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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman
Autoren: Sandra Worth
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Maude ist ein recht verwegener Ritter, pardieu! Also, da gibt es eine Geschichte …«
    Ich blickte zu Sir John Neville. Er hatte den Stuhl nach hinten gekippt und unterhielt sich hinter Lord Cromwells Rücken mit Lady Maude. Ehe er mich bemerkte, sah ich wieder weg und stellte die Frage, die mir auf der Zunge brannte.
    »Gehören diese Nevilles zum Yorkisten- oder zum Lancastrianer-Zweig?«, fragte ich möglichst beiläufig. Und für den Fall, dass meine Miene preisgab, was in meinem Kopf vor sich ging, senkte ich den Blick, gabelte ein Stück gerösteten Hasen von meinem Teller auf und benetzte es überaus gründlich mit der würzigen Senfsauce. Leider erschreckte mich der Ritter mit einem dröhnenden, bebenden Lachen, das ihn eine ganze Weile durchschüttelte, sodass ich doch neugierig zu ihm aufsah.
    »Ihr seid eine ganz Ahnungslose, was?« Immer noch lachend, wandte er sich an die anderen am Tisch. »Sie will wissen, ob diese Nevilles Yorkisten oder Lancastrianer sind!«
    »Ich habe in einem Kloster gelebt, Sir«, erklärte ich mit vor Scham glühenden Wangen.
    »Dann habt Ihr eine Menge aufzuholen. Welch Glück für den Mann, der Euch lehren darf!«, polterte er.
    Die Damen lächelten, und einige der Männer schnaubten vor Lachen. Einer, der sich als Lord Cromwells Seneschall entpuppte, hatte Mitleid mit mir und sagte: »Sie sind die Yorkisten, Mylady.«
    Ich wandte mich wieder dem grobschlächtigen Ritter zu, und er fuhr fort, wo er aufgehört hatte. »Fürwahr, jedes Mal, wenn König Henry in den Wahnsinn abgleitet – Verzeihung, krank wird –, zanken sich die Königin und Richard, der Herzog von York, darum, wer das Land als Beschützer des Reiches regieren soll. Mal gewinnt York die Oberhand, mal die Königin. Vor allem aber standen diese Nevilles felsenfest zu York, von Anbeginn der Streitigkeiten und durch dick und dünn. Ja, ich sehe, jetzt begreift Ihr. Sie sind die Söhne des Earl of Salisbury und Brüder des Earl of Warwick.«
    Mir war, als hätte ich einen brutalen Schlag eingesteckt, und ich musste blass geworden sein, denn wie durch einen Nebel hörte ich ihn fragen: »Fühlt Ihr Euch nicht gut, Lady Isobel?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, es ist nur … der Hase ist zäh«, stammelte ich, legte das Fleischstückchen ab und schluckte. »Bitte, fahrt fort!«
    »Tja, dann habe ich eine Geschichte für Euch. Es gibt die Nevilles und die Percys, zwei Clans, die einander spinnefeind sind, aber das wisst Ihr schon, nicht? Schön. Nun, dort seht Ihr Lady Maude, die Erbin von Cromwells Ländereien und Häusern, zu denen mehrere ehemalige Percy-Anwesen gehören. Henry IV. konfiszierte sie Anfang 1400 wegen Landesverrats. Als Lady Maude vor zwei Jahren in ebendieser Burg mit Sir Thomas Neville vermählt wurde, erhielten die Nevilles folglich Zugriff auf mehrere Festungen, die einst im Besitz der Percys waren. Anscheinend nahm es Lord Egremont, ein hitzköpfiger Sohn des Earl of Northumberland und seinerseits ohne Landbesitz, obendrein ein solch ungeschlachter Bursche, dass keine Erbin ihn heiraten will, nicht gut auf, dass Percy-Länderein in Neville-Hände fielen, egal, ob sie vor über fünfzig Jahren konfisziert wurden oder nicht. Und so lauerte Egremont der Hochzeitsgesellschaft an der Stamford-Brücke auf. Man sagt, es wäre dem jüngeren Sohn, Sir John, zu verdanken – ein wackerer Kämpfer, wie man ihn sich geschickter nicht vorstellen kann –, dass die zahlenmäßig unterlegenen Nevilles bei dem Überfall die Percys schlagen konnten. Sir John ist der dritte Sohn und erst fünfundzwanzig Jahre alt. Dennoch gibt sein Vater, der Earl of Salisbury, viel auf seinen Rat. Ja, Mylady, ich würde jederzeit mit Sir John Neville kämpfen … das heißt, wenn Lord Cromwell es befiehlt. Ich stehe in seinen Diensten.«
    »Aha.« Ein Gemüsegang mit Erbsen und Zwiebeln in Safran war serviert und meine Portion unangetastet wieder abgeräumt worden. Nun sah ich auf die Feigen hinab, die, hübsch mit Mandeln und Puderzucker verziert, auf meinem Dessertteller lagen. Ich nahm eine auf und versuchte zu schlucken. Was mit mir war, wusste ich selbst nicht. Hier saß ich bei dem Bankett, von dem ich gefürchtet hatte, es zu versäumen, und auf einmal wünschte ich mir sehnlichst, es wäre vorbei.
    Aber die Nonne war offensichtlich noch nicht gewillt zu gehen. Sie drehte sich zu mir, versetzte mir einen Klaps und verkündete kindlich munter: »Die Feuerschlucker sind hier, Isabelle!« Sœur Madeleine zeigte auf zwei
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