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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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blieb Uta gerührt stehen. »Mutter?«, fragte sie Hermann dann und lief auf eine neue Grabplatte neben Hazechas Grab zu. »Ist die schön!« Sie beugte sich hinunter und fuhr mit den Fingerspitzen über den Stein, der mit nichts als einer gemeißelten Narzisse verziert war.
    »Nachdem Äbtissin Adelheid zur Weihe abgereist war«, berichtete Hermann, »war es ein Leichtes, Schwester Edda davon zu überzeugen, mir den Inhalt des Andornbeetes zu überlassen. Ich habe ihr nichts von Hazechas Tod erzählt. Sie hätte es nicht verwunden.« Hermann trat zurück, als er sah, dass Uta vor der neuen Grabplatte niederkniete.
    »Mutter«, sagte sie und spürte Tränen in sich aufsteigen. »Ich habe es geschafft, Euren Mörder verurteilen zu lassen. Möget Ihr nun in Frieden ruhen.« Als Nächstes griff sie sich an den Schleier und löste die grüne Spange. »Hazecha«, fuhr sie liebevoll fort und hielt das Schmuckstück mit den hellgrünen Vierkantsteinen gegen die untergehende Sonne, so dass es geheimnisvoll schimmerte. Dann zog sie ihren Schleier vom Kopf und steckte mit der Spange eine wilde Strähne über der rechten Schläfe fest. »Schön, sie nun auch hier zusammen zu wissen und nicht nur in meinem Herzen.« Mit diesen Worten erhob sie sich und trat vor Hermann.
    »Ich bewundere deinen Mut, Uta von Ballenstedt, heute sogar noch mehr als einst auf der Rückreise von Ballenstedt«, kam er ihren Dankesworten zuvor.
    Uta schaute ihm zuerst in die Augen und küsste ihn dann von ihren Gefühlen überwältigt auf den Mund. Sie genoss die Zärtlichkeit, mit der er ihr begegnete und von der sie in unzähligen Nächten während der vergangenen sechs Jahre geträumt hatte. Jetzt, wo die Last der Anklage von ihr abgefallen war und er mit nichts anderem als seiner Liebe vor ihr stand, spürte sie, dass sie das Band zwischen ihnen nie wieder lösen wollte.
    »Was meinst du?«, fragte Uta ernster. »Gemeinsam haben wir eine Kathedrale gebaut, schaffen wir das Gleiche auch mit unserer Liebe?«
    Hermann nahm ihr Gesicht in seine Hände und küsste sie zärtlich.
    »Heißt das, wir wollen versuchen, für unsere Liebe zu kämpfen?«, unterbrach Uta sein wortloses Bekenntnis.
    Hermann schaute sie eindringlich an und nickte. »Wenn wir beide es wollen, finden wir einen Weg.«
    »Das wollen wir.« Glücklich schweifte Utas Blick über den Umriss der Kathedrale. Sie spürte Wärme durch ihren Körper fließen, als sie dahinter noch die Spitze der kleinen Burgkirche aufragen sah. Mit ihr hatte das Leben an der Flusskreuzung von Saale und Unstrut einst begonnen.
    30  Frei zitiert und mit einigen Auslassungen aus: Walahfrid Strabo: Liber de cultura hortorum / Über den Gartenbau, Hrsg.: Schönberger, Otto, erschienen 2002 im Reclam-Verlag, S. 9.
    31  Ebda., S. 9.

NACHWORT
    Kaum eine Frau wird so häufig als Idealbild einer Herrscherin dargestellt wie Uta von Ballenstedt, die Meißener Markgräfin. Gleichzeitig gibt es so gut wie keine Fakten über ihr Leben und Wirken. Als wir Uta jedoch vor dem Hintergrund ihrer Zeit betrachteten, formte sich ihre Entwicklung innerhalb des Romans beinahe wie von selbst: Das elfte Jahrhundert war ein Zeitalter, in dem die Ansicht verbreitet war, dass das Streben nach Bildung Frauen unfruchtbar machen würde. Im Gegensatz dazu war zu kaum einer anderen Zeit die Ehefrau des Herrschers so sehr als politische Ratgeberin gefragt wie damals. So konnte die historische Uta zu ihren Lebzeiten zwei Kaiserinnen beobachten, die eine aktive Rolle in der Politik spielten. Die Gattin von Kaiser Heinrich II ., Kaiserin Kunigunde – deren Ehe kinderlos blieb –, stellte nach Heinrichs Tod sogar sicher, dass das Kaisertum im Jahr 1024 reibungslos von den Ottonen auf die Salier übergehen konnte. Kaiserin Gisela zeichnete Urkunden als Mitregentin und besaß einen noch größeren Einfluss auf die Herrschaft von Kaiser Konrad II . als Kunigunde auf die ihres Gatten. Der Chronist Wipo beschrieb Gisela in seiner Chronik Die Taten Konrads einst wie folgt: »Alle Berater des Königs übertraf sie, die geliebte Gemahlin des Königs, an Klugheit und Rat.«
    Uta von Ballenstedt erlebte damit Frauen, die ihre Rolle nicht nur auf Kinder, Kirche und Küche (Letzteres im Sinne der Burgverwaltung) beschränkten, sondern auch das politische Leben aktiv mitgestalteten.
    Auch in anderer Hinsicht stellte das elfte Jahrhundert eine Zeit des Umbruchs dar: Das neue Jahrtausend war ohne den erwarteten Weltuntergang eingetreten, und die Menschen
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