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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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erschrocken die Hände vors Gesicht.
    Triumphierend schaute Esiko seiner Schwester in die Augen.
    »Jeder bekommt, was er verdient!«, rief er ihr zu und reckte sein Schwert in Siegerpose in die Luft. In diesen Moment sprang Hermann erneut auf, entriss Esikos das Schwert und stieß in einer flinken Bewegung mit dem Knauf zu. Esikos Nasenbein knackte und beim nächsten Atemzug blieb ihm fast die Luft weg. Ein stechender Schmerz fuhr durch seinen Kopf, doch er fasste sich rasch und hob den Kopf wieder an. Daraufhin stieß Hermann erneut mit dem Schwertknauf zu. Und noch einmal.
    »Verdammter Hurensohn!«, zischte Esiko und machte zwei Schritte rückwärts, um mit blutverschmiertem Gesicht nach der gegnerischen Waffe auf dem Boden zu greifen. Doch da schnellte Hermann auch schon vor und trat Esiko völlig überraschend gegen das linke Bein, das darauf unter ihm wegknickte.
    Unsanft landete er auf dem Rücken, doch da war Hermann auch schon neben ihm und rammte Esiko dessen eigenes Schwert tief in die Brust. Den Blick auf die blutende Wunde gerichtet, zog Hermann die Waffe wieder aus der Brust, legte sie neben dem Besiegten nieder und trat einen Schritt zurück. Kaiser und Thronfolger hatten sich längst erhoben, während Gisela den Kampf von ihrem Stuhl aus verfolgt hatte. Auch Erzbischof Humfried und Bischof Hildeward waren an die Stufen des Ostchores getreten und sahen nun mit an, wie der erste kaiserliche Heerführer röchelnd und mit zuckenden Gliedmaßen am Boden lag.
    Ein spitzer Schrei aus dem Munde Notburgas von Hildesheim, die in Richtung des Ausgangs stürzte, war der einzige Laut, der in der Kathedrale zu hören war.
    Uta beobachtete das Geschehen reglos. Da trat die Kaiserin neben sie, legte die Hand auf ihre Schulter und führte sie vor den Bruder, der sich ihr mit letzter Kraft zuwandte. »Schwesterlein!«, hauchte er und tat mit diesem Wort seinen letzten Atemzug.
    Unschlüssig betrachtete Uta das Gesicht des toten Bruders, dessen Augen noch immer auf sie gerichtet waren. Dann gab sie sich einen Ruck. »Ich werde ein Gebet für ihn sprechen. Auf dass Gott sich seiner Seele erbarme«, sagte sie, beugte sich hinab und schloss Esiko mit der rechten Hand Augen und Mund. »In Ballenstedt soll er neben der Grabstätte des Vaters seine letzte Ruhe finden.« Dann wandte sie sich Hermann zu. »Ich weiß nicht, wie ich dir jemals dafür danken kann«, flüsterte sie.
    Die vertraute Anrede ließ Hermann augenblicklich seine Schmerzen vergessen, und einmal mehr verlor er sich in ihrem Anblick: die zarten Konturen ihres Gesichts mit den grünen, leuchtenden Augen und den geschwungenen Brauen, die schmale Nase und der kleine Mund mit den vollen Lippen …
    »So wird es geschehen«, bestätigte da die Kaiserin Utas vorangegangene Worte und nickte dem Gatten zu, der daraufhin ebenfalls in die Vierung trat. »Gott hat erneut ein Urteil gesprochen«, verkündete er, nachdem er vor dem Toten zum Stehen gekommen war. Auf sein Zeichen hin wurde der Leichnam auf eine Bahre gelegt. Thronfolger Heinrich betrachtete Uta und Hermann derweil nachdenklich.
    »Der Allmächtige hat Euch, Uta von Ballenstedt«, sagte der Kaiser mit einem auffordernden Blick zu Wipo, der darauf erneut Kiel und Pergament zurechtrückte, »Recht zugesprochen. Esiko von Ballenstedt wurde im Zweikampf überführt, seiner Mutter – Gräfin Hidda von der Lausitz – das Leben genommen zu haben. Die Zeugenaussage der Hazecha von Ballenstedt wurde als Beweismittel anerkannt.«
    »Ich danke Euch, Kaiserliche Hoheit«, sagte Uta und verneigte sich. Danach beobachtete sie schweigend, wie sich die Gasse, die die Kämpfer im Langhaus für die Bahre mit dem Toten bis zum Ausgang gebildet hatten, wieder schloss.
    »Was die Hinterlassenschaften des Grafen von Ballenstedt angeht«, erhob Gisela das Wort, »bestimmen wir, dass ein Teil seiner Besitztümer dem Stift in Gernrode vermacht wird.« Begleitet von den irritierten Blicken ihrer Schwester Sophie trat Adelheid mit kleinen Schritten vor die Kaiserin. Mit dieser unverhofften Schenkung würde sie endlich den Kamin in ihrer Arbeitskammer in Quedlinburg mit reichen steinernen Ornamenten versehen lassen können.
    »Das Geld, das Euch aus den Besitzungen zufließt, verehrte Äbtissin, soll erstens zum Ausbau der Krankenkammer in Gernrode und zweitens für eine jährliche Messe zum Schutze des Seelenheils der Hazecha von Ballenstedt verwendet werden.«
    Ungläubig blickte Adelheid auf. Ihre inzwischen mehr als
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