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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten
Autoren: Manda Scott
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Farbton ihres Haares veränderte sich, als das Licht der züngelnden Flammen darauf fiel. Jetzt war es von der Farbe frisch gegossener Bronze. Sie schenkte ihm ein Lächeln, dieses ganz besondere Lächeln, das sie in Zeiten des Kummers und der Sorgen füreinander aufsparten. Es war das erste Mal, dass er sie wieder so lächeln sah, seit ihre Mutter gestorben war. Eine Woge der Erleichterung durchflutete ihn und nahm ihm etwas von seiner Furcht. Er erwiderte ihr Lächeln und straffte die Schultern, von neuem Mut erfüllt.
    Die Großmutter sprach erneut. »Es war nur ein einziger Welpe«, sagte sie. »Er war zu groß, und er lag falsch herum. Die Hündin hatte nicht mehr die Kraft, ihn ohne fremde Hilfe zu gebären. Am Ende mussten wir ihn bei den Hinterbeinen packen und herausziehen.«
    Báns Herz krampfte sich zusammen. »Aber wird er überleben?«, fragte er besorgt.
    »Nein.« Die Großmutter schüttelte den Kopf. Ihre Augen waren gerötet von dem Rauch. Plötzlich fiel ihm ein, dass sie diejenige war, die dagegen protestiert hatte, dass die Hündin noch einmal gedeckt wurde. »Es tut mir Leid«, fügte sie hinzu. »Deine Mutter hatte nicht ganz Unrecht. Er hätte sicherlich einen guten Jagdhund abgegeben. Möglicherweise sogar den besten. Aber er ist zu schwach, um am Leben zu bleiben. Und er ist nicht gut gezeichnet. Die Götter schicken uns diese Dinge als ein Zeichen. Wir haben nicht das Recht, gegen sie zu handeln.«
    »Aber warum wurde er dann geschickt?« Der Welpe lag in dem Schatten, den das Feuer warf. Der Junge sank zu Boden und hob die reglose kleine Gestalt auf. Das Tierchen lag schlaff und kraftlos in seinen Händen, ein feuchtes, kaltes, schleimverschmiertes Wesen, dessen Kopf viel zu groß für seinen Körper war. Es war kein weißer Kopf, das war eine Täuschung gewesen, erzeugt durch den Schleim auf seinem Fell und das Licht des Feuers, und der Körper war auch nicht vollkommen schwarz. Als Bán den Welpen aufmerksam betrachtete, stellte er fest, dass ein Ohr weiß war und einen Streifen in Form einer länglichen Träne hatte, die bis zum Auge hinunterreichte und es umringte, und dass der Rest des Fells ein dunkles, scheckiges Muster aufwies wie bei all den anderen Jagdhunden, aber über und über mit kleinen, verstreuten weißen Tupfen gesprenkelt war, die an Hagelkörner vor einem dunklen Nachthimmel erinnerten.
    Hagel - Hail in der Sprache seines Volkes. Das Wort hallte in Báns Bewusstsein wider. Es war ein guter Name für einen Jagdhund. Er behielt ihn jedoch vorläufig für sich und drückte das kleine Wesen fest an seine Brust. Es wand sich leicht, und er fühlte das Herz unter seinen Fingern flattern.
    »Seht doch!« Er hielt den Welpen ins Licht. »Er ist nicht tot!«
    »Noch nicht, aber er ist dem Tode schon zu nahe, als dass wir ihn wieder ins Leben zurückholen könnten.« Es war eine andere Großmutter, die da sprach. Sie klang erschöpft. Die übrigen Frauen um ihn herum murmelten zustimmend. Unter der Zustimmung konnte er das Tauziehen um andere Dinge heraushören, die nicht gesagt wurden.
    Seine Mutter hatte feine Falten um die Augen, die am Morgen noch nicht da gewesen waren. Ein langer Streifen blutigen Schleims zog sich über ihren einen Arm. Sie sprach sanfter mit ihm, als es die zweite Großmutter getan hatte.
    »Es ist ein Jagdhundwelpe, Bán. Es wird noch andere geben.« Sie streckte die Hand nach ihm aus. »Es hätten noch Brüder und Schwestern mit ihm im Mutterleib sein sollen, aber die Hündin war zu alt, und sie konnte nur ein einziges Junges erschaffen. Da er ganz allein war, wurde er zu groß, und die Geburt dauerte zu lange. Selbst wenn es uns jetzt gelingen sollte, ihn wieder zu beleben, wird er zu schwach sein, um zu saugen. Die Milch der Hündin wird innerhalb weniger Stunden versiegen, und ihr Sohn wird verhungern, kaum dass er das Licht der Welt erblickt hat. Dann wird das Sterben noch qualvoller für ihn sein. Es ist besser, ihn jetzt hinübergehen zu lassen.«
    Ihre Stimme klang aufrichtig. Was sie sagte, entsprang ihrer festen Überzeugung. Bán blieb trotzig sitzen, wo er war. »Aber der Traum... das Pferd der Götter...« Er hatte seiner Mutter noch nichts davon erzählt. Sie blickte ihn durch den Schein des Feuers hindurch an, ihre Augen zu Schlitzen verengt. Er sagte: »In meinem Traum ritt ich eine kastanienbraune Stute, aber dann war es auf einmal keine Stute mehr, sondern ein Hengst, und er war schwarz, mit einem weißen Kopf.« Sein Name - Bán -
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