaffee?«
    »Äh, nein, Addie. Ich bin dienstlich hier.«
    War es möglich, daß der Geschäftsmann so schnell beim Gewerbeaufsichtsamt Meldung gemacht hatte? War ein Polizeibeamter befugt, ihren Laden vorübergehend dichtzumachen? Doch dann sagte Orren errötend: »Es geht um Ihren Vater. Er ist festgenommen worden.«
    Addie stürmte mit solchem Schwung ins Polizeirevier, daß die Doppeltür heftig zurückschlug und eine kalte Windbö hereinließ. »Allmächtiger«, sagte der diensthabende Sergeant. »Ich hoffe, Courtemanche hat ein gutes Versteck gefunden.«
    »Wo ist er?« fragte Addie.
    »Ich kann nur raten. Vielleicht in einem leeren Spind.«
    »Ich rede nicht von Officer Courtemanche«, sagte Addie durch zusammengebissene Zähne. »Ich meine meinen Vater .«
    »Ach so, Roy sitzt in der Arrestzelle.« Er zuckte zusammen, als er an irgend etwas denken mußte. »Aber wenn Sie hier sind, um ihn rauszuholen, müssen Sie trotzdem mit Wes reden, der hat ihn nämlich einkassiert.« Er griff zum Telefonhörer. »Setzen Sie sich doch, Addie. Ich sag Ihnen Bescheid, wenn Wes frei ist.«
    Addie blickte finster. »Ich bin sicher, das merke ich auch so. Ein Stinktier riecht man Meilen gegen den Wind.«
    »Aber, Addie, so redet man doch nicht über den Mann, der deinem Vater das Leben gerettet hat.«
    In seiner blauen Uniform, an der das Rangabzeichen wie ein drittes Auge funkelte, sah Wes Courtemanche so gut aus, daß manche Frauen in Salem Falls davon träumten, ein Verbrechen zu begehen. Addie jedoch warf einen Blick auf ihn und dachte – nicht zum ersten Mal –, daß manchen Männern ein Verfallsdatum aufgedruckt werden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher