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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust
Autoren: Dalma Heyn
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wurde wild, aggressiv. Ja, dachte ich, das ist meine Strafe. Weil du mit zwei Männern schläfst, bist du jetzt dazu verdammt, für alle Ewigkeit zwei Ehemänner zu haben .< Ich fühlte mich wie in der Hölle. >Schon gut, schon gut, ich blase der ganzen Welt einen. Holt mich bloß hier raus .< «

    Vor einem Jahr hörten sie auf, einander zu sehen, und June ging es etwa sechs Monate lang elend. Ihr Bericht über diese Zeit deckt sich mit Paulas Erfahrungen nach dem Bruch mit Harry. »Ich habe zwölf Pfund abgenommen, wollte morgens nicht aufwachen. Russell dachte wahrscheinlich, ich hätte eine Arbeitskrise — die hatte ich neben vielem anderen auch. Ich konnte nicht schreiben, ich interessierte mich überhaupt nicht mehr für meinen Job. Auf keinen Fall konnte ich zu Psychologie-Veranstaltungen gehen — die vor Jonathan meine eigentliche Spezialität gewesen waren. Vor allem konnte ich mit niemandem über Jonathan sprechen, nicht einmal mit meiner alten Therapeutin, mit der ich nicht darüber reden wollte, weil ich befürchtete, sie könnte Jonathan kennen. Nicht daß sie irgend etwas tun oder jemand davon erzählen würde — aber ich wollte einfach nicht, daß irgendwas noch verwickelter würde, als es bereits war. Ich hatte niemandem davon erzählt, und selbst die Vorstellung, mit meiner besten Freundin darüber zu sprechen, war absurd, einfach weil ich sie bisher nicht eingeweiht hatte .«

    Genau wie Jonathan prophezeit hatte, fing June an, ihre Energie wieder auf ihre Ehe zu richten. Sie wollte den emotionalen und sexuellen Lustgewinn, den sie aus ihrem Verhältnis mit Jonathan gezogen hatte, nun auch bei Russell finden. Jetzt, da sie begonnen hatte zu verstehen, was sie wollte und brauchte — sogar in Worte zu fassen, was ihr Vergnügen machte — , äußerte sie sich offener als zuvor. Das würde Russell ermuntern, hoffte sie, dasselbe zu tun.
    Aber es kam nicht so. »Russell schien abwarten zu wollen, nach dem Motto: >Also, diese Frau hat ihren Verstand verloren und denkt nur noch an Sex, aber das wird sich bald legen, wenn sie wieder zu Verstand kommt .< Ich bemühte mich wirklich. Es ist nicht so, daß ich ihn plötzlich mit Forderungen überfiel, ich versuchte einfach, ihm näherzukommen. Ich erzählte ihm mehr über mich. Ich reservierte am Abend eine Cocktail-Stunde für uns mit Martinis oder Rob Roys, fragte ihn nach dem, was ihn bewegte, und erzählte ihm über mich.
    Ich erzählte ihm aber nicht von Jonathan. Ich quälte mich mit dieser Entscheidung, weil ich in einer perversen Weise wußte, daß das das Mittel gewesen wäre, um wirklich seine Aufmerksamkeit zu erregen. Aber ich hatte Jonathans Worte im Hinterkopf: >Sag es nicht. Sosehr Russell auch leiden mag, du wirst noch mehr leiden .< Ich hatte das Gefühl, daß es zu destruktiv — für mich — wäre. So überwand ich den Impuls, es ihm zu sagen. Aber es war ein starker Impuls, denn ich hoffte, dann mit dieser Sache nicht mehr allein zu sein, hoffte, dann werde sich Russell mit mir und damit beschäftigen müssen. Dann würde ich verstanden werden und endlich ehrlich sein können .«

    »Jetzt wird alles wieder gut werden ?«
    »Ja. Und jetzt kann ich meine Schuldgefühle auf ihn abladen und sagen: >Siehst du, wozu du mich getrieben hast ?< «
    »Glauben Sie, daß Russell etwas wußte oder ahnte ?«
    »Er mußte wissen, daß etwas mit mir los war, daß ich aus irgendeinem Grund versuchte, unsere Freundschaft zu vertiefen, daß ich mich sehr um eine nähere Beziehung zu ihm bemühte. Man braucht doch kein Genie zu sein, um zu bemerken, daß sich der Lebenspartner um deine Aufmerksamkeit bemüht und daß es ihm wichtig ist, daß du sie ihm schenkst .«
    »Das zumindest muß er bemerkt haben ?«
    »Ja, hat er. Das weiß ich. Und er hat auch nicht irgendwie falsch reagiert, ich meine, er hat es nicht offenkundig übersehen. Er sagte mehrmals: >Diese Cocktail-Stunde ist eine gute Idee .< Aber er begriff den Zweck nicht. Oder vielleicht doch, vielleicht wußte er ganz genau, daß ich versuchte, ihm näherzukommen, einen engeren Kontakt herzustellen .«
    »Vielleicht wußte er das, aber es war ihm noch nicht klar, wie er darauf reagieren sollte .«
    »Ich wünschte mir, der Mann, mit dem ich lebe und schlafe und rede, würde sich ein paar Gesten abringen, die besagen: >Was für eine gute Wahl du getroffen hast; schau, jetzt sind wir wieder zusammen, ist das nicht schön ?< oder: >Laß uns zusammen mehr Vergnügen in unser Leben
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