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Die Herzensdiebin

Titel: Die Herzensdiebin
Autoren: Christina Dodd
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der Hoffnung, einen inneren Wandel bei der strengen Frau herbeizuführen.
    Doch jetzt stand das Kind im Vordergrund. Sie konnte nicht zulassen, dass Sharon ohne liebevolle Zuwendung groß wurde und in der strengen Atmosphäre keine Luft mehr bekam. Sie wäre gezwungen, weiße Spitzenhandschuhe und Hüte zu tragen, die unter dem Kinn mit einem elastischen Band gehalten wurden. Die Freunde würden nur nach dem Einkommen der Eltern und dem familiären Umfeld ausgesucht, und mit siebzehn Jahren müsste sie zu einem Debütantinnenball, der nur zu einer weiteren tränenvollen Heirat führen würde — zu einer weiteren Kindheit ohne Liebe.
    »Setzen Sie Sharon bitte das Strickmützchen auf, wickeln Sie sie in ihre Daunendecke und bringen Sie mir die Kleine dann. Ich bin in der Bibliothek«, teilte Isabelle ihr mit.
    »Wie Sie wünschen, Madam.« Mrs. Graham machte einen Knicks, den Isabelle als Verhöhnung empfand und der ihr verriet, dass die Amme ein weiteres Mal bei Mrs. Benjamin anrufen würde.
    Es machte Isabelle nichts aus. Nicht einmal die drohende Aussicht, das Missfallen ihrer Schwiegermutter zu spüren zu bekommen, konnte sie von ihrem Entschluss abbringen.
    Sie ging die beiden Stockwerke hinunter in die Bibliothek. Das Gemälde, das sie bewusst ein Stück vom Körper weghielt, wurde schwerer. Die Arme wurden ihr müde. Und diesen Moment ... diesen Moment fürchtete sie mehr als alles andere. Aber sobald sie es geschafft hätte ... wäre es für immer vorbei. Und sie würde sich erleichtert fühlen. So unendlich erleichtert.
    Sie betrat den hohen Raum mit den Regalen voller ledergebundener Bücher, dem riesigen Schreibtisch, dem altmodischen Stuhl und dem Alkoven, in dem zwei brüllende Löwenfiguren den Marmorkamin bewachten.
    Wie nicht anders zu erwarten, saß Bradley in seinem Lehnstuhl, das Glas Bourbon neben sich auf dem Tisch und die qualmende Zigarre zwischen den Fingern.
    Er war ein gut aussehender Mann mit dunkelbraunem Haarschopf. Als sie ihm zum ersten Mal begegnet war, hatte ihr seine äußere Erscheinung den Kopf verdreht. Und nicht zuletzt die schmeichelhafte Erfahrung, dass ein älterer, wohlhabender Herr ihr den Hof machte. Er hatte genau die richtigen Dinge gesagt, die Gespräche mit ihr genossen und war kommentarlos über ihre Armut hinweggegangen.
    Viel wichtiger war es indes für sie, dass er ihre Kunst bewundert hatte. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte jemand, der bereits den Louvre, die Museen von Florenz und das Tadsch Mahal gesehen hatte, ihre Gemälde für so vielversprechend befunden, dass er den besten Kunstexperten der Welt konsultierte.
    Bjorn Kelly war skandinavischer und irischer Abstammung, trug eine Augenklappe und hinkte, besaß aber ein Charisma, das ihn sehr anziehend machte. Es passte ihm eigentlich nicht sonderlich, wegen des geblendeten Bradleys um die halbe Welt reisen zu müssen, um einen Blick auf die Gemälde einer törichten Frau zu werfen — bis er die Bilder gesehen hatte. Dann hatte er Isabelle lautstark für ihre schlechte Technik getadelt, ihr vorgehalten, sie habe keine künstlerische Vision, und sie aufgefordert, endlich aufzuhören, wie ein kleines Mädchen zu malen. Schließlich hatte er Bradley die Namen zweier amerikanischer Kunstlehrer genannt, die Isabelles Genie würdig seien.
    Das war das Wort, das Bjorn benutzte — Genie.
    Als sie sich dieses Augenblicks entsann und sich erinnerte, wie ihre Liebe für Bradley ihr Herz hatte erblühen lassen, wollte sie das Gemälde am liebsten auf seinem hübschen Dickschädel zerschlagen.
    Stattdessen ging sie festen Schrittes durch die Bibliothek — Schluss mit dem Schleichen auf Zehenspitzen — und lehnte das Bild an den Kamin, auf den Bradley schaute.
    Als habe ihn etwas gestochen, schoss er halb von seinem Stuhl hoch. »Was, zum Teufel, soll das? Ist das etwa dein herzloses Abschiedsgeschenk?«
    »Das ist eine Geste meiner Anerkennung, Bradley. Ohne dich wäre ich nie in der Lage gewesen, ein Gemälde wie dieses zu erschaffen.« Sie zog den Holzstuhl vom Schreibtisch an den Kamin.
    »Du meinst, ohne mich — und diesen verfluchten Kelly.« Bradleys Lippen bildeten einen dünnen Strich und bewegten sich kaum, als er sprach.
    »Ja. Der verfluchte Kelly hat mir auch geholfen.«
    »Komm mir nicht noch einmal so frech«, stieß Bradley schroff hervor.
    Isabelle sah ihm unverwandt in die Augen. »Denn sonst?«
    Drückendes Schweigen senkte sich herab und wurde schier unerträglich, bis Mrs. Graham in die angespannte
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