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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin
Autoren: Karla Weigand
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nicht verkneifen. Ihr Gemahl warf ihr umgehend einen drohenden Blick zu, und sie verstummte, wobei ihr unhübsches, verkniffenes Gesicht vor Ärger rot anlief.
    Die von Hagenbuschs verstanden offenbar nicht so recht, wovon eben die Rede gewesen war, und Hasso übernahm es gern, ihnen die »morganatische« oder »Ehe zur linken Hand« zu erklären.
    »So nennt man beim höheren Adel eine standesungleiche Ehe, deren vermögens- und erbrechtliche Auswirkungen durch einen Ehevertrag ausdrücklich festgeschrieben werden. Die Lage der unebenbürtigen Frau und der eventuell aus der Ehe hervorgehenden Kinder wird hierbei durch Verleihung eines Titels und Ranges sowie durch vermögensrechtliche Vorteile verbessert – im Gegensatz zu einer einfachen Missheirat.
    Nun, ob noch Nachwuchs zu erwarten ist, das kann nur GOTT entscheiden, aber mein Vater wollte unbedingt seiner ›Lebensretterin‹, wie er Frau Salome zu nennen pflegt, etwas Gutes zum Dank und als Anerkennung tun. Und was gäbe es Besseres für sie als eine Heirat?«
    »Vraiment, une idée généreuse, digne d’un veritable gentilhomme!« (»Ein wahrhaft großherziger Gedanke, würdig eines echten Edelmannes!«), lobte der Comte Bernard de Grandbois, der die taktlose Bemerkung der »Schwäbin« sehr wohl gehört hatte, diesen Entschluss seines Schwiegervaters.
    »Nun ja, was kann man von einer Familie anderes erwarten, die feindliche Franzosen und einfaches Bauernvolk zu den Ihren zählt?«, bemerkte die Edelfrau von Ortenberg mit einem sogenannten »Bühnenflüstern«, das noch im Umkreis von sechs Metern verstanden werden konnte.
    Auf einen Wink des erbosten Hausherrn hin begab sich der Majordomus zum Grafen von Ortenberg und ersuchte diesen diskret im Namen seines Herrn, sich mit seiner Gemahlin zu entfernen.
    »Madame la Comtesse scheint sich nicht wohlzufühlen. Bringt Eure Gattin besser nach Hause, Monsieur, damit höchstdero schwache Nerven sich beruhigen können«, bat der Haushofmeister mit undurchdringlicher Miene, worauf der Ortenberger mit vor Scham puterrotem Kopf grob den Arm seines bissigen Eheweibes ergriff und sich schleunigst, irgendwelche Entschuldigungen murmelnd, mit der zänkischen Megäre aus dem Staub machte.
    Das Fest nahm daraufhin seinen Fortgang, als wäre nichts geschehen.

KAPITEL 102
    AM NÄCHSTEN TAG BEREITS sollte die Trauung von Hasso und Helene stattfinden.
    »Weshalb diese Eile, Bruder? Um eine Heirat vorzubereiten, braucht es seine Zeit«, protestierte Adelheid, aber Vater Ambrosius ergriff die Partei des jungen Grafen und behauptete das Gegenteil.
    »Wir glauben, je mehr Zeit Helene zum Überlegen hat, desto mehr könnte sie in Nervosität und Angst vor den ›ehelichen Pflichten‹ einer verheirateten Frau verfallen. Womöglich würde sich ihrer gar eine Panik bemächtigen, je länger sich die Wartezeit bis zur Hochzeitsnacht hinzieht. Glaubt mir, Frau Adelheid, so ist es am besten.«
    »Ach? Sie soll demnach also überrumpelt werden? Meint Ihr, das wäre der richtige Weg, ihr die Furcht vor der körperlichen Liebe zu nehmen? Das wage ich aber sehr zu bezweifeln«, widersprach Adelheid kriegerisch.
    »Von ›Überrumpelung‹ kann wirklich nicht die Rede sein, Schwester.« Hasso war sichtlich empört.
    »Was hältst du eigentlich von mir? Bin ich etwa ein Vieh, das sich auf seine Beute stürzt? So viel Feingefühl darfst du mir schon zutrauen, dass ich mich nur mit aller Behutsamkeit meiner Liebsten nähern werde, um sie nicht zu erschrecken.«
    Daraufhin umarmte Adelheid beruhigt ihren Bruder. »Ich danke dir, Lieber. Verzeih meine Zweifel. Ich glaube, du hast völlig recht, aber ich wollte doch nur …«
    Hasso und der Benediktinerpater lachten.
    »Auch wenn Ihr es nicht für möglich haltet, mein Kind, auch Männer sind sehr sensible Wesen«, lächelte der Mönch, »vor allem, wenn sie aufrichtig lieben.«
    Kein anderer als Vater Ambrosius Feyerling vollzog die Trauung am nächsten Tag, und es war dem alten Benediktiner eine große Genugtuung, gerade diesem Paar seinen Segen zu geben.
    Den überraschten Gästen hatte man Folgendes klargemacht:
    Dass die Heirat so schnell ohne die übliche Verlobungszeit vonstatten gehe, sei einesteils den kriegerischen Zeiten geschuldet, in denen man nicht vorhersagen könne, ob und wann die Anwesenden die Anreise nach Ruhfeld erneut wagen könnten. Und nun seien sie bereits alle da …
    Zum Zweiten sei eine längere Phase der Überlegung und des gegenseitigen Kennenlernens in diesem Fall
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