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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman
Autoren: Sandra Worth
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hohe, schmale Bau fürwahr einen recht seltsamen Anblick.
    »Ich glaube, die Burg gehört Lord Ralph Cromwell, Schwester«, antwortete Master Giles. Die Hufe seines Pferdes sanken bei jedem Schritt tief im Schlamm ein. »Ich hörte, dass er eine Burg aus rotem Stein in Lincolnshire baute. Tattershall Castle.«
    »Und mit wem ist dieser Lord verbunden, mit der Roten Rose oder der Weißen?«
    Master Giles bedachte Sœur Madeleine mit einem kurzen, spöttischen Lachen. »Das kann niemand mit Sicherheit sagen, Schwester. Es heißt, Lord Cromwell wechselt die Farbe mit dem Wind. In den Dreißigern war er Lordkanzler unter König Henry, überwarf sich allerdings vor wenigen Jahren mit den Lancastrianern und vermählte seine Nichte mit einem Yorkisten-Lord. Nach der St-Albans-Schlacht hieß es, er hätte ein Zerwürfnis mit den Yorkisten und gäbe sich neuerdings als loyaler Lancastrianer der Königin.«
    Sœur Madeleine war entsetzt. »Solch ein Mann ist ein Verräter! In Frankreich wüssten wir, was wir mit ihm machen.«
    Zwischen dem durchnässten Wollhut und dem Kragen sah ich genug von Master Giles’ Gesicht, um zu erkennen, was er dachte: Wir sind in England, und das ist auch gut so. Daran hat nicht einmal die französische Königin etwas ändern können, die unseren König Henry geheiratet hat.
    »Dann sollten wir lieber nicht anhalten«, sagte Sœur Madeleine plötzlich und riss ein wenig zu fest am Zügel. Ihr Pferd rutschte beinahe auf dem matschigen Grund aus und schnaubte entrüstet. » Mon Dieu , er könnte wieder zu York gewechselt sein, und ich will die Gastfreundschaft eines Verräters nicht!«
    Master Giles und Guy sahen mich an, da sie offenbar einzig mir zutrauten, die Nonne umzustimmen. Es war mehr als ungewiss, dass wir jenseits der Burg einen Weiler fanden, in dem man uns Unterkunft bieten konnte, und wir nicht genötigt wären, die Nacht unter einem Baum zu lagern. Nass und bibbernd im kalten Regen, hatte auch mich die Aussicht auf eine warme Mahlzeit und trockene Kleidung erfreut. Nun war beides fraglich. So gern ich Sœur Madeleine hatte, konnte sie bisweilen recht unpraktisch sein. Daher war es ein Glück, dass sie in den Wochen, die wir uns kannten, eine nachgerade mütterliche Zuneigung zu mir gefasst hatte, die ich während unserer Reise von der Abtei Marrick in Yorkshire nach London bereits zu unser aller Vorteil hatte nutzen können. Ich schöpfte einmal Atem, bevor ich sprach.
    »Sœur Madeleine, unser Herr Jesus sagt, Sünder, die den wahren Weg finden, werden erlöst. Falls also der Yorkisten-Lord wieder zur rechten Lancaster-Seite zurückgefunden hat, wird der Herr ihm vergeben. Sollten wir es dann nicht auch versuchen?«
    Sœur Madeleine hob das Gesicht gen Himmel, als wollte sie abwägen, was stärker war – das Unwetter oder die Kraft göttlicher Vergebung. » Alors, mon enfant , du bist sehr weis’ für fünfzehn Jahr’, muss ich sagen. Es kann keinen anderen Grund geben, weshalb Gott uns in solch abscheulichem Wetter zu dieser Burg führte. Er muss wollen, dass wir die Nacht hier verbringen, chère Isabelle.« Gleichsam zur Bekräftigung sprach sie meinen Namen französisch aus.
    Master Giles verlor keine Zeit, gab seinem Pferd die Sporen und jagte es im Galopp auf die Burg zu. Gewiss wollte er auf diese Weise ausschließen, dass Sœur Madeleine sich eines anderen besann. Ich galoppierte auf meinem Zelter hinter ihm her, so gut es mir auf der rutschigen Straße möglich war. Auch der Landsknecht Guy, dessen Pferd meine Truhe zog, folgte, wurde aber durch den kleinen Karren hinter sich verlangsamt. Immer wieder rutschte sein Pferd in tiefe Pfützen, und er erreichte das Burgtor als Letzter.
    Als ich neben Master Giles war, rief es vom Wachturm hinunter: »Wer da?«
    »Das Mündel der Königin, Lady Isobel Ingoldesthorpe, und ihre Begleiterin, Schwester Madeleine aus der Abtei Marrick. Wir erbitten Unterkunft für die Nacht«, antwortete Master Giles nach oben, wobei ihm Regen ins Gesicht prasselte.
    Knarrend öffnete sich das Fallgatter. Ich lenkte meinen Zelter zum schützenden Burgtor und stieg dort mit Master Giles’ Hilfe ab. Als der Wächter aus seinem Torhaus kam, lächelte ich ihm dankbar zu.
    »Ihr habt Glück, werte Leute«, sagte er. »Hier bei Mylord Cromwell findet Ihr sichere Zuflucht, ob Lancastrianer oder Yorkisten.«
    »Ihr habt Yorkisten hier?«, rief Sœur Madeleine.
    Donnerkrachen übertönte die Antwort des Mannes auf diese heikle Frage, und ich nutzte die
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