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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin
Autoren: Karla Weigand
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sagt, dass sich auf Eurem Gebiet neuerdings Hexen zauberischer Praktiken bedienen und Menschen und Vieh Schaden zufügen. Was wisst Ihr darüber?«
    Ein wenig erschrak der Graf jetzt doch. Zu abrupt erschien ihm der Wechsel vom mitfühlenden Beinahefreund zum anklagenden Landesherrn. Der Herrscher von Bayern war bekannt dafür, dass er vermeintlichen Hexen gegenüber keine Gnade walten ließ.
    »Auch ein trauriges Ergebnis seiner überfrommen Erziehung und der unheilvollen Dauerbeeinflussung durch diese leidigen Jesuiten«, dachte er missmutig. Den schrecklichen Prozess im Jahre 1600 gegen die verarmte Landfahrerfamilie Pappenheim mit der abscheulichen Hinrichtung sämtlicher Familienmitglieder, die der Hexerei, der Glaubensabtrünnigkeit und des Mordes für schuldig befunden worden waren, würde er niemals vergessen.
    Seiner Ansicht nach war dieses unselige Verfahren nur geführt worden, um ein Exempel zu statuieren und um andere davor zu warnen, sich vom katholischen - und einzig wahren - Glauben abzuwenden. Die Opfer, darunter ein zehnjähriger Bub, waren arme Teufel gewesen, ungebildete und unwissende Herumtreiber, denen man auf bestialische Weise auf dem Galgenberg außerhalb Münchens den Garaus gemacht hatte.
    Damals hatte der Graf einen tiefen Widerwillen gegen den erst siebenundzwanzigjährigen Herzog empfunden, ein Gefühl, das in den drei inzwischen vergangenen Jahren wieder ein wenig verschwunden war, nachdem er auch andere, menschlichere Seiten an seinem Landesherrn entdeckt hatte.

    Maximilian suchte oft von sich aus die Nähe und gelegentlich den Rat des um gut zehn Jahre älteren Grafen.
    Der Bayernfürst schien wirklich tiefgläubig zu sein und ein ehrlicher Katholik, einer, der seine Frömmigkeit nicht nur wie ein Banner vor sich hertrug, um andere damit zu beeindrucken. Wenn nur seine fanatische Abscheu vor den sogenannten »Hexen« nicht gewesen wäre …
    Der Graf erinnerte sich auch gut an eine andere unangenehme Episode, die er mit dem seinerzeit erst sechzehnjährigen Maximilian erlebt hatte. An einem Tag im Mai des Jahres 1589 hatte sie sich zugetragen, als er beim damaligen Herzog, Wilhelm V., in München einer privaten Angelegenheit wegen vorsprach.
    Maximilian, Wilhelms ältester Sohn, kam dazu. Ungerührt und mit kalter Stimme berichtete er seinem Vater von der Folterung einer Ingolstädter Hexe, bei deren »peinlicher Befragung« er dabei gewesen war. »Wie ich selbst gesehen habe, hat man sie zweimal aufgezogen und einmal mit dem Brandeisen gezeichnet«, erzählte der Jüngling kaltschnäuzig. Dem künftigen Herrscher Bayerns war dabei deutlich anzumerken, wie gleichgültig ihn die Qualen der Gefolterten ließen.
    In diesem Jahr hatte in Bayern die Epoche der schlimmsten Hexenprozesse ihren Anfang genommen. Der zukünftige Landesherr stand damals unter dem Einfluss seines Präzeptors, des Juristen Johann Baptist Fickler, eines katholischen Schwaben, der in Ingolstadt die Rechte studiert und in Bologna seinen Doktorhut erhalten hatte.
    Der Präzeptor war berüchtigt für seinen Eifer, mit dem er »zauberische Weiber« verfolgte. Seit 1588 hatte Herzog Wilhelm diesen Mann - Mitglied der Salzburger Delegation des Konzils von Trient, gnadenloser Hexenverfolger und unbarmherziger Gegner jeglicher Häresie (und damit auch der Protestanten!)
- zum Lehrer und Berater Maximilians ernannt, ebenso wie Gregor von Valencia, einen Jesuiten, der in der offiziellen Hexenpolitik eine herausragende Rolle spielte.
    Immerhin war im selben Jahr 1589 in Bayern ein großer Hexenprozess geführt worden, der für dreiundsechzig Frauen Enthauptung und anschließende Verbrennung bedeutete …
     
    Sollte jetzt erneut ein derartiger Wahnsinn inszeniert werden? Denn für den Grafen war es Wahnsinn - und ein Verbrechen dazu, welches man an diesen armen Weibsbildern beging.
    Der Herr zu Mangfall-Pechstein atmete tief durch, ehe er dem Herzog antwortete. Auch er ließ alle Floskeln beiseite und kam direkt zur Sache.
    »Natürlich wurden auch an mich diese absurden Gerüchte herangetragen. Aber, wie Ihr wisst, Herzog, halte ich von derlei Anschuldigungen, erhoben von neidischen, missgünstigen und strohdummen sogenannten ›Zeugen‹, überhaupt nichts.
    Wenn einer anfängt und mir etwas von auf Besenstielen zum Schornstein hinausreitenden Weibern erzählen will, die sich angeblich mit ihrem ›Herrn‹, dem Teufel, zum Tanzen, Fressen und Huren treffen wollen, dann kann mir der Teufel bloß leidtun! Die Frauenzimmer
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