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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin
Autoren: Karla Weigand
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unnötig – kenne das Paar sich doch von Kindheit an und jeder wisse, was er vom Partner erwarten dürfe.
    Fritzchen, auf dem Arm seiner Amme, wohnte der Eheschließung seines Vaters und seiner Stiefmutter bei, die in ihrem von Sybilla stammenden, aus zarter, blauer, mit Gold bestickter Seide gearbeiteten Hochzeitskleid mit dem alten Brautschmuck aus Ruhfeld’schem Familienbesitz wunderschön aussah.
    Dazu gehörten ein wertvolles Collier sowie eine alte, kostbare Brautkrone mit zahlreichen in Gold gefassten Juwelen. Die junge Frau strahlte förmlich mit den Edelsteinen um die Wette, sodass niemand an ihrem Glück zweifeln konnte. Es war nur zu deutlich sichtbar:
    Für das Helen war ein lange Jahre gehegter Traum endlich in Erfüllung gegangen.
    Die gräfliche Hauskapelle, noch immer im Zustand einer Bauruine, hatte man notdürftig hergerichtet. Auch störte es niemanden, dass unter anderem das Dach noch fehlte. Während der Trauung hatte sich eine Amsel auf dem Haupt der Statue des heiligen Johannes des Täufers niedergelassen und schmetterte ihr Liebeslied, ohne sich um die vielen Menschen zu bekümmern.
    »Das bringt Glück«, wussten die Damen und wischten sich gerührt über die nach französischer Mode geschminkten Augen, sodass nachher ihre blütenweißen Taschentücher aussahen, als kämen sie aus der Kohlenkiste.
    Das anschließende Hochzeitsmahl fand des wunderschönen Wetters wegen im Schlosspark statt, wozu der alte Graf auch alle übrigen Bewohner seines kleinen Reiches eingeladen hatte.
    Wer wollte, durfte kommen und sich ungeniert an den Leckerbissen satt essen und Wein trinken, so viel er vertrug – aber keinen Schluck mehr; darauf achteten die gräflichen Diener genau.
    »Wir wollen keine betrunkenen Randalierer«, sagte Ferfried, und tatsächlich hielten sich alle daran – auch die zahlreich aus der Stadt Offenburg erschienenen Schweden, die von Hasso und seinem Vater aufs Freundlichste begrüßt wurden.
    Der ebenfalls zur Hochzeit eingeladene kaiserlich-erzherzogliche Beamte, der die so überaus wichtigen Urkunden der erneut geadelten Hagenbuschs überbracht hatte, zog zwar ein saures Gesicht, aber dadurch ließen sich die Ruhfelder nicht irritieren.
    »Mit dem Feind müssen wir hier vor Ort zurechtkommen«, hatte Graf Ferfried ihm kühl erklärt.
    Je weiter der Abend voranschritt – Graf Ferfried hatte in der Großen Halle sogar ein kleines, heiteres Theaterstück zur Erbauung der Gäste aufführen lassen; Thema: Ein junges Adelspärchen, getroffen von den Pfeilen des Liebesgottes Amor, verstrickt in die zahlreichen Irrungen und Wirrungen des Schicksals, bis es sich endlich in die Arme sinken durfte – und je näher der Augenblick rückte, wo das frischvermählte Paar das Brautgemach mit dem riesigen Bett betreten würde, desto nervöser und fahriger wurde die junge Ehefrau.
    Ganz gegen die herkömmliche Sitte, die vorschrieb, dass die Neuvermählten von den Damen und Herren zu Bett gebracht, ausgezogen und in Nachtgewänder gekleidet wurden, verschwand das Paar heimlich, und Ferfried behauptete, ohne rot zu werden, sein Sohn und seine Schwiegertochter hätten das Schloss verlassen, um sich an einem unbekannten Ort »auszuruhen« …
    Da mochten zwar manche enttäuscht sein, des entgangenen Spektakels wegen, aber der Graf von Hohlfeld machte unüberhörbar seine Unterstützung deutlich:
    »Daran haben die jungen Leute sehr wohlgetan. Ich habe diese Art von Indiskretion in der Hochzeitsnacht niemals weder verstanden noch goûtiert. Das Ende des Trubels sei den beiden von Herzen gegönnt.«
     
     
    Die Braut war in der Tat starr vor Angst. Obwohl sie sich um Gelassenheit bemühte, indem sie sich ständig vorsagte, dass ihr Ehemann weder Martin Scheible noch Damian Rothaus heiße, gelang es ihr nicht, ihre flatternden Nerven zu beruhigen.
    Kaum lag sie, in ein Spitzennachthemd aus rosafarbenem Seidenbatist gekleidet, unter der Daunendecke des Ehebettes, um ihren Gatten zu erwarten, erfasste sie ein Schüttelfrost, der ihre Zähne förmlich aufeinanderschlagen ließ. Totenbleich war sie vor Entsetzen, und übel war ihr außerdem.
    ›Lieber Gott, warum habe ich bloß ›ja‹ gesagt?‹, fragte sie sich verzweifelt und wäre vor Panik am liebsten aus dem Fenster gesprungen. Wie zur Abwehr hatte Helene die Zudecke bis zur Nasenspitze hochgezogen. Alles hätte sie darum gegeben, wenn diese schreckliche Nacht schon vorbei gewesen wäre …
    Um wenigstens nichts sehen zu müssen – die Zofen
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