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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman
Autoren: Sandra Worth
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barbrüstige junge Männer mit Perlenketten um den Hals, die unter Fanfarentönen von der Musikergalerie herabstiegen. Sie jonglierten das Feuer mit erstaunlicher Geschicklichkeit und beendeten die Vorführung damit, die Flammen zu schlucken. Triumphierend hielten sie die erloschenen Fackeln in die Höhe, verneigten sich unter tosendem Applaus und fingen die Silbermünzen ein, die auf sie niederregneten. Als Nächstes kam ein Troubadour mit seiner Ghiterna und sang ein recht zotiges Lied über eine untreue Fischhändlersfrau, gefolgt von einem Klagelied über Elaines unglückliche Liebe zu Sir Lancelot, in dem es von Seufzern, Tränen und Verlangen nur so wimmelte. Unterdes waren meine Gedanken ganz bei dem Lord mit dem betörenden Lächeln. Inzwischen war ich froh über die Gesellschaft des rotgesichtigen alten Ritters und konzentrierte meine Aufmerksamkeit auf ihn, damit ich nicht zu dem anderen hinaufsah, der so weit über mir war.
    Schließlich verbeugte der Troubadour sich und sagte: »Hier endet meine Geschichte. Gott segne diese holde Gesellschaft – Amen!« Die Musiker auf der Galerie stimmten laute Akkorde an, und der Boden wurde für den Tanz frei geräumt. Die sinnlichen keltischen Rhythmen, die sie auf der Harfe, dem Rebek, den Flöten und Lauten spielten, besangen mit jeder Note die Liebe; doch ich hockte steif auf meiner Bank, entschlossen, mich nicht von der Musik mitreißen zu lassen. Lords und Ladys erhoben sich zum Tanz, und der grobe Ritter knallte die Hand auf den Tisch.
    »Ho, meine teure Lady! Zeit für ein wenig Ausgelassenheit. Lasst uns …«
    Er verstummte mitten im Satz, und ich blickte in die Richtung, in die er sah, um geradewegs in die dunkelblauen Augen Sir John Nevilles zu schauen. Ich bekam keine Luft mehr.
    »Lady Isobel, gewährt Ihr mir die Ehre dieses Tanzes?«, fragte er mit tiefem, wohlklingendem Timbre und einem Hauch nördlichen Akzents.
    Er kannte meinen Namen! Ich öffnete den Mund, um Atem zu schöpfen, und richtete mich stumm auf. Nachdem er sich vor Sœur Madeleine verneigt hatte, stand sie auf und ließ mich aus der Bank. Ihr gefiel die Aufforderung eindeutig nicht, aber ich beachtete ihr Stirnrunzeln nicht und reichte ihm meine Hand. Mit einer Berührung, die gleichermaßen leicht wie sicher war, führte er mich in die Mitte der Halle. Wir nahmen unsere Plätze zwischen den übrigen Tanzenden auf dem mit Rosenblättern bestreuten Boden ein und bewegten uns im Takt zu den exotischen Klängen, die etwas von den wilden Hochmooren heraufbeschworen. Die Tanzfolge bestand in einem kleinen Seitwärtsschritt, dreien nach vorn, zweien zurück und einem Hüpfer. Ich wusste gar nicht recht, was ich tat, denn Sir Johns Augen hielten meine in ihrem Bann, und ich konnte nicht wegsehen. Wir verkehrten die Tanzschritte, bewegten uns mit einem Schritt voneinander weg und kamen wieder zusammen. Dabei fühlte ich seinen Atem über mich hinwegwehen. Im Hintergrund verschwammen die Kerzen mitsamt den Wänden und den anderen Tänzern, bis es nur noch ihn und mich auf der Welt zu geben schien, eingehüllt von Musik und angetrieben vom Wind unter meinen Füßen, der mich vorwärts- und rückwärtstrug. Sir John kniete sich hin, und ich umkreiste ihn langsam wie im Traum, ohne einen Moment seine Hand loszulassen oder den Blick von seinen Augen zu wenden. Dann sprang er wieder auf und tanzte um mich herum. Die Zeit stand still. Hilflos verharrte ich, während er tanzte und mein sehnendes Herz entflammte.
    Wir machten einen Doppelschritt nach vorn, einen zurück, hüpften und gingen einen kleinen Schritt zur Seite. Hand in Hand, von Angesicht zu Angesicht tanzten wir in vollkommener Harmonie, mal in die eine Richtung, mal in die andere. Zwei Hälften eines Kreises waren wir, die sich zusammen in alle Ewigkeit drehten und drehten … Die Melodie füllte die Luft aus, ließ mir keine mehr zum Atmen, und ich wollte mir nicht einmal vorstellen, ihm nicht in die Augen zu sehen, nicht von ihm gehalten zu werden. Mein größter Wunsch war, dass es niemals endete, dieser Tanz immer weiterging und ich nie wieder in meine armselige Welt zurückkehren müsste.
    Aber natürlich endete der Tanz. Mit einem klirrenden Zimbelton brach er ab. Wir verharrten mitten im Schritt. Nach wie vor blickten wir einander in die Augen und atmeten im gleichen Rhythmus, während die Töne bebend verklangen. Das Lied war vorbei, die Welt hörte auf, sich zu drehen. Sogleich lenkte ich all meine Kraft darauf, mich wieder zu
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