Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust
Autoren: Dalma Heyn
Vom Netzwerk:
noch Männer per se — gefährdet das emotionale, psychische und sexuelle Wohlbefinden unserer Braut; sie ist die fatalste aller Sexualtäterinnen. Dieses Produkt der »eisernen Gehäuses [männlicher] Denkweise«, wie Hawthorne es nannte, ist natürlich ein Überrest des Patriarchats. Aber es sind nicht mehr die Männer, die sich auf sie berufen. Das haben sie gar nicht nötig, denn die Frauen selbst entscheiden sich, oft unbewußt, dafür, ihr nachzueifern, selbst wenn sie sie hassen, wobei allerdings das traditionelle Ehearrangement nach wie vor davon abhängt, ob die Frau sich darauf einlassen wird.
    Ich behaupte, daß sexuell exklusive eheliche Beziehungen für alle meine Gesprächspartnerinnen erst dann genießbar wurden, als sie sich dieser vorbildlichen Ehefrau entledigt und die rigide institutionelle Struktur zerschmettert hatten, in der dieses Idealbild gedeihen und ihr sexuelles Selbst einkerkern konnte. Die konventionelle Tugendhaftigkeit, auf die sich Frauen bei ihrer Eheschließung einließen und durch die sie immer noch Status und Anerkennung zugesprochen bekamen, war genau das, was sie — und auch ihre Männer — strangulierte. Erst mußten sie diesen Rahmen zerbrechen. Dann stellten sie fest, daß der turbulente Prozeß der Befreiung aus der Anpassung sie, vielleicht aber auch ihre Männer und ihre Ehe von dem befreite, was Connie »dieses erstarrte, verheiratete Gefühl« nannte, daß es sie aus dem »Turm« erlöste, in dem sich Paula, wie sie sagt, so lange eingekerkert gefühlt hatte.
    Ob eine außereheliche Beziehung einer Ehe nutzen kann, hängt von der Ehe und dem Paar ab. Es gibt Untersuchungen, aus denen hervorgeht, daß Seitensprünge eine Ehe nicht zerstören müssen; manche Studien deuten darauf hin, daß sich Ehen durch Seitensprünge gebessert haben oder gar gerettet wurden.
    Manche der von mir Befragten, die ihre Affäre beendet haben und in ihre Ehe zurückgekehrt sind, berichten, daß sich die Beziehung zu ihrem Mann gebessert habe; die Männer hätten teilweise selbst gespürt, daß sich die lebendige, warmherzige, sinnliche Frau, die sie geheiratet hatten, im Lauf der Jahre in jemand anderen verwandelt hatte; ihre eigene Lebenslust habe ebenso gelitten. Nachdem sie ihre Ehe aufs Spiel gesetzt hatten, um ihre Vitalität wiederzufinden, gelang es vielen Frauen, diese zurückgewonnene Lebendigkeit nach Flause mitzubringen. Selbst durch Freude und Lust verändert, veränderten sie auch ihre Ehe und erfüllten ihre Beziehungen mit mehr Vergnügen. Viele der Frauen, die sich entschlossen, in ihre frühere, sexuell ausschließliche Beziehung zurückzukehren, fühlen sich prächtig in ihr, wie June und Clara und Dina und Annette und Leslie und viele mehr. Andere Frauen, wie Amanda und Paula, haben ihr Leben auf eine neue Grundlage gestellt.

    Die Ehe bot ihnen zwar eine Beziehung, aber innerhalb eines Rahmens, der in vieler Hinsicht nicht das war, was sie sich wünschten. Ihr Leidensdruck entstand, wie ich behaupte, nicht, weil ihre Ehe »schlecht« war oder nicht an den Traum heranreichte, sondern weil sie faktisch dem Traum entsprach. Aber dieser Traum war niemals wirklich »ihr« Traum. Diese Frauen hatten sich im Grunde niemals diese Geschichte vom ewigen Glück gewünscht, in der die Tür des kleinen Häuschens unwiderruflich ins Schloß fällt, sobald das Paar sich drinnen häuslich eingerichtet hat. Die Geschichte, die diese Frauen erzählen, hat keinen Schluß; die Heldin ist nicht irgendwo eingesperrt, wo sie keine Abenteuer mehr erleben kann. Für diese Frauen bedeutete eine Affäre faktisch das Offnen der Tür; ihre Geschichten haben eben erst begonnen.
    Frauen müssen lernen, sich nicht durch die sozialen Strukturen, in denen sie leben, einsperren zu lassen, auch wenn sie sie nicht so endgültig zerbrechen. Es muß ihnen gelingen, so weit aus ihnen herauszutreten, daß sie von außen betrachten können, was drinnen vorgeht. Nur so können sie ihr expressives, kreatives, sinnliches Selbst vor dem Untergang bewahren. Wenigen Frauen gelingt dies von vornherein; ihr Eros wird niemals zum Schweigen gebracht. Die meisten Frauen aber werden sich auch weiterhin gegen erstickende Tugendhaftigkeit, das Kennzeichen des eisernen Ehekäfigs, zur Wehr setzen müssen. Die Ehen aber, die sie dann anstreben bzw. neu aushandeln, sind auf der Suche nach dem beiderseitigen Glück von Männern und Frauen; sie sind keinem Ideal verpflichtet, sondern ebenso erfüllt von Konflikt wie von Harmonie:
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher